Selektives Wachstum

28.04.1978

Auch den Service-Rechenzentren stehen gute Zeiten ins Haus - allerdings wird die künftige Expansion hier eher selektiv sein. Während der nächsten fünf Jahre dürfte hier so etwas wie ein Rollenwechsel zwischen den zwei wichtigsten Servicekategorien - Timesharing und Remote-Job-Entry - stattfinden. Schon 1980 werden die Einnahmen aus dem Remote-Job-Entry-Geschäft mehr als 50% der Gesamteinnahmen betragen. Dies ist darauf zurückzuführen, daß Systeme für Stapelferneingabe wie POS-Terminals etc. in allen Bereichen einen wachsenden Marktanteil erobern.

Der Erfolg der kleinen preisgünstigen Bürocomputer, der Siegeszug der intelligenten Terminals, der Mini- und Mikrocomputer - all das hat in vielen Unternehmen bereits einen Umdenkungsprozeß in Gang gesetzt.

Gerade aufgrund der technologischen Entwicklung der letzten Jahre könnten immer mehr Unternehmen versucht sein, mit Hilfe von kleinen dezentralen Computersystemen oder sogar mit programmierbaren Terminals ihr "hauseigenes" Servicerechenzentrum aufzubauen. Diese Entwicklung ist sehr wahrscheinlich - für das externe Service-Geschäft wird das nicht ohne Folgen bleiben.

Entgegengesetzt zu diesem Trend steht der Markteintritt vieler kleiner Benutzer ohne genügend eigene Kapazität für die Software-Entwicklung. Für ihre kleineren Systeme wie etwa IBM System/1 oder System 32, Burroughs B80 oder Univac BC/7 brauchen diese Benutzer Standardsoftware wie auch spezielle, auf ihre individuellen Aufgaben zugeschnittene Programme, die sie auf keinen Fall selbst entwickeln können.

Honeywell zum Beispiel ist verstärkt darum bemüht, sein System Level 6 den wachsenden Anforderungen aus Applikationsbereichen wie Textverarbeitung und Managementinformation anzupassen.

Bei vielen Benutzern im unteren Leistungsbereich besteht heute ein wachsender Bedarf nach maßgeschneiderter Anwendungssoftware - ein Bedarf, dem das Angebot der großen Hersteller einfach noch nicht gerecht wird.

Erweitertes Angebot

Die Grenze zwischen Verkäufern von DV-Dienstleistungen und den eigentlichen Herstellern von Computersystemen verwischt sich immer mehr. Die Control Data Corporation bietet das beste Beispiel für das erweiterte Servicespektrum auch der Hardware-hersteller. CDC und Xerox Data Systems gehörten auch zu den ersten Herstellern, die mit der weitverbreiteten Praxis ein Ende gemacht haben, die Softwareentwicklungskosten einfach über erhöhte Hardwarepreise wieder hereinzuholen .

Auch die Produktstrategie der IBM macht deutlich, daß man auch hier die Bedeutung des Softwaremarktes inzwischen richtig eingeschätzt hat der Softwareanteil am Gesamtumsatz dieses Herstellers wird in den nächsten Jahren weiter zunehmen. Für den Zeitraum bis 1980 ist für alle größeren von IBM unterstützten Betriebssysteme wie SVS, MUS und VM mit einer separaten Preisgestaltung zu rechnen.

Zu den expansivsten Softwarebereichen mit einem geschätzten jährlichen Umsatzplus von mehr als 25°/o gehören Datenbankmanagementsysteme und Anwendungssoftware für spezielle Aufgaben. Auf diese Kategorie en(...) fallen schon heute 50 Prozent des gesamten Softwareumsatzes Total, Help etc, IMS, CICS; GIS, RACF (Datensicherung) und andere sind solche Softwarepakete.

Herstellerperspektiven

Gelten nun die hier prognostizierten günstigen Zukunftsperspektiven der Gesamtbranche auch für die einzelnen Anbieter der DV-Branche? Werden sich die "Kleineren gegen den Marktriesen IBM behaupten können? Die Antwort ist nein.

Es wird manchmal behauptet, daß IBMs weltweiter Marktanteil schneller sinkt, als dies angesichts des Booms bei Minis und dezentralen Computernetzwerken eigentlich zu erwarten wäre. Wenn dies zutreffen sollte, so wären von diesem Rückgang noch mehr als IBM all die anderen Hersteller betroffen, die ja gerade bei der Preisgestaltung ihrer Produkte an IBM orientiert sind. Es wird interessant sein zu erfahren, welche Schlüsse das US Justice Department aus dieser Situation ziehen wird.

Charles P. Lecht ist Gründer und Vorsitzender der Advanced Computer Techniques Corporation (ACT).

Übersetzung: Reinhold Falkner