Bis zum 1. Februar 2014

SEPA: Der Countdown läuft nicht nur für Banken

03.06.2013
Von  und
Rainer Neideck ist Leiter ECM bei Unisys.
Silke Liebscher-Trapp arbeitet bei Unisys als SEPA-Projekt-Managerin.
Schritt für Schritt zur SEPA-Transformation - wie Sie es jetzt noch schaffen, Ihr Unternehmen rechtzeitig umzustellen.

Bis zum 1. Februar 2014 soll es so weit sein: Der einheitliche Euro-Zahlungsraum SEPA (Single Euro Payments Area) wird Realität. Ab diesem Zeitpunkt gibt es keinen Unterschied mehr zwischen inländischen und europäischen Überweisungen und Lastschriften. Dabei ist SEPA Direct Debit, kurz SDD, das einheitliche Lastschriftverfahren, während SEPA Credit Transfer, kurz SCT, für das Überweisungsverfahren steht. Künftig sind Unternehmen und Organisationen verpflichtet, beide Verfahren einzuhalten. Insbesondere vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen ist die Dringlichkeit einer Umstellung aber noch nicht bewusst.

Eine Transformation der Unternehmensprozesse und -Anwendungen auf SEPA bedeutet ein umfangreiches Projekt. Nach einer Studie von EuroFinance hatten 52 Prozent der Unternehmen Ende 2012 in der SEPA-Zone bis dahin noch nicht mit ihrer Umstellung begonnen.

Für viele Unternehmen besteht jetzt Handlungsbedarf: Sie müssen ihre Anwendungen, Prozesse und Daten bis zum Stichtag umstellen. Gleichzeitig muss im Rahmen der Zahlungssysteme und -prozesse eine langfristige Strategie entwickelt werden.

Keine SEPA-Transformation ist wie die andere. Deshalb muss sie jeweils auf die spezifische Situation eines Unternehmens Rücksicht nehmen. Grundsätzlich sind zwei verschiedene Szenarien denkbar:

  • Szenario 1 konzentriert sich auf die Modernisierung beziehungsweise Transformation der Prozesse und Anwendungssysteme hin zu SEPA unter Beibehaltung der bestehenden Prozesslogik und der bestehenden IT-Infrastruktur.

  • In Szenario 2 werden neben der Umstellung auf SEPA auch die Zahlungs- und Geschäftsprozesse optimiert, automatisiert sowie Teile der IT-Infrastruktur transformiert.

Da aufgrund des knappen Zeitrahmens eine Umstellung nach dem Szenario 2 oft unrealistisch erscheint, bietet sich dann nur noch eine Umstellung auf der Basis von Szenario 1 an. Das garantiert in erster Linie SEPA-konforme Prozesse und die Einhaltung der Compliance-Vorgaben. Hierfür sind vier Schritte erforderlich:

1. Stammdatenbereinigung und BIC/IBAN-Konvertierung

"IBAN-Konvertierung" klingt ganz einfach. Und wozu eigentlich Stammdatenbereinigung? Die Daten sind doch in Ordnung, schließlich laufen darüber ständig Transaktionen. Weit gefehlt! Im Interesse der Kunden haben Banken bisher viele Änderungen, zum Beispiel der Bankleitzahlen nach Bankenzusammenlegungen, abgefedert, also stillschweigend Transaktionsdaten korrigiert. Auch Unternehmen haben teilweise erstaunlich schlechte Kontostammdaten.

Bankenmigrationen haben auch dazu geführt, dass der Umrechnungsalgorithmus von Kontonummern in IBAN und BIC komplexer ist, als es zunächst erscheint. Hier sind von Bank zu Bank unterschiedliche Regeln zu berücksichtigen, die erst im Juni dieses Jahres vom Bankenverlag veröffentlicht werden. Was ist zu tun?

  • Einen brauchbaren Konverter auswählen, oder bis Juni warten und selbst einen Konverter entwickeln.

  • Eine Testkonvertierung des Bestands vornehmen, Fehlergründe und -quoten betrachten, Problemfälle clustern, Nachbearbeitungsmöglichkeiten definieren und Nachbearbeitungsprojekte initiieren.

  • Gesamtkonvertierung vollziehen - inklusive Nachbearbeitung.

  • Kontinuierliche Konvertierungsmöglichkeiten in CRM-Systeme integrieren, denn bis die IBAN den Kunden genauso geläufig ist wie ihre altbekannte Kontonummer, dürfte viel Zeit vergehen.

2. Die elektronische Mandatsverwaltung

Für Unternehmen, die Lastschriften einziehen, führt kein Weg an einer elektronischen Mandatsverwaltung vorbei. Das SDD-Verfahren, das ab 1. Februar 2014 ausschließlich verwendet werden muss, erfordert die Verwaltung der Mandate. Insbesondere ist gegenüber der Gläubigerbank nachzuweisen, dass ein gültiges SEPA-Mandat exis-tiert; dieser Nachweis muss auf Anforderung der Bank bereitgestellt werden.

