Neue Bildschirme und Mikros für das Personal Computing am Arbeitsplatz:

SEL konzentriert sich auf Bürokommunikation

21.09.1984

STUTTGART (rs) - Zu einem "Gesamtanbieter für Bürokommunikation" will sich die Stuttgarter ITT-Tochter SEL entwickeln. Dies sei, wie Vorstandsmitglied Hermann Chlupka einräumt, "ein hoher Anspruch". Doch Chlupka ist optimistisch: SEL gehöre mit zu den 50 größten Industrieunternehmen der Bundesrepublik und stehe immerhin auf Platz 6 in der Rangfolge der deutschen Elektroindustrie. Um das selbstgesteckte Ziel zu erreichen, geht SEL letzt auch Kooperationen ein, oder beteiligt sich an kleineren Computer-Unternehmen. Beispiele dafür aus jüngster Zeit: das US-Softwarehaus Online sowie die deutschen DV-Firmen ADV/Orga und CTM (siehe auch Seite 1: "SEL kooperiert quer durch DV-Markt").

Als Schlüsselfaktor in der Datenverarbeitung hat SEL die Software ausgemacht. Die heute in Rechenzentren installierten Programme repräsentierten nach Ansicht von Ernst E. Wellhöner, Leiter des Geschäftsbereiches Informationssysteme und Software, einen Investitionswert, der um den Faktor 15 über dem Wert der installierten Hardware liege. Weiter meint Wellhöner, daß ein Benutzer heute im Durchschnitt 4,6 Jahre auf die Realisierung seiner Anwendung warten müsse.

Da obendrein der Erhaltungsaufwand für Programme deutlich über den Erstellungskosten liege, müsse man sich verstärkt um "Productivity Tools" kümmern. Darunter versteht Wellhöner Werkzeuge, die es dem Anwender ermöglichen, seine Anforderungen systemgerecht zu formulieren.

Um hier zukünftigen Marktbedürfnissen gerecht werden zu können, vereinbarte SEL eine Kooperation mit der Online Software International Inc. (OSI), Fort Lee/New Jersey. Zu den von den Schwaben ab 1985 angebotenen OSI-Produkten gehören beispielsweise die in CICS- und IMS-Umgebung arbeitenden Software-Entwicklungswerkzeuge Intertest und Datavantage wie auch die Pakete Omnilink und Omnimikro zur Unterstützung der Mikro-Mainframe-Kommunikation.

Eine neue Familie 3270-kompatibler Bildschirmterminals konnte Theo Wichers, Leiter des Produktbereiches Datensysteme, präsentieren. Damit beantwortete das Unternehmen auch gleich die selbstgestellte Frage, ob nicht vielmehr der Mikrocomputer die beste Datenstation sei, die es je gab. Dieser Meinung ist man in Stuttgart durchaus nicht.

Die nichtprogrammierbaren Bildschirme hält Wichers für eine der bedeutendsten Produktgattungen der Datenkommunikationssysteme.

Seinen Marktanteil bei 3270 kompatiblen Bildschirmen schätzt das Unternehmen auf 15 bis 20 Prozent. Um das zu halten, entwickelte SEL die neue Bildschirmfamilie 9000, die die Serie 3280 ersetzen soll. Kern der neuen Steuereinheiten ist jetzt der Motorola-Prozessor 68000. Die Software erstellte ITT in der Hochsprache "C". Damit sei, so Wichers, eine für Erweiterungen offene Systemarchitektur erreicht.

Der Bildschirm 9230 arbeitet mit einer einfarbigen 15-Zoll-Röhre und kann SEL zufolge vier Bildschirmformate von 1920 bis 3564 Zeichen darstellen. Das Gerät verfügt über einen Datenwiederholungsspeicher für häufig wiederkehrende Zeichenfolgen, die Punktion "Auto-Logoff", mit der der Bildschirm automatisch vom Anwenderprogramm abgemeldet wird.

Für den Anschluß von Mikrocomputern an die Bildschirmsteuereinheit will SEL zwei eigene Kommunikationskarten anbieten. Die Grundfunktion dieser Karten, mit denen auch der File-Transfer zwischen Mikro und Host ermöglicht werden soll, ist die 3278-Emulation. Ein Mikrocomputer soll so als multifunktionaler Arbeitsplatz eingesetzt werden.

Im Bereich der Mikrocomputer will SEL mittlerweile mit seinem 3030 einen Marktanteil von sieben Prozent erreicht haben. Mit dem neuen "XTRA" bringen die Stuttgarter jetzt einen Konkurrenten zum IBM-Modell XT. Der unter dem Betriebssystem ITT-DOS 2.11, einer MS-DOS kompatiblen Software, arbeitende Rechner basiert auf dem Intel-Prozessor 8080, ist mit maximal 640-KB-Haupt- sowie 10-MB-Plattenspeicher ausgestattet und läßt sich mit dem Arithmetikprozessor 8087 nachrüsten. Die Konfiguration mit einem Floppylaufwerk sowie 10 MB-Platte kostet einschließlich der Anwendungspakete Word und Mutliplan rund 17 000 Mark.