Französischer Telekommunikationshersteller auf der Suche nach Kooperationspartnern:

Siemens an CGCT-Beteiligung interessiert

07.02.1986

PARIS/MÜNCHEN (CW) - Die Siemens AG greift in den Kampf um den französischen Telefonmarkt ein: Der Münchener Elektro-Konzern hat der staatlichen französischen CGCT (Cie Générale de Construction Telephonique). Hersteller von öffentlichen Fernsprechvermittlungsanlagen sowie Nachrichtentechnik, jetzt Verhandlungen über eine Kooperation angeboten.

Die in wirtschaftliche Schwierigkeiten geratene CGCT ist schon seit längerer Zeit auf der Suche nach europäischen Vertragspartnern. So soll das Unternehmen bereits im Sommer vergangenen Jahres Kontakte unter anderem zu der schwedischen Ericsson und zu Siemens aufgenommen haben. Wie jetzt verlautete, hat der Münchener Konzern unlängst an das französische Industrie- und Postministerium geschrieben und um die Nennung von offiziellen Verhandlungspartnern gebeten.

Siemens greift damit in den Kampf um den 16prozentigen Marktanteil der CGCT ein, den das Unternehmen im Bereich des öffentlichen Telefonnetzes in Frankreich hält. 84 Prozent entfallen auf den Konkurrenten Alcatel, der schon seit einiger Zeit Kooperationspläne mit dem amerikanischen Telefonriesen AT&T verfolgt. Diese sehen vor, den US-Markt in bestimmten Bereichen für die Alcatel-Gruppe zu öffnen und umgekehrt AT&T-Schaltzentralen unter Lizenz von CGCT zu bauen.

Gegen diesen Vertrag ausgesprochen hat sich jedoch Postminister Louis Mexandeau, der eine europäische Lösung für die wirtschaftliche Misere von CGCT vorzieht. Dabei wird Siemens in der französischen Wirtschaftspresse als die seit einem Jahr "erste echte europäische Alternative zur geplanten Kooperation AT&T-Alcatel" gesehen. Ericsson

habe schlechtere Karten, weil das schwedische Unternehmen wichtigster ausländischer Konkurrent von Alcatel ist.

Hindernis für Siemens, so vermutet die Wirtschaftszeitung "Les Echos", sei dagegen die französische Forderung auf eine beiderseitige Öffnung der Märkte. Wolle der Münchener Konzern in Frankreich Fuß fassen, müßten die Franzosen ihrerseits Zugang zum deutschen Telefonmarkt erhalten.

Ein Siemens-Sprecher bestätigte die Verhandlungsbereitschaft mit CGCT. Erste Sondierungsgespräche hätten begonnen, doch sei der Zeitpunkt einer möglichen Vereinbarung noch offen. Die mehrschichtige Gesprächsrunde (Ministerien und Unternehmen) lasse ein kompliziertes Verfahren erwarten.