Service-Macht

19.10.1979

Die offenkundige Schwierigkeit, in den eigenen Silizium-Schmelzen auf eine für den Hausbedarf ausreichende Halbleiter-Produktion zu kommen, zwingt IBM, in den neuen 4341-Prozessoren fremde Chips zu verwenden (vergleiche Seite 1).

Ein Prinzip aufzugeben, das freilich von Armonk-Offiziellen nie öffentlich postuliert wurde - autark zu bleiben nämlich -, mag IBM-intern einige Überwindung gekostet haben.

Doch dürfte sich - wie schon bei der /38-Lieferverzögerung - verrechnen, wer da glaubt, das Zugeständnis, von Zulieferern abhängig zu sein, würde dem Marktführer Abbruch tun.

Salvatore La Rocca, EDV-Leiter bei der Robert Loesch KG in Dreieich, sieht darin, daß der Marktführer System-Zutaten zukauft, "ein durchaus marktübliches" Verfahren: "Wo IBM die Produkte hernimmt, ist uns egal."

Diese Aussage läßt nur eine Interpretation zu und sicherlich wird sie von den-lBM-Mitbewerbern auch so interpretiert: Als Kriterium für die Herstellerauswahl zählt nur noch die Service-Qualität - besser gesagt, die Potenz, überall präsent zu sein. Und in diesem Punkt ist IBM allen anderen Herstellern über. Konsequenz: Von nun an dürften sich sämtliche IBM-Konkurrenten schwertun, überhaupt noch Argumente gegen IBM zu finden, Argumente, die draußen auch ankommen.

Daß gegen die Verkaufsdisziplin der "Blauen" kein Kraut gewachsen ist, bedarf längst keiner weiteren Erklärung mehr. Der Marktleader ist nun mal eine hundertprozentige Vertriebsfirma und selbst IBM's Intimfeinde haben erkennen müssen: Bessere Marketing-Methoden kann man nicht entwickeln.

Bis heute konnten sie immerhin davon ausgehen, daß IBM in einem Punkt beizukommen war: beim System-Design.

Das bedeutete: Man konnte gegen den Marktleader partiell erfolgreich sein, wenn man die besseren Produkte hatte. Vorbei. Denn wenn's die Einkaufspolitik so will, klebt auf ihnen morgen möglicherweise ein IBM-Typenschild drauf.