Adobe-Chef

Shantanu Narayen im Exklusiv-Interview

04.04.2011
Von 
Thomas Cloer war Redakteur der Computerwoche.

Internationale Softwarepreise, Kritik an der Creative Suite

ALEXANDER HOPSTEIN: Wir setzen unsere Preise anhand der lokalen Marktbedingungen und der Kosten für das lokale Go-to-market und das Doing Business in lokalen Märkten fest. Und Europa als Markt ist für uns im Vergleich zu den USA einfach deutlich fragmentierter und kleiner. Es geht bei der Preisgestaltung nicht nur um die Lokalisierung, sondern auch um den Support und unsere Kosten für den Geschäftsbetrieb vor Ort - Vertriebsmannschaft, Marketing, Partnerbetreuung, was es uns tatsächlich kostet, unsere Produkte in die Regale zu bringen.

Aber rechtfertigt das wirklich Preise, die doppelt so hoch sind wie in den Staaten?

NARAYEN: Also die Kosten sind für uns deutlich höher. Aber wir werden auch weiterhin unser Pricing kontinuierlich evaluieren und gegebenenfalls anpassen. Als Adobe stehen wir für Innovation - wir geben eine Menge für Forschung und Entwicklung aus.

Wie viel genau?

NARAYEN: Etwa 17 bis 20 Prozent (vom Umsatz), das liegt am oberen Ende von allen Softwarefirmen. Wir werden weiterhin schauen, wo wir Kosten reduzieren können, damit wir unseren Kunden möglichst viel Innovation liefern können.

HOPSTEIN: Wir haben außerdem unsere Preise auch trotz der Änderungen beim Wechselkurs Dollar-Euro stabil gehalten und über die Jahre sogar gesenkt - Photoshop zum Beispiel ist in den letzten Jahren zwei Mal günstiger geworden.

Ich habe zur Vorbereitung ein bisschen gegoogelt und bin dabei auf einige Kritik an der Creative Suite gestoßen. Die Kurzfassung: Zu häufige Releases, dabei zu wenig echte Innovation, zu viele Bugs in den neuen Versionen. Es scheint, als würden sich viele Anwender eine Entschleunigung des Release-Zyklus und stattdessen mehr Fokus auf eine konsistentere Integration über die gesamte Suite hinweg wünschen.

NARAYEN: Also mit Blick auf die CS5 kann ich sagen, dass das Feedback durch die Bank positiv war. Das sind unglaublich komplizierte Stücke Software - und was die Innovation betrifft: Allein das Sneak-Preview-Video zum Content Aware Fill hat auf YouTube mehr als vier Millionen Hits erzielt. Und bei der Integration kommen wir mit jeder neuen Version ein Stück voran, es gibt mehr Workflow-Features.

Das ist immer eine Gratwanderung - es gibt auf der einen Seite Nutzer, die sich möglichst häufige Releases wünschen, um besser mit den Komplexitäten neuer Betriebssysteme und Bildschirmgrößen fertigzuwerden, und auf der anderen Seite andere, die gern weniger oft neue Versionen hätten. Wir müssen versuchen, beide Seiten zufriedenzustellen. Das Tempo, mit dem sich neue Technologien und Standards entwickeln, die wir unterstützen müssen, hat jedenfalls gewiss nicht abgenommen. Und wenn Sie sich vergegenwärtigen, dass wir doch mehr als zehn Produkte in etlichen Sprachen anbieten, finde ich, dass wir einen sehr guten Job machen. Diese Software ist für Unternehmen wie Ihres genau geschäftskritisch wie SAP oder Oracle.

Wir versuchen natürlich, unsere Produkte immer noch besser zu machen - unter anderem, indem wir stärker als in der Vergangenheit öffentliche Beta-Tests anbieten und damit auch mehr Kunden-Feedback bekommen und berücksichtigen.

Sie packen aber nun ja immer mehr Innovationen in Ihre Programme, und die werden damit nicht unbedingt übersichtlicher oder schneller. Wer braucht wirklich 3D- oder Video-Editing-Funktionen in Photoshop? Ist das nicht eine Tendenz in Richtung Bloatware, die professionelle Nutzer stören muss?