Nach Erhebungen der ZAV steigen die Anforderungen, aber:

Selbst 08/15-Programmierer haben gute Chancen

16.01.1987

FRANKFURT (CW) - Ein starker Bedarf an qualifizierten DV-Fachleuten war nach einer Stellenauswertung der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung der Bundesanstalt für Arbeit (ZAV), Frankfurt, auch für das vierte Quartal 1986 kennzeichnend. Doch die Anforderungen sind hoch: Akademiker haben bei dem Positionsgerangel gegenüber Praktikern meist die Nase vorn, weiß ZAV-Mitarbeiter Hans D. Gottesleben.

Von den insgesamt erfaßten Stellenanzeigen für DV-Fachkräfte waren ein Viertel als Führungspositionen ausgewiesen. Mit 30 Prozent aller vakanten Positionen nahmen Systemanalytiker, Systemprogrammierer und sonstige Systemspezialisten nach wie vor eine Spitzenstellung ein, gefolgt mit zirka 20 vom Hundert von Organisationsprogrammierern und - den längst als entbehrlich angesehenen - "Nullachtfünfzehn"-Programmierern.

Bei diesen Positionen akzeptierten die Arbeitgeber auch Bewerberinnen, während es in der Führungsriege nur bei den Projektleitern "auch mal eine Bewerberin" sein durfte. Von allen ausgewerteten Stellenanzeigen ergab sich in der Erhebung für die gewünschten Qualifikationen folgendes Bild: Ein Studium setzten die suchenden Unternehmen bei 38 Prozent aller Positionen voraus; bei der Mehrzahl wurde ein Studium zwar als wünschenswert angegeben, aber nicht zur Bedingung gemacht. Die Erfahrung der ZAV zeigt jedoch, daß bei annähernd gleicher Qualifikation ein Bewerber mit abgeschlossenem Studium gegenüber einem Praktiker bevorzugt eingestellt wird. Geforderte Qualifikation, auf Führungspositionen bezogen betrachtet, ergab ein ähnliches Bild: 31 Prozent zu 69 vom Hundert hatten mit einem Hochschulabschluß aufzuwarten.

Da Systemspezialisten umworben waren wie selten zuvor, werden für diesen Personenkreis teilweise Gehälter gezahlt, die noch über denen eines DV-Leiters liegen. Die Systemspezialisten haben überwiegend Kenntnisse in DOS/VSE, VM, MVS, CICS, VTMA und VSAM sowie einen Studienabschluß mitzubringen. Die Auswertung der Stellenanzeigen ergab, daß, über alle Positionen verteilt, die Unternehmen zu 80 Prozent Offerten direkt schalteten.

Bei der Suche nach Führungskräften zeigte sich ein anderes Bild. Hier wurden rund zur Hälfte Personalberater oder Anzeigendienste eingeschaltet, wobei sich diesen Markt nach den Beobachtungen etwa 25 Berater teilten. Ein Viertel aller Führungspositionen entfielen auf Ausschreibungen wie Leiter Org./DV oder DV-Leiter, während die übrigen sich auf Informationsmanager, Leiter Anwendungsentwicklung, Leiter Programmierung, Leiter RZ und Leiter Systemtechnik bezogen.

Daß die Software- und EDV-Beratungsunternehmen mit 28 vom Hundert aller ausgewerteten Stellenanzeigen Branchenführer waren, komme nicht von ungefähr, schlußfolgert ZAV-Mitarbeiter Hans Gottesleben, hatten sie doch in den letzten Jahren Zuwachsraten von jährlich teilweise über 30 Prozent zu verzeichnen. Auch für das Jahr 1987 wird bei ihnen mit einer Umsatzsteigerung von zirka 20 Prozentpunkten gerechnet. Gesucht wurden von der Consultant-Branche überwiegend Systemanalytiker, Organisationsprogrammierer, DV-Berater schwerpunktmäßig für den Banken- und Versicherungsbereich, Datenbankspezialisten und Systemberater.

Eine Aufschlüsselung nach Regionen zeigte ein eindeutiges Übergewicht des Rhein-Main-Gebietes mit 30,6 Prozent, gefolgt vom Raum Köln/Düsseldorf mit 10,2 vom Hundert, dem Raum Stuttgart und dem gesamten norddeutschen Raum mit jeweils sieben Prozentpunkten.

Überraschenderweise betrafen den Münchener Raum nur 2,5 Prozent aller Angebote, wobei die vakanten Positionen der Siemens AG, die ständig einen breiten Raum in den Anzeigenteilen der Presse einnehmen, so die Auswertung, nicht quantifizierbar sind. Regional nicht näher bezeichnet waren 17,5 Prozent aller Stellenanzeigen, wobei diese in erster Linie von Personalberatern geschaltet wurden. Auffallend war, daß es sich bei den ausgeschriebenen Stellenanzeigen aus dem Rhein-Main-Gebiet zu etwa 40 vom Hundert um Softwarehäuser und EDV-Beratungsfirmen handelte.

Die technisch orientierte Datenverarbeitung gewinnt zunehmend an Bedeutung. Annähernd ein Viertel aller Stellenanzeigen betraf diesen Bereich. Gesucht wurden überwiegend Ingenieure der Elektrotechnik, des Maschinenbaus, der Fertigungstechnik und der als gleichwertig anzusehende Informatiker. Einsatzgebiete sind die Systemanalyse, Software-Entwicklung, Prozeßdatenverarbeitung, grafische Datenverarbeitung, Kommunikationstechnik (Datenfernverarbeitung, Netzwerkarchitekturen) und Datenbankdesign.

Für die Entwicklung von Expertensystemen werden zunehmend Diplom-Ingenieure und Informatiker mit entsprechender Erfahrung im KI-Bereich und Kenntnissen der Programmiersprachen Pascal, Lisp und Prolog gesucht.

Bei nahezu allen ausgeschriebenen Stellenangeboten wurden gute englische Sprachkenntnisse, Bereitschaft zur Teamarbeit, Kreativität und mehrjährige Berufserfahrung erwartet. Offerten, die sich speziell an Berufsanfänger richteten, waren bis auf wenige Ausnahmen (unter anderem Siemens und einige weitere Großunternehmen) nicht zu verzeichnen.

Obwohl ein Mangel an ausgebildeten CAD-Fachleuten besteht, hielten sich die Suchanzeigen noch in Grenzen. Dies mag wohl mittlerweile mit einer gewissen Resignation seitens der Unternehmen zusammenhängen: Vakante Positionen konnten nur durch wiederholtes Inserieren, wenn überhaupt, besetzt werden.

Branchen auf DV-Personalsuche im 4. Quartal 1986

(in Prozent)

Software-Unternehmen 28,0

Elektrotechnik, Feinmechanik 11,0

Chem./Pharmazeutische Industrie 10,6

Banken, Versicherungen 8,5

Handel 6,0

Maschinen- und Anlagenbau 5,3

EDV-Hersteller 4,9

Energiewirtschaft 3,7

Sonstige 22,0

Mit Zuwachsraten von bis zu 30 Prozent grasen die Software- und DV-Beratungshäuser am eifrigsten den Personalmarkt nach DV-Spezialisten ab.

Spruch der Woche

Der Mikro-Pionier Apple setzt nach eigenen Angaben einen Cray-Supercomputer ein, um seinen nächsten PC zu entwickeln. Darauf angesprochen, soll Seymour Cray trocken bemerkt haben: "Das ist lustig. Ich benutze einen Apple für das Cray-Design."