E-Recruiting/Mitarbeiter und Führungskräfte erledigen administrative Aufgaben per Knopfdruck

Selbstbedienung spart Zeit und Geld

14.11.2003
Administrativer Self-Service der Mitarbeiter entlastet die Personalabteilung von Routinearbeiten, verbessert die Organisation der Prozesse und rechnet sich auch finanziell. Voraussetzung sind eine geeignete IT-Umgebung und die prozessorientierte Gestaltung der Arbeitsabläufe.Von Kerstin Nose-Reichert*

Ob im Supermarkt, beim Tanken, in der Bank, beim Visitenkartendruck oder an der Schwimmbadkasse, Selbstbedienung ist so populär wie nie zuvor. Jetzt macht sich der Do-it-yourself-Gedanke auch in Unternehmen breit und erobert nach Parkhaus und Kantine die Personalabteilung: Human-Resources-Management- oder HR-Self-Service-Systeme übertragen alle Vorzüge "klassischer" Selbstbedienungssysteme in eine neue Umgebung. Die Gründe, warum sich Firmen diesen Gefilden zuwenden, ähneln denen der Einzelhandelsketten in den 60er Jahren: Gutes Personal kostet Geld, und daher soll es seine Zeit nicht mit Routinetätigkeiten vergeuden, die man anderweitig einfacher und schneller erledigen kann.

Die Selbstbedienung sehen Firmen zudem als Schlüssel zu einer stärkeren Identifikation des Leistungsnehmers mit dem gebotenen Service. In Unternehmen, so die Erfahrung, steigt die Zufriedenheit der Mitarbeiter, wenn sie in Prozesse stärker eingebunden werden, die sie selbst auslösen, verfolgen und kontrollieren können. Viele rein administrative Aufgaben der Personalabteilung lassen sich automatisieren und direkt an die Mitarbeiter delegieren, die diese Aufgaben ausgelöst haben, ohne dass ein Vermittler der Personalabteilung aktiv werden müsste. Ob es sich nun um Reisekostenabrechnungen, die Bearbeitung von Urlaubsanträgen oder Mitarbeiterbeurteilungen handelt - das Anwendungsspektrum von HR Self Service wächst in seiner Vielfalt zusehends. Beschäftigte werden mit Dienstleistungen nicht mehr "bedient", sondern wirken selbst aktiv daran mit.

Online-Verwaltung der Skills

Zufriedenheit der Mitarbeiter steigern, Kosten senken, Prozesse effizienter gestalten, die Datenqualität im Personalbereich verbessern - dafür ist eine ganze Reihe von Voraussetzungen zu schaffen, und zwar auf organisatorisch-praktischer Ebene wie auch in der IT-Infrastruktur. Formal ist in Deutschland zu beachten, dass die Personalvertretungen bei der Einführung von Self-Service in der Regel einzubeziehen sind.

Unterschieden werden Self-Service-Funktionen für Manager und für Mitarbeiter. Dabei haben Erstere zum einen Zugriff auf alle Features, die auch jedem Mitarbeiter zur Verfügung stehen. Zum anderen nutzen Führungskräfte die Software, um ihre Arbeit zu unterstützen. Beim Einloggen erhält der Manager eine Arbeitsliste, die ihn an alles Wichtige erinnert, zum Beispiel auch an die Geburtstage der Mitarbeiter. Geht es an diesem Tag etwa um Gehaltserhöhungen, kann der Manager den gesamten Prozess online anstoßen und automatisiert weiterleiten - im Falle einer Genehmigung bis hin zur Lohnbuchhaltung und -abrechnung. Bei Personalverantwortung für 20 oder 30 Mitarbeiter hat er früher hingegen tagelang nur Briefe und Hausmitteilungen für die Gehaltsrunde geschrieben.

Ein weiteres Beispiel ist die Verwaltung der Mitarbeiter-Skills. Wer welche Fortbildung gemacht hat, ist auf einen Blick zu erkennen und kann mit den Sollanforderungen für den jeweiligen Arbeitsplatz abgeglichen - abteilungsweit oder -übergreifend sogar grafisch darstellbar - und auch vom Mitarbeiter zu jeder Zeit eingesehen werden. Das Wissen der Firma ist stärker präsent, Ausbildungsanforderungen werden sichtbar. Zum Beispiel ist abzulesen, wer in der letzten Zeit Englisch- und Französischkurse belegt hat und somit für ein Projekt in Frankreich prädestiniert ist. Der Manager kann die Personal-, Gehalts- und Schulungshistorie für jeden seiner Mitarbeiter einsehen, mit individueller Berechtigung direkt darauf zugreifen und etwa Seminaranträge spontan zum Abschluss bringen. Je nach Auslegung der Software tauscht er sich dabei mit Kollegen aus oder greift auf hinterlegte Unternehmensrichtlinien zu. Kritischer Erfolgsfaktor ist jedoch der Workflow-Prozess, der hinter der Software liegt.

Das trifft in gleicher Weise für alle Aspekte des Mitarbeiter-Self-Service zu. Für die Spesenabrechnung musste man früher einen Zettel ausfüllen, heute gibt man die Daten in die Bildschirmmaske ein. So weit läuft der Prozess gleich. Der Unterschied liegt darin, dass das elektronische System die Angaben bereits bei der Eingabe auf ihre Plausibilität hin überprüft und damit die Fehlerquote sinkt. Minuten später bekommt sie der Vorgesetzte zur Genehmigung, danach werden sie automatisch an die zuständige Fachabteilung zur Abrechnung geschickt - je nachdem, wie der Workflow gestaltet ist.

