Open Source auf dem Mainframe

Server-Konsolidierung mit Linux drückt IT-Kosten

13.08.2008
Von 
Wolfgang Herrmann war Editorial Manager CIO Magazin bei IDG Business Media. Zuvor war er unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO und Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.

Was Anwender von IBM lernen können

Trotz dieser Kritikpunkte können Anwenderunternehmen eine Menge aus dem IBM-Projekt lernen, führt Gartner aus. Wie in anderen IT-Vorhaben auch komme es darauf an, sich frühzeitig die Rückendeckung aus dem oberen Management zu sichern (siehe auch: Die 14 häufigsten Projektfehler). So band das IBM-Team von Anfang an einen Senior Vice President ein. Ein anderer oft gehörter Ratschlag lautet, tief hängende Früchte ("low-hanging Fruits") zuerst zu ernten. IBM konzentrierte sich beim Migrieren und Konsolidieren zunächst auf Server, die besonders große Einsparungen in kurzer Zeit erwarten ließen. Dabei handelte sich beispielsweise um diejenigen Server mit der niedrigsten Auslastung oder besonders alte Systeme, deren Ausmusterung kurz bevorsteht.

Als erfolgskritisch erweist sich ferner ein bereichsübergreifendes Team, so Gartner weiter. Für das interne Konsolidierungsprojekt trommelte IBM Spezialisten aus Hardware-, Software- und Dienstleistungssparten zusammen. Last, but not least sollten IT-Verantwortliche die nicht unerheblichen Vorabinvestitionen für derartige Projekte im Auge behalten und diese auch dem oberen Management transparent machen.

US-Versicherer setzt ganz auf Linux

Eine praxisnähere Beurteilung erlaubt das Beispiel des amerikanischen Versicherers Nationwide. Das Unternehmen mit rund 6000 IT-Mitarbeitern nutzte vor dem Konsolidierungsprojekt mehr als 5000 verteilte Server, deren Auslastung zum größten Teil unter 50 Prozent lag. In der Regel dauerte es mehrere Wochen oder sogar Monate, um zusätzlichen Server in die Infrastruktur einzubinden. Die wachsenden Anforderungen an die IT hätten zudem zusätzliche Rechenzentrumskapazitäten erfordert. Hinzu kamen eine Reihe weiterer Engpässe in der IT, die die Verantwortlichen angehen mussten.

Nationwide löste etliche Probleme, indem es Arbeitslasten der dezentralen Server auf Mainframes konsolidierte, auf denen ausschließlich Linux als Betriebssystem läuft. Das Projektteam installierte dazu mehr als 450 Linux-Systeme auf zwei Z9-Großrechnern. Deren durchschnittliche Auslastung liegt den Angaben zufolge bei 70 Prozent. Auf den Großrechnern nutzt der Versicherer mehrere Kopien von Novell Suse Linux Enterprise Server 9 (SLES 9) mit der Java Platform, Enterprise Edition (Java EE) unter der Virtualisierungssoftware z/VM 5.2. Wo diese Kombination ungeeignet schien, griff das Team auf x86-Server mit Java EE zurück, die mit Hilfe von VMware ESX Server virtualisiert wurden. Nur in Ausnahmefällen ließen die IT-Verantwortlichen physische, sprich nicht virtualisierte Rechner zu.

Unterm Strich brachten die Konsolidierungsinitiativen eine Reihe von Vorteilen. In mehreren Bereichen hätten sich die gesamten Betriebskosten (TCO) deutlich verringert, gibt das Unternehmen an. Über einen Zeitraum von drei Jahren ergaben sich Einsparungen in Höhe von 15 Millionen Dollar. Beispielsweise halbierten sich die monatlichen Ausgaben für das Web-Hosting. Die Support-Kosten für Hardware und Betriebssysteme sanken ebenfalls um 50 Prozent. Mit der Nutzung des dedizierten Linux-Prozessors (IFL) konnte Nationwide laut eigenen Angaben zudem die Lizenzkosten für Middleware und Datenbanken (WebSphere, DB2, Oracle) reduzieren. Nicht zuletzt habe die IT-Konsolidierung den Bedarf an Stellflächen und Energie um satte 80 Prozent gedrückt.