SGS mit Zuwachs im ersten Quartal CEA-I Rueckstellungen sind nicht fuer Thomson-Expansion gedacht Von CW-Mitarbeiter Lorenz Winter

04.06.1993

PARIS - Die Verblueffung, die Frankreichs Industrie- und Aussenhandelsminister Gerard Longuet in Paris und Rom mit seiner Ankuendigung erzeugt hatte, die Industrieholding des franzoesischen Atomenergiekommissariats (CEA- I) werde sich eventuell aus der Finanzierung des binationalen Halbleiterfabrikanten SGS-Thomson zurueckziehen, veranlasste sein Buero jetzt zu einer Reihe politischer und technischer "Klarstellungen".

Selbstverstaendlich betreffe die Absicht eines "eher langfristig zu verstehenden" Umbaus der Kapitalstruktur von SGS Thomson nicht den bereits im Vorjahr vereinbarten Zufluss frischer Mittel in Hoehe von einer Milliarde Dollar. Jedenfalls werde die franzoesische Haelfte dieses Betrags von CEA-I, France Telecom und Thomson-CSF "vertrags- und fristgetreu" eingezahlt; die ersten 250 Millionen seien ohnehin schon dem Konto der von Pasquale Pistorio gefuehrten Gruppe gutgeschrieben.

Durch die Bekanntgabe seiner Plaene habe Longuet eher "uebereilte Erwartungen" korrigieren wollen, wonach die Ruecklagen und Rueckstellungen, die CEA-I in den Vorjahren zur Demontage ueberalterter kerntechnischer Anlagen in Frankreich gebildet habe, fuer kurzfristige Expansionsvorhaben von SGS-Thomson zur Verfuegung staenden. Ein definitives Aussteigen der Holding aus dem Kapital des Halbleiter-Fabrikanten sei dagegen erst denkbar, wenn es fuer sie konkret Alternativkandidaten gebe. "Bisher hat aber noch niemand angeklopft", heisst es dazu aus dem Ministerium.

Doch das Interesse auch von auslaendischen Firmen an einer Beteiligung koennte angesichts der positiven Entwicklung des Unternehmens schon bald erwachen. Im ersten Quartal 1993 kletterte der Umsatz der SGS-Thomson um 28,1 Prozent auf 439 Millionen Dollar. Der Gewinn belief sich auf 24,4 Millionen Dollar. Fuer das Gesamtjahr erwartet das Unternehmen Verkaeufe in Hoehe von 1,9 Milliarden (im Vorjahr: 1,6) und einen Gewinn von 100 (1992: 3) Millionen Dollar.

Der fuer strategische Planung zustaendige Vive-President Piero Martinotti haelt sogar einen noch hoeheren Umsatz fuer moeglich, da der jetzige Auftragsbestand den Vorjahresverkauf "deutlich" uebertreffe. Doch fehlten dem Unternehmen die noetigen Kapazitaeten zum Abbau des Ueberhangs.

Bei der Wafer-Fabrikation sei SGS-Thomson zwar auf die Entwicklung der beiden kommenden Jahre gut vorbereitet, insbesondere seitdem die Pilot-Produktlinie im Werk Grolles bei Grenoble in Betrieb gegangen ist. In der Endmontage und den Prueffeldern gebe es dagegen Engpaesse von etwa 20 Prozent, die sich auch mit den Kapazitaeten der uebrigen Werke der Gruppe nicht ganz ueberbruecken liessen.

Nachdem SGS-Thomson bei den Investitionen 1991 und 1992 kuerzer trat, will das Unternehmen in diesem Jahr pruefen, ob finanziell und technisch die Moeglichkeit zur Eroeffnung einer weiteren Produktionsstaette gegeben ist.