COMPUTERWOCHE 3D-Druck Live

Siegertipp war Drachenkopf

04.11.2013
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Um zehn Uhr war es soweit. Die Druckerdüsen für die zweite Runde waren angewärmt und wir starteten zum zweiten Mal unser 3D-Druck-Event. Per Videostream konnte verfolgt werden, was wir druckten und mitgeraten werden. Das gesuchte Objekt war ein Drachenkopf.

Quasi aus dem Nichts entstehen anhand von einigen Daten dreidimensionale Objekte wie Ersatzteile oder Prothesen, um nur zwei Anwendungsfelder zu nennen. Dabei ist es faszinierend zu beobachten - wie unser erster Event zeigte - wie innerhalb weniger Stunden Objekte gedruckt werden, die früher in mühsamer Handarbeit oder mit teuren Fräsmaschinen erstellt werden mussten.

Das gesuchte Objekt der zweiten Runde war ein Drachenkopf.
Das gesuchte Objekt der zweiten Runde war ein Drachenkopf.
Foto: Hill/FabLab

Herzlichen Glückwunsch an den Gewinner der zweiten Runde - Rüdiger Klos-Neumann - zu einem Google Nexus 7!

Skeptiker werden jetzt sicherlich einwenden, dass der 3D-Druck keine Neuheit ist und schon lange in speziellen Nischenmärkten seine Daseinsberechtigung hat. Das ist sicherlich richtig. Doch das Neue in Sachen 3D-Drucker ist, dass die Geräte kurz vor dem Sprung in den Massenmarkt stehen. Geräte die vor kurzem noch mehrere zehntausend Euro kosteten, sind nun für rund 1000 Euro oder teilweise darunter zu bekommen. Selbst bei den professionellen Geräten für die industrielle Fertigung ist eine deutliche Preiserosion festzustellen. Und nicht umsonst führt ein Unternehmen wie Microsoft mit Windows 8.1 eine Unterstützung von 3D-Druckern bereits auf Betriebssystemebene eine und propagiert die Vision "der eigenen Fabrik auf dem Desktop".

Dass diese Vision keine Science Fiction mehr ist, sondern kurz davor steht, Alltagsrealität zu werden, wollten wir mit unserem "3D-Druck-Event" demonstrieren. Deshalb druckte die COMPUTERWOCHE gemeinsam mit den Partnern German RepRap GmbH und FabLab München e.V. erneut ein Objekt und streamte den Druckvorgang. German RepRap German RepRap ist ein Hersteller von 3D-Drucksystemen, die unter anderem auf dem Open-Source-Projekt RepRap basieren. Das FabLab München versteht sich als offene Hightech-Werkstatt, die Interessierten neue Technologien wie 3D-Printing nahebringen will.

Alle Zweifler, die den 3D-Druck immer noch für eine Domäne engagierter Freaks und Frickler halten, sei ein Vergleich mit dem Tintenstrahl-Farbdruck nahegelegt. Damals hätte sich auch niemand träumen lassen, dass Tintenstrahldrucker und digitale Kameras einmal die Existenz von Fotolaboren gefährden und Traditionsunternehmen wie Kodak im Januar 2012 in die Insolvenz (Chapter 11) treiben. Und das innerhalb von knapp zwanzig Jahren.

Denn erst im Oktober 1991 brachte Hewlett-Packard mit dem Modell 500C einen ersten Tintenstrahlfarbdrucker auf den Markt, der preislich für den Massenmarkt geeignet war. Die Älteren unter unseren Leser werden sicherlich noch an diese ersten Gehversuche erinnern: Die Farbdrucke waren aus heutiger Sicht grausam und Problem mit klecksenden Düsen oder verstopften Düsen gehörten zum Alltag. Hätte damals jemand prognostiziert, dass rund zehn Jahre später Modelle für deutlich unter 500 Euro auf den Markt kommen, die auch zuhause einen Fotodruck ermöglichen, der sich mit Fotoabzügen messen kann, so hätte man ihn wahrscheinlich für verrückt erklärt.

Eine ähnliche Entwicklung dürfte uns nun auch in Sachen 3D-Druck bevorstehen. Allerding mit einem Unterschied: Die Innovationsspirale dürfte sich - wie der Erfahrung aus der IT-Industrie zeigt - deutlich schneller drehen. Erste Auswirkungen spüren bereits Modellbauer, die früher etwa für Architekten Modell der Bauprojekte erschufen oder Formenbauer. Kosteten Gussformen frühere mehrere zehntausend Euro, so lassen sie sich bereits heute günstiger per 3D-Druck herstellen. Ähnliches gilt etwa für Gerätegehäuse, die für Kleinstserien benötigt. Ganz zu schweigen von der Prototypenherstellung. So konnte etwa ein bekannter Schuhhersteller, der früher bis zu vier Wochen benötigte, um ein Modell eines neuen Schuhs zu produzieren diese Zeitspanne per 3D-Druck auf wenige Tage zu reduzieren.

Nicht umsonst sieht Gartner den 3D-Druck als Schlüsseltechnologie der nächsten digitalen Revolution, die 2016 bereits ein Mainstream-Thema sein soll. So wächst laut Gartner der Markt für Modelle unter 100.000 Dollar in diesem Jahr um 49 Prozent. 2014 soll das Wachstum bereits bei 75 Prozent liegen und für 2015 erwarten die Marktforscher eine Verdoppelung der Verkaufszahlen. Doch die neue Technik eröffnet nicht nur Chancen beim Produzieren und Distribuieren von Gütern, sondern wirft auch Fragen auf: Wegen der Verletzung von geistigen Eigentumsrechten wird der 3D-Druck den Analysten zufolge bis 2018 Schäden in Höhe von etwa 100 Milliarden Dollar verursachen. Und das 3D-Bio-Printing wird neue Diskussionen über Ethik in der Medizin auslösen.