Sieben Irrtümer über Mitarbeiterbindung

06.09.2007
Manche gut gemeinten Ideen, geschätzte Leute zu halten, entpuppen sich als Fehler.

Nahezu unüberschaubar sind die Ratschläge, die hinsichtlich erfolgreicher Mitarbeiterbindung verbreitet werden. Wie kann man damit möglichst große Effekte erzielen? Was gehört zu den Aufgaben einer guten Führungskraft? Zweifel sind durchaus angebracht, denn manche Strategien entpuppen sich als Irrtümer.

Irrtum Nummer 1: Gute Stimmung = gute Ergebnisse

Wenn nur die Stimmung im Team gut ist, dann werden auch die Ergebnisse gut so lautet eine weitverbreitete Annahme. Sicher sind viele Teams erfolgreich, in denen eine gute Stimmung herrscht. Ebenso kann eine negative Stimmung den Erfolg vermindern. Aber ist das Ergebnis wirklich die Folge einer guten Stimmung? Tatsächlich werden gute Ergebnisse vor allem durch eine gute Organisation und individuelles Coaching ermöglicht.

Unter den entsprechenden Rahmenbedingungen lassen sich gute Leistungen erzielen, und die damit verbundenen Erfolge heben die Stimmung. Die Aufgabe der Führungskraft ist es, diese Leistungsvoraussetzungen zu schaffen. Zudem ist es wichtig, immer wieder Erfolge zu kommunizieren. Denn: Nichts ist überzeugender als der Erfolg!

Irrtum Nummer 2: Mitarbeiterfluktuation = Unruhe, die ansteckt

Viele Manager scheuen sich davor, Mitarbeiter zu entlassen. Sie befürchten, dass mit der Kündigung eines Kollegen die anderen in Sorge um ihren Arbeitsplatz geraten und Unruhe entsteht. Dabei sorgt es sogar für Klarheit bei den verbleibenden Mitarbeitern, wenn bestimmten Beschäftigten gekündigt wird. Wird ein schlechter Mitarbeiter gehalten, ruft das Demotivation bei anderen, die eine bessere Leistung erbringen, hervor. Fluktuation sorgt daher für Klarheit und Motivation bei den Leistungsträgern.

Irrtum Nummer 3: Hohe Bezahlung = motivierte und dauerhafte Mitarbeit

Geld ist für die meisten Menschen ein Anreiz, kurzfristig außergewöhnliche Dinge zu tun. Aber kann man mit viel Geld wirklich die dauerhafte Motivation der Mitarbeiter kaufen? Ein Gewöhnungseffekt tritt ein, der finanzielle Anreiz muss immer höher werden, um noch zu wirken. Wenn die erhofften Prämien nicht oder nicht alle vergeben werden, kann das System sogar demotivierend wirken und gegenseitiges Misstrauen hervorrufen. Eine faire Bezahlung ist wichtig, kein Zweifel. Für die Arbeitsmotivation ist es aber am besten, wenn das Gehalt keine tragende Rolle spielt. Lerngelegenheiten, Freiräume, Informiertheit, interessante, sinnvolle Aufgaben und Vertrauen sind im wahrsten Sinne des Wortes unbezahlbar und sorgen für eine dauerhafte und motivierte Mitarbeit.

Irrtum Nummer 4: Mitarbeitermotivation = Führungsaufgabe

Viele Menschen gehen davon aus, dass es Aufgabe der Führungskraft sei, die Mitarbeiter zu motivieren. Dabei können sich Menschen nur aus sich selbst heraus motivieren. Aus der Verhaltensforschung ist bekannt, dass Versuche, von außen zu motivieren, den inneren Antrieb sogar verringern. Als Führungskraft sollte man daher für Voraussetzungen sorgen, unter denen Eigenmotivation möglich ist. Eigenmotivation erreicht man zum einen durch das Fördern und Fordern von Leistungsfähigkeit. Die entsprechenden Freiräume zum Probieren, Mitreden und Verantwortung übernehmen sollten vorhanden sein. Zum anderen muss die Führungskraft fordern und verbindliche Vereinbarungen treffen.

Irrtum Nummer 5: Führungskräfte loben zu wenig

Mitarbeiter brauchen die Anerkennung ihrer Leistung, gerade auch von Seiten der Führungskräfte. Dieses Bedürfnis soll oft mit einem mechanischen Ritual von Streicheleinheiten befriedigt werden. Loben hat Hochkonjunktur. Doch viele Führungskräfte loben falsch: Durch ein pauschales und problemorientiertes Lob erreicht man wenig. Das typische Beispiel ist die Dankesrede zum offiziellen Anlass. Ein konkretes, lösungssuchendes und verhaltensbezogenes Feedback hat die beste Wirkung, vor allem wenn es unerwartet und direkt ausgesprochen wird. Statt Lobhudelei empfiehlt es sich grundsätzlich, dem Mitarbeiter zugewandt zu sein, ihm Aufmerksamkeit entgegenzubringen und eine gute Feedback-Kultur im Team zu fördern.

Irrtum Nummer 6: Klare Vorgaben sind das Wichtigste

Die Annahme, dass Mitarbeiter klare Vorgaben benötigen, um optimal arbeiten zu können, übersieht das kreative Potenzial, das in ihnen steckt. Mitarbeiter, die auf Dauer sehr eng geführt werden und von denen wenig selbständiges Arbeiten verlangt wird, werden gemäß einer sich selbst erfüllenden Prophezeihung diese geringe Leistungserwartung übernehmen. Damit Mitarbeiter mitdenken und mitgestalten können, brauchen sie mehr als Anweisungen. Sie brauchen Führungskräfte mit Know-how zum Moderieren. Feedback-Schleifen sind wichtig, um sich als Mitarbeiter und als Organisation weiterzuentwickeln. Nötig ist eine klare, gemeinsame Vorstellung über Nutzen und Aufgaben des Unternehmens. Hier sind Visionen gefragt!

Irrtum Nummer 7: Erfolg braucht Fankultur: Für uns oder gegen uns

Die Betonung der Führungskraft als Voraus- und Richtigdenker produziert Ja-Sager, Nein-Denker und Arbeit nach Vorschrift. Schon in der Personalauswahl wird häufig nach dem Prinzip "Mehr vom Gleichen" entschieden. Langfristig gesehen ist das weder im Interesse der Führungskraft noch des Unternehmens. Dauerhafter Erfolg braucht Mitarbeiter, die kritisch mit den Dienstleistungen des Unternehmens umgehen und neue Perspektiven eröffnen. Daher ist das Fördern und Fordern von anderen Meinungen und Individuen, die sich scheinbar nicht "fügen" wollen, unersetzbar.

Captain und Coach?

Strategien zur Mitarbeiterbindung, die die Eigenverantwortung schwächen, Mitarbeiter bevormunden und mit Hilfe von materiellen Anreizen ködern möchten, wirken zunächst mitarbeiterfreundlich, sind aber wenig wirksam. Der Captain, der seinen Mitarbeitern nur Anweisungen gibt, wird auf Dauer seine Mannschaft nicht an Bord halten können. Mit Coaching als Führungsstil kann Mitarbeiterbindung erfolgreich sein. Dabei muss gefordert wie auch gefördert werden. Verantwortungsübernahme als Führungsprinzip sollte daher an erster Stelle stehen: Mehr Gestalten weniger Vorschreiben, mehr Entdecken weniger Diktieren, mehr Entziffern weniger Voraussetzen. (hk)