Btx-System wieder in Verruf geraten

Sex-Händler nutzen Lücke im Gesetz zum Trittbrettfahren

17.08.1990

WÜRZBURG (vwd) - Zehn Jahre ist es nun schon alt und noch immer hat es mit Problemen zu kämpfen. Neueste Zwickmühle des Btx-Systems: Unter anderem Sex-Dienstleistungs-Anbieter nutzen den Namen seriöser Firmen, um ungebeten in Btx-Benutzerauswahl-Listen zu gelangen.

Durch rechtliche Schlupflöcher mogeln sich - wie die Nachrichtenagentur vwd zu berichten weiß - immer mehr Anbieter, die unter Ausnutzung von Namen bekannter Unternehmen wie etwa des Versandhauses Quelle in ihren "Impressumszeilen" oder auch in Schlagwortlisten eingespielt werden, in denen Anwender eigentlich nach ganz anderen Auskünften suchen wollen. Bislang wurden die Btx-Nutzer durch die Eingabe eines Anbieternamens wie beispielsweise Post oder Bahn ohne Umwege zu deren Angeboten geführt.

In der überwiegenden Zahl der Fälle seien es obskure Sex-Anbieter, die sich dieses Tricks bedienten, meint die Fachzeitschrift "Btx-Magazin". Will sich jemand zum Beispiel einen Brotkorb beim Quelle-Versandhaus kaufen und gibt den Namen der Fürther als Namens-Suchbegriff in den Comuter ein, so sieht er sich auch mit der Option konfrontiert, Quellen der Lust anzuzapfen. Unter dieser Bezeichnung offeriert ein Btx-Anbieter erotisierende Dienstleistungen. Ein anderer möchte die gesamtdeutsche Vereinigungsstimmung durch "DDR-Sexkontakt-Quelle"-Angebote stimulieren.

Gegen solche fragwürdigen Abstauber und Nutznießer des Btx-Schlagwort-Suchsystems will die deutsche Anbietervereinigung jetzt vorgehen. Sie fordert die Post auf, Namenszusätze nur in besonderen Fällen zuzulassen, erklärte ihr Sprecher Peter Bernschneider.

Neben den Anwendern ist vor allem auch die Privatwirtschaft von den Digital-Raubrittern betroffen: Beispielsweise muß es sich Quelle gefallen lassen, daß 13 andere Unternehmen sich im Btx-Betrieb auf die Zugkraft des Further Namens verlassen, um Interessenten für ihre jeweiligen Btx-Seiten zu ködern. Was im normalen Geschäftsleben nicht möglich ist, weil unter die Verletzung des Markennamens fallend, ist bei Btx keinerlei gesetzlichen Schranken unterworfen.

Der Btx-Staatsvertrag bietet keine Lösung für diese Computerpiraterie. Trost für alle regelrecht irregeleiteten Btx-Anwender verspricht der Btx-Projektleiter der Deutschen Bundespost Telekom, Erich Danke, erst für das übernächste Jahr: "Wir haben vor, im Rahmen des neuen Netzkonzeptes 1992 eine Kürzelsuche nach französischem Muster einzuführen." Dann soll jeder Anbieter nach dem Willen der Post auf Antrag ein ganz spezifisches Kürzel bekommen, welches nur an ihn vergeben wird.