Im HR-Self-Service-System kann der Mitarbeiter verfolgen, wo seine Abrechnung hängen geblieben ist. Ist der Vorgesetzte verpflichtet, die Abrechnung binnen zwei Tagen zu bearbeiten, sieht der Mitarbeiter, ob das erledigt ist. Der Prozess ist transparent, und die Spesen werden schneller erstattet. Dazu kommt die verbesserte Datenqualität, die dadurch entsteht, dass der Mitarbeiter bei Fortbildungs-, Reise- oder Urlaubsanträgen das gesamte Datenmaterial selbst eingibt.

Durch Self-Service-Systeme hat jeder seine eigenen Angelegenheiten besser im Griff und kann Prozesse aktiv kontrollieren, bei denen er früher mehr oder weniger vom Arbeitstempo und guten Willen der (HR-)Kollegen abhängig war. Der Schulungsaufwand für die Nutzung der Self-Service-Komponenten ist gering, wenn die Oberflächen selbst erklärend und die Mitarbeiter sicher im Umgang mit dem Internet sind.

Fachleute gehen davon aus, dass sich professionelle Self-Service-Systeme im Personalbereich erst ab einer Unternehmensgröße von 500 oder 1000 Mitarbeiter aufwärts lohnen, da die Einstiegskosten relativ hoch sind. Dennoch sollten diese Investitionen nicht auf die lange Bank geschoben werden. Untersuchungen der amerikanischen Unternehmensberatung Cedar bestätigen, dass HR-Self-Service ein wichtiges Element für effektives Personal-Management ist, das auch die Unternehmensstrategie beeinflusst.

Untersuchungen von Cedar zeigen, dass Unternehmen ihre Transaktionskosten fast um die Hälfte reduzieren und sich die Selbstbedienungssysteme innerhalb von drei Jahren rentieren können. Dell Computer beispielsweise hat im ersten Jahr nach Installation eines web-basierenden Self-Service-Systems 2,5 Millionen Dollar eingespart. ABB Lummus Global Inc. in Houston, Texas, hat mit einer Oracle-Anwendung für die Reisekosten-Abrechnung so gute Erfahrungen gemacht, dass nun auch die Tochterfirma in Deutschland die Software einführen wird. Die Kosten der HR-Administration lassen sich nach derzeitigem Kenntnisstand durch Self-Service-Module um durchschnittlich 30 bis 50 Prozent senken.

Da es sich bei HR Self Service, ähnlich wie bei Customer-Relationship- oder Supply-Chain-Management, um Ansätze handelt, die stark mit der kommerziellen Softwarelandschaft der Unternehmen verbunden sind, werden Lösungen derzeit überwiegend auch von Anbietern entsprechender IT-Lösungen und Beratungsleistungen offeriert. Wesentliche technische Grundlage und kritischer Erfolgsfaktor ist ein IT-basierender Workflow. Die Branche kennt bereits einige HR-Self-Service-Projekte, die gescheitert sind, weil zu komplexe oder einfach ungeeignete Technik eingesetzt worden ist oder aber Mitarbeiter für deren Nutzung nicht ausreichend qualifiziert waren.

Die erfolgreiche Einführung hängt von der adäquaten Abbildung der HR-Prozesse samt Workflow in der IT ab. Der Workflow überwacht, kontrolliert und automatisiert den Ablauf eines Vorganges, der früher manuell abgewickelt wurde. Beispiel: Ein Mitarbeiter will Urlaub beantragen und gibt sein Anliegen ins System ein. Über den Workflow wird zunächst geprüft, ob ein Urlaubsanspruch besteht, anschließend wird der Antrag automatisch zur Genehmigung an den Vorgesetzten geleitet. Darauf erfolgt eine Meldung an die Personalabteilung und die automatische Verrechnung mit dem Urlaubskonto. Das System informiert auch den Mitarbeiter, ob sein Antrag genehmigt wurde.

Die Zukunft sieht noch deutlich mehr Dienstleistungen für die Mitarbeiter vor. Die Entlastung der Personalabteilung von Routinearbeiten soll Freiräume für deren strategische Ausrichtung im Unternehmen schaffen. Manche Firmen bieten ihren Mitarbeitern zentral verschiedene Informationen wie Veranstaltungshinweise an, die sie sich sonst mit deutlich höherem Zeitaufwand selbst im Internet zusammensuchen müssten. Zudem locken Firmen auch mit professionellen Softwareangeboten. Bei Oracle Großbritannien können die Mitarbeiter selbst festlegen, wie ihr Gehalt verwendet werden soll. Im Falle einer Gehaltserhöhung bietet der Arbeitgeber an, einen Anteil davon automatisch in eine Lebensversicherung fließen zu lassen, den anderen vielleicht in einen größeren Dienstwagen. Die Gehaltserhöhung und das Gehalt selbst werden mit Hilfe des Arbeitgebers variabel aufgeteilt. Gemessen an diesen Dienstleistungen haben wir in Deutschland in puncto Self-Service noch ein großes Entwicklungspotenzial. (am)

*Kerstin Nose-Reichert ist Systemberaterin bei Oracle Deutschland.

Angeklickt

Von Urlaubsantrag und Reisekostenabrechnung über Mitarbeiterbeurteilung bis hin zur Gehaltserhöhung - das Anwendungsspektrum von Self-Service-Funktionen im Human-Resource-Bereich wächst in seiner Vielfalt zusehends. Mitarbeiter wie Führungskräfte werden mit Dienstleistungen nicht mehr "bedient", sondern wirken selbst aktiv daran mit. Unternehmen können dadurch Kosten sparen, wenn sie auf organisatorischer und informationstechnischer Ebene die richtigen Voraussetzungen schaffen.