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Sharepoint drückt die ECM-Konkurrenz an die Wand

19.12.2006
Die Analysten der Londoner Butler Group haben tief in die Glaskugel geschaut. Ihre Thesen: Microsoft bläst zum Angriff auf den ECM-Markt. Und: SOA bleibt erstmal ein Herstellerthema.

Vista pfui, Sharepoint hui

Weder Windows Vista noch Office 2007 werden im nächsten Jahr von den Unternehmen so angenommen, wie Microsoft es gerne hätte, meint Richard Edwards, Senior Research Analyst bei der Butler Group. Dagegen sollen aber Sharepoint-basierende Lösungen alle Erwartungen der Redmonder weit übertreffen. Butler spricht von der "Kommoditisierung" des Marktes für Enterprise Content Management (ECM) durch Microsoft. Folge sei ein Preiskampf der etablierten Anbieter, die sich mit Microsoft messen müssten.

Stolperfallen für SOA

Trotz aller Überzeugungsarbeit der Anbieter werden Anwender von ERP-Software wenig Bereitschaft zeigen, neue SOA-basierende Softwarelösungen nur aufgrund eines diffusen Flexibilitätsversprechens einzuführen. Upgrade-Zyklen werden nur dann in Gang gebracht, wenn die Anbieter echte Geschäftsbedürfnisse adressieren können. Maßstab sind dabei neue Funktionen und nicht "das Schmücken alter Applikationen mit neuen Kleidern", so Butler-Analystin Teresa Jones. Ihren Ausführungen zufolge sehen derzeit vor allem die Anbieter SOA als wichtiges Konstrukt für den Bau ihrer Unternehmensanwendungen. Der Markt werde nur langsam folgen (Mehr Details zum Thema SOA in unserem SOA-Expertenrat).

Wer ambitionierte SOA-Projekte angeht, wird ohne eine methodische Grundlage nicht auskommen. Bis heute stammen die meisten Methodenansätze aus dem Dunstkreis der Systemintegratoren. Doch die Softwareindustrie wird laut Butler Group begreifen, dass der methodische Ansatz zu einem entscheidenden Differentiator im Wettbewerb wird. Die Analysten fürchten deshalb, dass es zu einer Fülle unterschiedlicher Methodiken kommen wird, die zu weiterer Verwirrung unter Anwendern führen könnte.

Der Enterprise Service Bus (ESB) wird Commodity

Die Voraussetzungen dafür, dass der ESB zur preiswerten Massenware wird, sind laut Butler gegeben. Am Markt tummeln sich demnach deutlich mehr Hersteller, als auf Dauer gebraucht werden. Gleichzeitig kommen Produkte mit ESB-Funktionalität auf Open-Source-Basis heraus. Einnahmen werden künftig nicht mehr mit einmaligen Softwarelizenzen, sondern mit wiederholten Wartungsgebühren erzielt (siehe: Die besten ESB-Produkte für die SOA).

Geschäftsprozess-Optimierung wird Mainstream

Business-Process-Management-Technologien (BPM) werden sich behaupten, wobei die Zerlegung von Prozessen in kleinere Einheiten zur Regel wird. Anstatt neue Prozesse auf der grünen Wiese zu definieren, werden zunehmend laufende Prozesse analysiert und gegebenenfalls an neue Anforderungen angepasst. Die Vorteile von Business Rules werden besser verstanden, ebenso, wie diese als neue Services implementiert werden können.

Performance Management treibt BI

Der Trend zu vertikalen und einsatzfähigen Lösungen setzt sich in dem Maße fort, wie sich Hersteller vom Massenmarkt, den Microsoft langsam in den Griff bekommt, absetzen wollen. Insbesondere wird es eine Reihe vorkonfigurierter Lösungen für das Corporate Performance Management für MiFID (EU-Richtlinie über die Märkte für Finanzinstrumente) geben sowie für Marketing-Management und den Handel. Butler sagt überdies eine Fortsetzung der Konsolidierung vorher, von der vor allem reine BI-Anbieter betroffen seien. Nicht zuletzt die großen Plattformanbieter wie IBM, Oracle und SAP seien an Übernahmen interessiert.

Virtualisierung - der Zug rollt

Die Virtualisierung der IT-Infrastruktur einschließlich Servern, Clients, Speicher und Netzen ist eine Schlüsseltechnologie, um die Infrastruktur besser auszunutzen und flexibler zu werden. In einem wettbewerbsintensiven Markt ist EMC hier der dominante Technologieanbieter, muss sich allerdings auf stärkere Konkurrenz von Schwergewichten wie IBM, HP und Cisco einstellen. Microsoft wird laut Butler mit seinem eher eigenen Ansatz ebenfalls Marktanteile gewinnen. Nach der Übernahme von Softricity und dem Abkommen mit Novell werde die Gates-Company weitere Partnerschaften eingehen oder Übernahmekandidaten suchen. Ardence und SWSoft sind Kandidaten, die sich anbieten - auch für andere Virtualisierungsspezialisten.

"Grüne RZs"

Daran dass Prozessoren schneller, die Datendurchsätze höher und die Speicherkapazitäten größer werden, haben sich die Anwender gewöhnt. Sie erwarten heute, dass sich die Hardwareeffizienz kontinuierlich verbessert. Umso weniger akzeptieren sie, dass diese Regel für den Stromverbrauch noch immer nicht gilt. Anwender sind besorgt über die hohen laufenden Kosten in ihren Rechenzentren. Sie werden ihr Augenmerk 2007 verstärkt auf diesen Punkt richten und die Energieeffizienz im Auge behalten.

IT-Organisationen müssen sich messen lassen

Obwohl die IT im Unternehmen keine Narrenfreiheit mehr genießt, mangelt es im Vergleich zu anderen unterstützenden Funktionen immer noch an akzeptierten Methoden, um ihren konkreten Wert für das Business zu messen. Unternehmen etablieren deshalb formelle Frameworks, mit denen Vertreter von Business- und IT-Seite gleichermaßen den Wertbeitrag der IT erfassen können. Initiativen wie das IT Capability Maturity Framework (IT-CMF) sowie die breitere Nutzung von Projekt- und Portfolio-Management-Werkzeugen unterstützen diese Bewegung (siehe auch: Don´t Stopp Thinking About the Value von unseren Kollegen des CIO Magazin, USA). Erforderlich sind aber eine übergeordnete gemeinsame Sprache und ein Bezugsrahmen, um den Business-Wert zu erfassen und die richtigen Metriken zu finden, mit denen sich individuelle Projekte beschreiben lassen. Das wird laut Butler eine Kernaufgabe für CIOs und CEOs im nächsten Jahr.

"Microsoft-Effekt" erreicht den Security-Markt

Gegenwärtig läuft laut Butler-Analyst Andy Kellett ein Scheingefecht zwischen Microsoft und den großen Security-Spezialisten Symantec und McAfee. Es geht darum, wie weit Microsoft mit seinem Kernel-Management-Ansatz in der 64-Bit-Version von Windows Vista gehen darf, und ab wann die Rechte der Sicherheitsanbieter verletzt werden. Andere Anbieter wie Aladdin und Sophos räumen hingegen längst längst ein, dass Microsoft das Recht haben sollte, seinen Betriebssystemkern adäquat zu schützen.