Service-Perspektiven

21.03.1980

Daß die Zukunft der Datenverarbeitung "Computerleistung aus der Steckdose" heißt, ist ein oft wiederholter Gemeinplatz. Doch hat der Außer-Haus-Service in der Bundesrepublik nicht die Entwicklung genommen, der ihm seit fünfzehn Jahren vorausgesagt wird. So erwies sich die Dialogmöglichkeit für die RZ-Branche bisher als absatzpolitischer Flop - und auch die Anbieter von Timesharing-Diensten leben nicht gerade wie die Maden im Speck.

Nach wie vor sind die meisten Service-Rechenzentren mit Stapelarbeiten beschäftigt. Nach wie vor gilt: Computerleistung aus der Steckdose- wishfull Thinking.

Der DV-Service-Markt in Deutschland hat nun mal seine eigenen Gesetze- und seine Tücken. Die großen überregionalen Service-Büros müssen sich nicht nur mit der "Eigencomputer"-Mentalität vieler Klein- und Mittelbetriebe auseinandersetzen (Nutznießer waren bislang die MDT-Anbieter), sondern auch mit dem DÜ-Regelwerk des Monopolisten "Bundespost"- und mit dessen Gebührenordnung, die den kleinen und mittleren Gelegenheitsdatenfernverarbeiter gegenüber dem Vielnutzer kraß benachteiligte. Folgeerscheinung der DBP-Reglementierung: Nur wenige kommerzielle Rechenzentren sind mit dem Sonderangebot "Computerleistung aus der Steckdose" reich geworden.

Die Hemmnisse fielen weg, wenn die Bundespost endlich die Voraussetzungen für die Entwicklung "offener Netze" schaffen würde.

Doch vorläufig müssen sich die hiesigen Service-Rechenzentren gedulden - bis "PAPA" kommt (siehe CW-Nr. 10 vom 7. März 1980, Seite 20). Wer nicht warten kann und will, verlegt sich auf das Systemgeschäft, um den Erstanwendermarkt nicht gänzlich den Hardware-Herstellern zu überlassen. Längst sind die bedeutendsten Service-Rechenzentren dazu übergegangen, schlüsselfertige Systeme zu vermarkten - mit unterschiedlichem Erfolg. Da haben es ihre US-Kollegenfirmen in der Tat etwas leichter, zumindest was die Bereitschaft der Erstanwender anlangt, das Außer-Haus-Angebot zu nutzen und sich den eigenen Computer zu verkneifen. Dafür erwächst den reinrassigen DV-Dienstleistern in den USA jedoch neue Konkurrenz durch Mainframer, Büroautomationskonzerne, ÖI-Multis und Telefongesellschaften. Stellvertretend seien hier IBM, Xerox, Exxon und AT&T genannt die allesamt ein Auge auf den wachsenden Service-Markt geworfen haben. Und daß dieser Markt weiterhin kräftig expandieren wird, pfeifen die amerikanischen Telekommunikiions-Spatzen von den Fabrik- und Bürohausdächern. So behauptet "Waves of Change"- Autor Charles P. Lecht, daß am Ende dieser Dekade in den USA bereits rund die Hälfte aller DV-Dienstleistungen von externen Service-Rechenzentren über flächendeckende Netzwerke verfügbar sein wird (COMPUTERWORLD vom 10. März 1980, Seite 1). Das heißt: Der Telekommunikation via Satellit gehört die Zukunft, oder: "Join the Network" , wie Charles P. Lecht textet. Er schließt nicht aus, daß sich IBM in den achtziger Jahren zu einem gigantischen Servicebüro entwickeln wird. Dies träfe nicht nur die traditionellen DV-Dienstleistungsunternehmen, sondern auch die Minicomputer-Hersteller, die auf dem US-Erstanwendermarkt eine ähnliche Rolle wie die MDT-Produzenten in Deutschland spielen. "Namhafte Minicomputer-Hersteller", orakelt Lecht, "werden in den kommenden Jahren von der Bildfläche verschwinden." Sie blieben zwar als Unterlieferanten weiter im Geschäft, jedoch nicht mehr als Anbieter kompletter Systeme. Lecht nennt zwar keine Namen, doch ist es ein offenes Geheimnis, welche Firmen gemeint sind. Der Marktbeobachter denkt sicher ganz zuletzt an Digital Equipment, ,the leading company in technical computers" , wie seIbst einer der härtesten DEC-Rivalen, nämlich Hewlett-Packard, eingesteht (siehe Seite 1). Doch was wird aus Prime, Texas Instruments, General Automation Perkin Elmer Data Systems, Data General und Hewlett-Packard - um die Mini-Macher-Rangliste von unten nach oben aufzuzählen ?

Eine sichere Marktposition (siehe Lecht) haben sie alie nicht - soviel scheint sicher.