Bis Ende 1993 werden sechs Front-ends ausgemustert

Server verkuerzen bei Henkel DV-technische Reaktionszeiten

22.10.1993

Die hohen Kosten fuer Front-end-Installationen sowie die mangelnde Flexibilitaet des Hosts haben bei dem Duesseldorfer Konzern Henkel zu einer DV-strategischen Kurskorrektur in Richtung Downsizing gefuehrt. Petra Adamik* skizziert das neue Net- working-Konzept auf Basis von LAN-Servern.

Im Holthausener Mutterhaus des Henkel-Konzerns haben schon sehr frueh Computer Einzug gehalten, die ueber ein zentrales Rechenzentrum die notwendigen Daten- und Applikationsressourcen zur Verfuegung stellten. Durch dieses Procedere wurden rund 13000 Mitarbeiter in etwa 200 Gebaeuden vom Grossrechner mit Informationen versorgt.

Die steigenden Kosten bei Front-end-Installationen mit Hosts und die Inflexibilitaet der Mainframes sowie der Koax-Verkabelung beim Umzug einzelner Arbeitsplaetze oder gar Abteilungen loesten bei den Verantwortlichen jedoch Ueberlegungen aus, Downsizing auf Basis von LANs mit PC-Servern zu realisieren. Die vorhandene IBM 9021 sollte in dieses PC-basierte LAN ebenso eingebunden werden wie eine Microvax und Sun-Workstations.

Als 1988 in Holthausen mit der flaechendeckenden Vernetzung begonnen wurde, hatte Novell auf dem Netzwerk-Markt die Nase weit vorn. So war es fuer das Team um Uwe Wirtz, Leiter Lokale Netze, keine Frage, dass auf den ersten PS/2-Servern von IBM Netware als Netzwerk-Betriebssystem laufen sollte. In den LANs setzt Henkel ausserdem seit 1990 Hubs der Firma Synoptics ein.

Die lokale Vernetzung in den Gebaeuden wird auf der Basis von 100- Ohm-Twisted-Pair-Kabeln vorgenommen. Die globale, gebaeudeuebergreifende Verbindung basiert auf Glasfaserkabeln. Rund 80 Prozent der mehr als 2400 PCs und rund 200 IBM-3174- Terminaleinheiten sind in Holthausen durch Token Ring vernetzt, die restlichen PC-Systeme und Workstations ueber Ethernet integriert.

Mit dem stetig wachsenden Netz aenderten sich auch die Anforderungen, die Henkel an die Hardware stellte. Schnell, preiswert und flexibel sollten die Server sein und dem Netzwerk- Team genuegend Spielraum bieten, um neben Standard-Applikationen auch Henkel-spezifische Konfigurationen zu fahren. Seit 1991 werden in Holthausen fuer Server-Aufgaben Systempro-Rechner von Compaq eingesetzt, die nach Aussage von Netzspezialist Wirtz bisher allen Anforderungen gerecht werden.

Diese Produktions-Fileserver auf Systempro-Hardware laufen unter dem Netzwerk-Betriebssystem Netware 3.11 mit der Datensicherheitskomponente System Fault Tolerance II (SFT II). Dafuer wurden die Server mit je zwei zusaetzlichen Subsystemen von Compaq ausgeruestet.

Das erste Subsystem uebernimmt dabei die Aufgabe, das zweite zu kopieren, das heisst, die Daten werden synchron auf zwei verschiedene Platten (je eine pro Subsystem) gespeichert. Dadurch ist ein unterbrechungsfreier Zugriff auf die notwendigen Datenbestaende gewaehrleistet, denn beim Ausfall eines Subsystems stellt die geduplexte Platte des zweiten die notwendigen Informationen bereit.

Zugriff nur fuer autorisierte Personen

Alle Daten und Applikationen, die allgemein zugaenglich sein muessen, dazu gehoeren beispielsweise die Netware-Utilities, residieren in Unterverzeichnissen auf dem System-Volume SYS aller Fileserver im Henkel-LAN. Anwenderbezogene oder abteilungsspezifische Daten sind auf User- beziehungsweise Daten- Volumes verfuegbar, auf die nach dem ausgekluegelten Sicherheits- system des Hauses, in Verbindung mit den Netware-Rechtestrukturen, nur autorisierte Personen oder Gruppen zugreifen duerfen.

Kommunikationsintensiv ist die Arbeit der Marketing-Abteilung, die ihren Server fuer die Werbeerfassung, Nielsen-Handelsdatenbanken und ein Account Management Operating System (AMOS) einsetzt. Auf diesem Server residieren ferner Applikationen fuer die Aussendienstler, die sich mit mobilen Rechnern ueber Modems oder Akustikkoppler in einen Kommunikationsrechner einklinken und ihre Daten ueberspielen.

Das Backup-Geschaeft mit HP-DAT-Laufwerken fuer die Fileserver uebernehmen zur Zeit drei Deskpro-Rechner. Als Backup-Software kommt Cheyennes Arcserve 4.0 zum Einsatz. "Ein offenes Netzwerk, wie wir es auf dem Werksgelaende in Holthausen kontinuierlich ausbauen, bringt natuerlich auch eine Reihe von Sicherheitsproblemen mit sich", erklaert LAN-Spezialist Wirtz. Daher ist es nicht verwunderlich, dass nicht nur bei der Zugangskontrolle ein ausgekluegeltes Sicherheitskonzept angewendet wird, sondern auch bei der Pflege des Netzes und seiner Daten. Mit Virenscannern wie Intel Lanprotect 1.5 werden alle Datenbestaende automatisch Nacht fuer Nacht auf Viren durchsucht.

