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SGI werkelt an Multiparadigmen-Computing

27.01.2004

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Der kalifornische Workstation- und Server-Spezialist SGI arbeitet weiterhin an seinem "Project Ultraviolet", das die Vorteile von Vektor-, Skalar- und anderen Architekturen zu einer neuen Klasse von "Multiparadigmen"-Supercomputern kombinieren soll.

Erstmals erwähnt hatte der Hersteller das Projekt im vergangenen November im Rahmen der Fachkonferenz Supercomputing 2003. SGIs Chief Technology Officer (CTO) Eng Lim Goh enthüllte nun im Exklusivinterview mit "Computerwire" weitere Einzelheiten.

Das grundsätzliche Ziel von Project Ultraviolet ist es demnach, die besten Elemente unterschiedlicher Architekturen so zu vereinen, dass diese gemeinsam auf die gleichen Daten zugreifen, die sich in skalierbarem Shared Memory befinden. Damit ließen sich die Vorteile traditioneller Numbercruncher-Architekturen mit neuen Ansätzen wie Processor in Memory (PIM) und Field Programmable Gate Arrays (FPGA) kombinieren.

Dabei sollen die unterschiedlichen Ansätze so in ein System gepackt werden, dass für eine Anwendung die jeweils maximale Leistung erzielt wird. Mit dem dafür bislang geprägten Begriff Multiparadigmen-Computing ist Goh allerdings nicht recht glücklich; bessere Vorschläge sind jederzeit willkommen.

Grundsätzlich eignen sich unterschiedliche Anwendungen besonders gut für die eine oder andere Architektur. Die Forschung bei SGI hat darüber hinaus ergeben, dass aber auch für bestimmte Aufgaben innerhalb ein und derselben Applikation ein gemischter Architekturansatz sinnvoll sein kann. Es seien hier leichter Leistungsgewinne zu erzielen als durch bloßes Hinzufügen von Prozessoren. Goh zufolge arbeiten seit zwei Jahren ein gutes Dutzend SGI-Ingenieure daran, Profile von Anwendungsprogrammen zu erstellen, um herauszufinden, wo in diesen Systemleistung "versickert".

Dabei kam man zu verschiedenen Einsichten, unter anderem zu der, dass "viele Applikationen nicht skalieren, weil sie Zeit mit anderen Dingen als echter Arbeit verbringen", und weil "Prozessoren mehr Zeit damit verbringen, miteinander zu kommunizieren und sich untereinander abzugleichen". Diese Probleme könnte man durch dynamisches Load-Balancing in Echtzeit und verbesserte Kommunikationstechnik zwar in den Griff bekommen, trotzdem sah man bei SGI Bedarf nach einem ganz neuen Denkansatz.

"Die Welt steckt fest in Skalar oder Vektor, und dazwischen gibt es nichts", erläutert Goh. "Ideal wäre ein Mix aus beidem." SGI will dazu nun einen speziellen Memory-Controller entwickeln. Basis von Project Ultraviolet werden Prozessoren von Intel (skalar) bilden. "Wir fügen per Controller Vector und PIM hinzu", so der SGI-Cheftechnologe. FPGA hält Goh vor allem für hoch parallelisierte Probleme für sinnvoll, und deswegen soll der Controller auch eine Schnittstelle erhalten, über die sich FPGAs in den Speicher einklinken können. In einem früheren Stadium soll dies zunächst über einen separaten Chip realisiert werden.

Bestehende Anwendungen sollten nach Einschätzung von Goh auf den Ergebnissen von Project Ultraviolet generell ohne Neukompilieren laufen. Wolle man die Vorteile der multiplen Architektur voll ausreizen, sei eine Neukompilierung allerdings nötig. "Um alle Paradigmen bei höchster Kapazität auszunutzen, muss man den Code neu kompilieren und braucht ein sehr hohes Intelligenzniveau im Controller", so der SGI-Mann.

Im Laufe des kommenden Jahres will SGI Techniken aus Project Ultraviolet schrittweise einführen. Dazu gehören Bibliotheks-Routinen, die die für einen speziellen Job idealen Architekturen identifizieren und aktivieren können, sowie neue Controller-Technik um zu ermitteln, in welcher Reihenfolge Jobs am sinnvollsten abgearbeitet werden müssen, um möglichst effizient zu arbeiten.

Goh erklärte ferner, SGIs Fokus auf wissenschaftliche Anwendungen anstelle von General Purpose Computing ermögliche es der Firma, besser auf die Probleme von Kunden einzugehen, was das Unternehmen wieder stabilisiert habe. "Als Bob Bishop [als Chairman und CEO] zurückkam, hat er klar erklärt was er wollte - sich voll auf die Entwicklung von Maschinen für die Scientific Community konzentrieren", sagte Goh. "Wir erreichen Kunden, die ihre Probleme nicht mithilfe anderer Hersteller lösen konnten, weil wir willens sind, unsere Architektur anzupassen, um diese Probleme zu lösen." (tc)