Österreicher müssen noch viel aufholen, aber:

Selbstbedienung faßt im Bankbereich Fuß

19.10.1984

WIEN (apa) - Die Selbstbedienung hat heutzutage eine starke Ausweitung erfahren. So werden Zigaretten, Fahrkarten und vieles andere mehr zu einem großen Teil über Automaten verkauft. Anders hingegen ist es bei der Selbstbedienung im Bankwesen, die sich, wie der Generaldirektor-Stellvertreter der Ersten Österreichischen Sparkasse Dr. Konrad Fuchs im Rahmen einer Pressekonferenz feststellte, erst in der Anfangsphase befindet.

Speziell Österreich ist hier - stellt man einen internationalen Vergleich an - im Rückstand. Wird die Selbstbedienung als zusätzliche Angebotsform im Ausland bereits seit zehn Jahren angewendet, so gibt es in Österreich erst seit vier Jahren die Möglichkeit, Abbuchungen, Überweisungen, oder Abfragen selbst durchzuführen. Wer allerdings glaubt, daß in naher Zukunft alles nur noch über Automaten abgewickelt wird, der irrt. Fuchs: "Bei beratungsintensiven Leistungen wie Kredit- oder Anlagengeschäften wird es wohl für den Bankmitarbeiter nie einen Ersatz geben." Bei den Bankgeschäften, die bereits einen Routinecharakter haben, werde hinsichtlich der Abwicklung eine Gewichtsverlagerung stattfinden. Obwohl die herkömmliche Bedienung an den Kassen aufrechterhalten wird, tritt daneben die Form der Selbstbedienung immer starker in Erscheinung.

Die wesentlichsten Entwicklungen im Bereich der Selbstbedienung:

- Bankomat: Mit der allseits bereits bekannten Bankomatkarte ist es erstmals in Europa gelungen, alle Finanzinstitute zusammenzubringen. Das Bankomatsystem wird in Österreich heute praktisch vom gesamten Kreditapparat getragen. Die Vorteile dieses Systems liegen vor allem in der zeitlichen Freiheit. So kann der Automat 24 Stunden und sieben Tage in der Woche durchgehend benutzt werden (etwa 64 Prozent aller Transaktionen finden außerhalb der Kassenöffnungszeiten statt). Ferner gibt es auch örtlich keine Probleme. Egal mit welcher Bankomatkarte, bei jedem beliebigen Bankinstitut kann eine problemlose Geldbeschaffung vorgenommen werden.

Bankomatsystem bewährt sich

Waren vor einigen Jahren mehr als 1,5 Millionen Scheckkarten im Umlauf, so benützt bereits ein Drittel der Scheckkartenbesitzer das Bankomatsystem. Österreichweit sind derzeit 433 600 bankomatfähige Plastikkarten im Umlauf. Im August 1984 gab es 171 Systeme, davon knapp die Hälfte in Wien. Durchschnittlich erfolgen monatlich 4500 Abbuchungen pro Gerät. Der Spitzenwert eines Bankomaten im 1. Wiener Gemeindebezirk beträgt sogar rund 15 000 Abhebungen pro Monat. Insgesamt wurden im Monat August 750 000 Abhebungen; (Transaktionen im Wert von 1,3 Millionen Schilling) über das System erteilt.

- Cash-Info-System: Dieses Geldinformationssystem ist gerade in Entwicklung. Es soll Ende dieses Jahres beziehungsweise Anfang 1985 großen österreichischen Unternehmen die Gelegenheit geben, im Selbstbedienungssystem in ihre Konten Einsicht zu nehmen.

- POS-(Point-of-Sale)-System: Hier bezahlt der Kunde an der Kasse mittels Bankkarte (Eurocheque-Karte), deren Magnetstreifen gelesen wird. Die persönliche Geheimzahl läßt sich über Tastatur eingeben. Nach einer Reihe von Überprüfungen akzeptiert die Registrierkasse die Zahlung, die Abbuchung erfolgt kurz darauf vom Konto des Kunden. 1985 startet in Österreich voraussichtlich der Pilotbetrieb. Das POS-System, das ähnlich einer Scheckzahlung ist, wird in England, Frankreich, Holland und Finnland bereits betrieben. Es ist vor allem für Tankstellen, Supermärkte, Kaufhäuser und andere Einzelhandelsunternehmen von Interesse.

Als erstes Institut hat "Die Erste" innerhalb der Filiale als Ergänzung einen Geldausgabeautomaten zum Einsatz gebracht. Derzeit sind 41 In-Door-Geldausgabeautomaten im Einsatz. Der Kunde kann, genauso wie bei der Online-Lösung Geld abheben und ferner auch den Kontostand seines Girokontos erfahren. Derzeit sind 125 000 Kundenkarten im Umlauf, mit denen man Geldbeschaffungen in der Filiale über Automaten durchführen kann. Fuchs schätzt, daß bis Ende dieses Jahres mehr als eine Million Schilling auf diese Weise abgebucht und etwa 800 000 Kontoabfragen durchgeführt werden. Die Gründe für die Inanspruchnahme eines derartigen Systems liegen in der Schnelligkeit, der hohen Vertraulichkeit, dem Zusatzinformationsnutzen und im Kostenvorteil, da Scheckvordrucke entfallen. Ferner ist es mit der Karte auch möglich, an die Kasse zu gehen und dort seine Wünsche vorzutragen. Bei dieser Vorgehensweise liegt der Nutzen darin, daß man sich ein Ausstellen des Schecks erspart.

- Bildschirm-Service (BSS): Diese unter anderem informationsorientierte Selbstbedienung, der Bildschirm-Service, wird derzeit in sechs Filialen der "Ersten" in Wien gehandhabt. Ein Bildschirmterminal gestattet dabei einen vollen Zugang zum Bildschirmtextangebot sowie eine Kontostandabfragung.

- Home-Banking: Seit einigen Wochen ist auch der Bildschirmtext-Service beziehungsweise Home-Banking-Service im Angebot. Dabei können wichtige Geldtransaktionen zu Hause mit dem Telefon und dem Fernseher erledigt werden. Home-Banking soll in den nächsten fünf bis zehn Jahren an Bedeutung gewinnen.