Weiterhin sind in den Transaktionsdateien Informationen zum Mandat und zu den Änderungen daran mitzuführen - und zwar im XML-Format. Nicht zuletzt müssen die Nutzung eines Mandats und die Historie der Mandate aufgezeichnet werden, um im Rahmen von Rückgabefristen auskunftsfähig zu sein. Vor allem Versionspflege und Historisierung der Mandate machen es in der Regel unmöglich, die Mandatsverwaltung direkt in eine bestehende Stammdatenverwaltung zu integrieren. Zusätzliche Herausforderungen schaffen die Themen "abweichende Zahler" und "Rahmenmandate" sowie die Speicherung von in Zukunft gültigen Mandatsversionen.

Greifen unterschiedliche Systeme auf die Daten der Mandatsverwaltung zu, so bietet es sich an, die Mandatsverwaltung als zentrale Drehscheibe aufzusetzen, um Mandatsdaten für unterschiedliche Anforderungen jederzeit verfügbar zu halten. Eine andere Variante ergibt sich aus der Tatsache, dass ein Teil der Mandatsdatensätze Kundenstammdaten sind, die bereits vorgehalten werden: neben Kundennamen die Adress- und Kontoverbindungsdaten. Es empfiehlt sich, die Mandatsverwaltung an die Stammdatenverwaltung anzuhängen.

Am leichtesten tun sich Unternehmen mit der Integration der Mandatsverwaltung, wenn ein "Kundenkartensystem" besteht, das auch mit historischen Daten arbeitet. Hier ist es vergleichsweise einfach, die SEPA-Pflichtfelder zu ergänzen.

Bei homogener Infrastruktur und einem Standard-ERP-System ist der einfachste Weg, auf die angebotene integrierte Mandatsverwaltung zu setzen. Alternativ dazu gibt es Standardpakete zur Mandatsverwaltung von Spezialanbietern auf dem Markt.

3. Implementierung der XML-Formate für die Transaktionen

Lieferung und Empfang von Transaktionsdaten bei der Hausbank haben ab dem Stichtag 1. Februar 2014 gemäß ISO 20022 weitestgehend in standardisierten XML-Formaten zu erfolgen. Der Wechsel auf XML umfasst in erster Linie Änderungen auf der Formatebene. Teilweise ist aber auch der Inhalt betroffen - und zwar deshalb, weil vor allem beim Lastschriftverfahren mehr Inhaltsdaten mitgeliefert werden müssen. Das bedeutet, dass die Unternehmen weitere Systeme als Zuliefersystem für die XML-Generierung heranziehen müssen.

Im neuen XML-Format stehen deutlich weniger Zeichen für den "Verwendungszweck" zur Verfügung. Wo dieses Feld intensiv zur Übermittlung von abrechnungsbezogenen Informationen an den Kunden genutzt wurde, sind eventuell Informationsprozesse umzustellen.

Im Gegenzug liefern die eingehenden Transaktionsdateien deutlich mehr Inhalt, beispielsweise detaillierte Rückgabegründe bei Lastschriften. Das ist für die automatisierte Verarbeitung von Rückläufern sehr vorteilhaft. Allerdings müssen die betreffenden Systeme angepasst werden, damit diese Prozesse automatisiert ablaufen.

Lassen sich XML-Konvertierung und Rückkonvertierung nicht kurzfristig umsetzen, können Konverter-Module vom Markt helfen. Sie setzen alte Datenformate in SEPA-Transaktionsformate um und übernehmen auch die Rückkonvertierung.

4. Integration der Kundenkommunikation in Geschäftsprozesse

Die neuen SEPA-Zahlungsarten bedingen erweiterte Pflichten zur Kundeninformation. Das ist in erster Linie die ständige Verpflichtung der "Pre-Notifikation" zu jedem Lastschrifteinzug und die einmalige Verpflichtung zur Information über die SEPA-Umstellung. Zudem sind neue dokumentenzentrische Prozesse aufzubauen, die den gesamten ECM-Zyklus betreffen.

Weitere Schwerpunkte sind auch die Migration und Digitalisierung der bestehenden Einzugsermächtigungen, das Pre-Notification-Processing und der Prozess der Mandatsneuanfrage mit Bitte um Unterschrift durch den Kunden.

Alternativ zu einer eigenen On-Premise-Lösung können Unternehmen "SEPA-as-a Service"-Lösungen nutzen. Die elektronische Mandatsverwaltung und die XML- Konvertierung werden dabei extern betrieben und als Service zur Verfügung gestellt. So können Unternehmen ihr internes SEPA-Projekt vorantreiben, ohne selbst die IT-Infrastruktur für die SEPA-Module bereitstellen zu müssen. (qua)