Der Streit um die Kontischicht geht weiter

SEL darf zunächst an den Wochenenden weiterarbeiten

17.11.1989

STUTTGART (ih) - Im Streit um die Wochenendarbeit in der Glasfaser-Produktion der SEL ist der Betriebsrat erneut vor Gericht unterlegen. Das Unternehmen darf auch weiterhin rund um die Uhr im Probebetrieb Glasfasern produzieren. Gleichzeitig bezweifelt das Gericht jedoch, ob die Notwendigkeit der Wochenendarbeit durch den Probebetrieb überhaupt nachgewiesen werden kann.

Das Stuttgarter Landesarbeitsgericht wies einen Antrag des SEI--Betriebsrats auf einstweilige Verfügung, mit der der Probebetrieb in der kontinuierlichen Schicht (Konti-Schicht) unterbunden werden sollte, als unbegründet zurück. Doch nicht nur der Betriebsrat mußte eine erneute Schlappe einstecken, auch die Unternehmensführung von SEL kann sich auf weitere Querelen einstellen. Im Hauptsacheverfahren stellte nämlich der Vorsitzende Richter der 8. Kammer, Wolfgang Linsenmaier die Unwirksamkeit des Spruchs der SEL-Einigungsstelle zum Probebetrieb in der Kontischicht fest.

Das Gericht, das bereits im September einen Antrag des SEL-Betriebsrats auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung abgewiesen hatte, hat jetzt Zweifel, ob der Probebetrieb überhaupt die richtige Methode sei, die Notwendigkeit der Wochenendarbeit der Glasfaserproduktion nachzuweisen. Für die Kammer war nicht erkennbar, daß der Probebetrieb "zu einer Dokumentation" führt, mit der die von dem Unternehmen angegebene Steigerung der Produktion nachgewiesen werden kann. Diese Feststellung des Richters wertete die IG Metall als eine "schallende Ohrfeige" für den Stuttgarter Regierungspräsidenten Manfred Bulling, der gerade aus diesem Grund den Probebetrieb innerhalb der Kontischicht bei SEL zugelassen hatte.

In der seit Monaten dauernden Auseinandersetzung über die Auslegung des Manteltarifvertrags kam Linsenmaier zu der Auffassung, daß der Rund-um-die-Uhr-Betrieb "keine regelmäßige Arbeitszeit" sei. Damit widersprach er der IG Metall. Ihre Vertreter hatten nämlich während des Verfahrens die Überzeugung vertreten, daß es sich bei der Einführung der Kontifertigung um eine regelmäßige Arbeitszeit handele. Wie SEL war das Gericht der Überzeugung, daß die Kontischicht an Paragraph 8, Absatz 4, des Manteltarifs zu messen ist, in dem auch eine Einigungsstelle vorgesehen ist. Der Betriebsrat wiederum hatte stets die Auffassung vertreten, daß zur Regelung der Kontischicht keine Einigungsstelle vorgesehen ist. Das Gericht ließ ausdrücklich Rechtsbeschwerde beim Bundesarbeitsgericht zu. Die SEL-Unternehmensführung wie auch der Betriebsrat überlegen, ob sie diesen Weg beschreiten sollen.