Daneben haben die Henkel-Netzwerker Standardanforderungen fuer Geraete und Software erarbeitet, um einem moeglichen Wildwuchs im Netz von vornherein entgegenzuwirken. "Dadurch ist das LAN weniger stoeranfaellig, denn alle eingebundenen Komponenten sind intensiv ausgetestet und entsprechen dem Henkel-Standard", erklaert Frank Konnes, LAN System Engineer bei Henkel, den Trend zu einheitlichen Endgeraeten.

Fuer die alltaegliche Arbeit im Netz sind Passwort und User- Identifikation (User-ID) selbstverstaendlich Standard, damit der Zugang zu den gaengigen Applikationen gewaehrleistet ist. Daneben steht jedem Anwender ein Home-Verzeichnis zur Verfuegung, mit dem er im Prinzip tun und lassen kann, was er moechte.

Die Fileserver im Netz sind einzelnen Abteilungen zugeordnet und vor unbefugtem Zugriff geschuetzt. Fuer Anwender, die abteilungsuebergreifend arbeiten und Zugriff auf die Daten der unterschiedlichen Systempro-Server benoetigen, kann eine spezielle Autorisierung auf weiteren Servern eingerichtet werden.

Jeder User-ID im Netz sind automatisch 5 MB Speicherplatz auf dem Server zugewiesen, die ueber eine dedizierte Kostenstelle abgerechnet werden. Der effektiv genutzte Speicherplatz und der Zugriff auf unterschiedliche Ressourcen wird kostenstellenspezifisch fuer jeden User-ID individuell in Rechnung gestellt. Fuer die weitere Expansion des LANs ist aber nicht nur das Sicherheitskonzept von entscheidender Bedeutung, sondern auch ein professionelles Netzwerk-Management, das eine lueckenlose Verfuegbarkeit des Netzes rund um die Uhr gewaehrleistet. Fuer Fileserver- Systeme, die neu in das LAN aufgenommen werden, nutzt das Team den neuen Compaq Server Manager, der ueber ISDN einen remoten Ueberwachungsschutz fuer das Netz ermoeglicht, da alle Netzkomponenten 24 Stunden am Tag verfuegbar sein muessen.

"Es macht schon aus Kostengruenden keinen Sinn, nur fuer Ueberwachungsaufgaben einen Arbeitsplatz rund um die Uhr mit hochqualifiziertem Personal zu besetzen", erlaeutert Wirtz die Nutzung des Server Managers, mit dem remote die Kontrolle und Behebung von Routineproblemen moeglich ist.

Zum SNMP-Netzwerk-Management fuer die Ueberwachung saemtlicher Komponenten im LAN verwendet man bei Henkel als zentrales Produkt den Sun Netmanager, daneben laufen aber auch verschiedene Erzeugnisse anderer Hersteller wie etwa Netview von IBM.

Wichtige Netzkomponenten sind auch die derzeit 21 Print-Server, die den Datenverkehr mit den rund 500 Druckern im Netz verwalten. Auch bei Henkel hat sich die Rolle des Druckers gewandelt, denn schon heute sind die Printer nicht mehr das persoenliche Equipment am Arbeitsplatz. Sie werden als zentrale Abteilungsperipherie eingestuft, die, aehnlich wie Abteilungskopierer, mehreren Mitarbeitern gleichzeitig zur Verfuegung stehen muessen. Mit diesen gestiegenen Anforderungen an die Druckkapazitaet und Flexibilitaet sind einige der bislang eingesetzten Endgeraete ueberfordert. Zur Zeit laufen einige Tests mit verschiedenen Hochleistungsdruckern.

Zwar steht bei der Entscheidung, die Printer-Politik zu aendern, auch die Kostenfrage im Mittelpunkt, wichtig war dem Henkel- Netzwerkteam jedoch ausserdem die Reduzierung der Ozonbelastung in den einzelnen Bueroraeumen. Dieses Ziel liess sich nur mit neuen Druckergenerationen erreichen. "Printing im Netz rechnet sich in vielerlei Hinsicht und schlaegt sich auf lange Sicht auch in Mark und Pfennig nieder", erklaert Uwe Wirtz die Entscheidung, den professionellen Einsatz von Netzwerk-Druckern zu forcieren. Dass dadurch nebenbei auch die Umweltbelastungen zurueckgingen, sei ein angenehmer Nebeneffekt.

Mit einer offenen Infrastruktur und einem offenen Hub-Konzept, auf das saemtliche Dienste aufsetzen, wollen die Netz- spezialisten das dezentrale Henkel-Netzwerk in den naechsten Jahren weiter ausbauen. Bis Ende 1993 sollen vier von sechs Front-ends abgebaut werden. Durch den starken Ausbau der vernetzten PC-Arbeitsplaetze koennen hier verstaerkt 3270-Emulationen eingesetzt werden, was wiederum zu einer erheblichen Kosteneinsparung fuehrt.

In PC-Komponenten fuer das Netz investiert Henkel jaehrlich mehrere Millionen Mark. Davon entfallen etwa 30 bis 40 Prozent auf Neuinstallationen. Hier haben 486er Rechner zur Zeit die Nase vorn und sind inzwischen als Standard-Arbeitsstationen im Henkel-LAN etabliert.

Mit der Migration zu einem Netz mit offenen Hardware-plattformen, zusammen mit Standardapplikationen und massgeschneiderten Anwendungen, sieht sich Henkel gut geruestet fuer den weltweiten Wettbewerb der kommenden Jahre.

*Petra Adamik ist freie Journalistin in Muenchen.