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11.08.2003

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Die SCO Group bereitet derzeit den Versand von Rechnungen an Kunden vor, die mit Linux arbeiten oder entwickeln, und weitet ihre Copyright-Attacken auch auf Embedded-Systems-Hersteller aus. Gegenüber "Computerwire" erklärte SCO, mit den Rechnungen wolle die Firma einen Schritt weiter in Richung Umsetzung ihrer Rechte an Unix System V gehen. Die Forderungen würden in den "nächsten Wochen oder Monaten" zugestellt, so ein Firmensprecher.

Empfänger der Rechnungen werden demnach unter anderem die 1500 Linux-Anwender sein, denen SCO Anfang des Jahres bereits in schriftlicher Form nahegelegt hatte, sich wegen ihres Einsatzes des quelloffenen Betriebssystems Rechtsbeistand zu suchen. Die Aktion wird aber auf weitere Linux-Nutzer ausgeweitet, sodass sich niemand sicher fühlen darf. SCO hatte in der vergangenen Woche angekündigt, dass es pro Server-CPU zunächst 699 und später 1399 Dollar sowie 199 Dollar pro Desktop unter Linux verlangt.

Zusätzlich nimmt SCO jetzt auch noch OEMs (Original Equipment Manufacturers) ins Visier, die Geräte mit Embedded Linux als Betriebssystem entwickeln. Diese sollen pro Gerät 32 Dollar Lizenzgebühren an SCO entrichten. Das Unternehmen hält dies für sinniger, als die Endkunden mit beispielsweise PDAs (Personal Digital Assistants) oder Handys zur Kasse zu bitten, die oft gar nicht wissen, dass ihre Geräte mit Linux arbeiten. Bedroht sind damit unter anderem Sharp und Tivo, deren Handhelds respektive Settop-Boxen unter Linux laufen.

Eine erhebliche Belastung bedeutet dies vor allem für Hersteller im Bereich Consumer Electronics, wo der Markt von knappen Margen und hartem Preiskampf gekennzeichnet ist. Inder Singh, President und Chairman des Embedded Linux Consortium, erklärte, die Preise für Embedded-Betriebssystem lägen zwischen einem und 100 Dollar, wobei preiswerte Consumer-Geräte am unteren Ende der Skala lägen. "Ein Grund für die Verwendung von Linux ist sein günstiger Preis. SCOs Aktion würde diesen Vorteil zunichte machen."

Ein Sprecher von Tivo, das digitale Videorekorder anbietet, sagte auf Anfrage, sein Unternehmen werde erst dann über das weitere Vorgehen entscheiden, falls tatsächlich eine Rechnung von SCO ins Haus flattern sollte. Große Sorgen macht man sich bei Tivo aber offenbar nicht. "Angesichts dessen, was bei Tivo Priorität hat und worüber hier geredet wird - dies gehört nicht dazu", so der Sprecher.

Singh vom Embedded Linux Consortium bezeichnete SCOs Entscheidung, bei den OEMs abzukassieren, als "Erpressungsversuch, basierend, auf Angst, Unsicherheit und Zweifel", da SCO noch immer nicht offengelegt habe, welcher Code seiner Ansicht nach in Linux gegen die eigene Intellectual Property verstoße. Singh geht darüber hinaus grundsätzlich davon aus, dass speziell Embedded Linux keinen Code aus System V enthält, das vor allem auf großen System zu Einsatz komme. (tc)