Individualvertragliche Vereinbarungen erforderlich
Zur Umsetzung des Sanierungsplanes bedurfte es der individualvertraglichen Vereinbarung mit jedem einzelnen Arbeitnehmer. 439 der insgesamt 447 Arbeitnehmer stimmten einer Änderung ihrer Arbeitsbedingungen zu, 8 Arbeitnehmer verweigerten ihre Zustimmung. Daraufhin sprach das Unternehmen gegenüber den ablehnenden Arbeitnehmern eine Änderungskündigung aus und bot die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu den im Sanierungskonzept vorgesehenen verschlechterten Arbeitsbedingungen an.
Der Kläger des zu beurteilenden Rechtsstreits nahm die Änderungskündigung nur unter Vorbehalt an und erhob eine Klage vor dem Arbeitsgericht, mit der Begründung, dass die Änderungen der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt seien. Er wandte vor allem ein, dass das Sanierungsziel durch die Zustimmung von 97 Prozent der Mitarbeiter zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Änderungskündigung bereits erreicht gewesen sei.
- Die fünf größten Irrtümer beim Thema Kündigung
Wann ist eine Kündigung rechtens und wann nicht. Wir klären über die fünf häufigsten Mythen zum Thema Kündigung auf. - Irrtum 1: Ein krankgeschriebener Arbeitnehmer kann nicht gekündigt werden.
Eine Krankheit kann den Ausspruch einer Kündigung nicht verhindern. Ein Arbeitgeber kann grundsätzlich auch während einer Krankschreibung eine Kündigung aussprechen; dies macht die Kündigung nicht "per se" unwirksam. - Irrtum 2: Jede Kündigung muss eine Begründung enthalten.
Eine Kündigung muss nicht begründet werden. Aus Arbeitgebersicht ist es sogar eher unklug, eine Begründung in die Kündigung aufzunehmen, da dies in der Regel "Angriffsfläche" in einem nachfolgenden Kündigungsschutzprozess ergibt. Gekündigte Arbeitnehmer hingegen sollen unverzüglich um Rechtsrat nachsuchen, ob die ausgesprochene Kündigung auch wirksam ist. - Irrtum 3: Eine Kündigung kann auch mündlich ausgesprochen werden.
Arbeitsverträge kann man zwar mündlich abschließen, aber nicht beenden. Es bedarf nach dem Gesetz immer einer schriftlichen Kündigung. Vorsicht ist auf Arbeitgeberseite im Übrigen auch geboten bei Kündigungen per Mail oder per SMS, während Arbeitnehmer, die eine Kündigung in dieser Form erhalten, ebenfalls sofort um Rechtsrat nachsuchen sollten. Dies sollte unverzüglich erfolgen. - Irrtum 4: Vor der Kündigung muss immer drei Mal abgemahnt werden.
Eine sog. verhaltensbedingte Kündigung setzt nur eine Abmahnung voraus. Dabei gilt des Weiteren, was häufig verkannt wird: Ist in dem Betrieb ein Betriebsrat installiert, muss dieser einer Kündigung nicht etwa zustimmen; er muss nur angehört werden. Dieser kann der Kündigung zwar widersprechen. Dies führt aber nicht zu einer Unwirksamkeit der Kündigung. - Irrtum 5: Gekündigte Mitarbeiter haben stets einen Anspruch auf eine Abfindung.
Das Kündigungsschutzgesetz ist in erster Linie ein "Bestandsgesetz". Damit richtet sich der Schutz zunächst auf den Erhalt des Arbeitsplatzes. Zwar enden in der Tat tatsächlich viele Kündigungsschutzverfahren letztendlich mit dem Abschluss eines Abfindungsvergleichs. Bestehen allerdings Gründe für die Kündigung. greift diese rechtlich auch durch, und der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, eine Abfindung zu zahlen.
Das Arbeitsgericht gab dieser Klage statt, wohingegen die Berufung vor dem Landesarbeitsgericht zur Abweisung der Klage führte. Die Revision vor dem BAG bestätigte das klageabweisende Urteil des LAG. In den Urteilsausführungen machten die Richter deutlich, dass eine Änderungskündigung gem. § 2 KSchG zur Absenkung der Vergütung unter bestimmten Voraussetzungen möglich sei. Erforderlich sei ein anerkennenswerter Anlass, im Rahmen dessen nur solche Änderungen von Arbeitsbedingungen vorgenommen werden, welche die Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen müssten. Insoweit sei der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten, wonach die Änderungen der Arbeitsbedingungen geeignet und auch erforderlich sein müssen, um den Inhalt des Arbeitsvertrages an den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen.
Ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Änderung der Arbeitsbedingungen sei insoweit nur dann gegeben, wenn durch die Reduzierung der Personalkosten die Stilllegung des Betriebs oder die Reduzierung der Belegschaft verhindert werden kann und die Kosten durch anderweitige Maßnahmen nicht zu senken seien. Um dies darzulegen, sei regelmäßig ein umfassender Sanierungsplan erforderlich, der die exakte Finanzlage des Betriebs, den Anteil der Personalkosten, die Auswirkungen der beabsichtigten Kostensenkungen darstellt und genau darlegt, warum andere Maßnahmen nicht in Betracht kommen.