Service-Provider schmieden neue Allianzen, um Kunden zu koedern Deutsche Online-Muffel nutzen lieber CD-ROM-Applikationen

03.11.1995

MUENCHEN (CW) - Alle hoffen sie auf den warmen Goldregen. Nach Compuserve und der Telekom mit ihrem Datex-J-Dienst sowie dem Microsoft Network (MSN) wollen bis Jahresende auch America Online (AOL) und Europe Online (EOL) in Deutschland auf Kundenfang gehen. Um moeglichst attraktiv fuer die Klientel von morgen zu sein, schliessen die Service-Provider immer neue Allianzen. Doch allen Make-up-Bemuehungen zum Trotz scheint der deutsche Michel, so die Marktforscher, ein Online-Muffel zu sein.

Mit AOL und EOL ruesten zwei neue Wettbewerber zum Kampf um Marktanteile im Bereich der Online-Dienste. Glaubt man den Auguren, die Wachstumszahlen von rund 45 Prozent prognostizieren, so ist das Werben der Service-Provider um die bisher rund 7,3 Millionen Nutzer kommerzieller Dienste in Deutschland nur allzu verstaendlich. Zumal allein im ersten Quartal 1995 eine Million neue Kunden gewonnen worden sein soll.

Immer mehr potente Partner draengen in das Online-Geschaeft. So planen beispielsweise der Axel-Springer-Verlag und die Veba AG ihren Einstieg bei der Burda-Schoepfung EOL.

Der Konkurrent Bertelsmann Online GmbH & Co. KG baut dagegen seine Basis an Content-Providern kontinuierlich aus. Neben Gruner und Jahr sollen RTL und FAZ sowie die Lufthansa oder der ADAC unter anderem die Medieninhalte liefern. Um nicht nur von Partnern abhaengig zu sein, haben die Hamburger jetzt 50 Prozent an der Pixelpark Multimedia Agentur GmbH, Berlin, uebernommen. Die Berliner wollen AOL ihren Internet-Dienst "Wildpark" zuliefern.

Erstaunlich angesichts der optimistischen Prognosen in Sachen Information-Super-Highway ist dagegen die noch geringe Nutzung der Online-Dienste. So kommt das britische Marktforschungsunternehmen Inteco, Woking, in der Studie "Multimedia in the home: Europe 1995" zu dem Ergebnis, dass die deutschen Anwender im Schnitt den Highway taeglich nur zehn Minuten in Anspruch nehmen. Ansonsten werden die Modems hauptsaechlich fuer Geschaeftskommunikation per Fax und E-Mail eingesetzt. Als Grund dafuer nennt Miles Thistlethwaite, Senior Vice-President bei Inteco, die mangelnde Qualitaet der bestehenden Online-Services. Laut Inteco ist die Haelfte aller Online-Nutzer bereit, fuer besseren Service und schnellere Uebertragungszeiten auch hoehere Gebuehren in Kauf zu nehmen.

Die CD-ROM gehoert dagegen zu den beliebtesten Multimedia- Anwendungen: Die Analysten befragten 16000 Haushalte in Frankreich, Grossbritannien und Deutschland und fanden heraus, dass die PC-User neun von durchschnittlich 18 woechentlichen Betriebsstunden mit CD-ROM-Applikationen verbringen. Computerspiele liegen dabei in England mit 50 Prozent an der Spitze.