Rhetoriktipps für Frauen

Seid selbstbewusst und formuliert klar!

08.01.2024
Von 
Karen Funk ist Senior Editor beim CIO-Magazin und der COMPUTERWOCHE (von Foundry/IDG). Ihre inhaltlichen Schwerpunkte sind IT-Karriere und -Arbeitsmarkt, Führung, digitale Transformation, Diversity und Sustainability. Als Senior Editorial Project Manager leitet sie zudem seit 2007 den renommierten IT-Wettbewerb CIO des Jahres. Funk setzt sich seit vielen Jahren für mehr Frauen in der IT ein. Zusammen mit einer Kollegin hat sie eine COMPUTERWOCHE-Sonderedition zu Frauen in der IT aus der Taufe gehoben, die 2022 zum 6. Mal und mit dem erweiterten Fokus Diversity erschienen ist.
Warum Frauen oft von Männern missverstanden werden, wie sie das ändern können und wie das vor allem im Job weiterhilft, verrät die Coachin Bettina Schultheiß.

Monika S. leitet ein spannendes Projekt bei einem großen deutschen Konzern. Ihr Chef fragt sie, ob sie es bei einer internationalen Veranstaltung in den USA vorstellen will. Eine tolle Chance, die eigene Leistung einmal ins rechte Licht zu rücken. Monika S. zögert jedoch. Sie ist hin- und hergerissen, denn sie hat zwei kleine Kinder und will sich erst vergewissern, ob sie ihre Abwesenheit für knapp eine Woche organisieren kann. Als sie ihrem Chef ein paar Tage später dann ein Ja kommuniziert, erfährt sie, dass ein Kollege schon zugesagt hat und an ihrer Stelle das Projekt vorstellen wird - ein Kollege, der gar nicht an dem Projekt mitgearbeitet und kaum Ahnung davon hat. Monika S. ist zutiefst enttäuscht und fragt sich, was da schief gelaufen ist.

Wer zögert, vergibt im Job möglicherweise wertvolle Chancen. Wenn es darauf ankommt, heißt es: Richtig reagieren. Life Coach Bettina Schultheiß erklärt, worauf man achten sollte.
Wer zögert, vergibt im Job möglicherweise wertvolle Chancen. Wenn es darauf ankommt, heißt es: Richtig reagieren. Life Coach Bettina Schultheiß erklärt, worauf man achten sollte.
Foto: studiostoks - shutterstock.com

"Situationen wie diese erlebe ich immer wieder", sagt Bettina Schultheiß, die als Coach Frauen in puncto Karriere und Lebensplanung berät. Nicht nur fühlen sich Frauen häufig mehr verantwortlich für das Wohl ihrer Familie als Männer, auch die Art der Kommunikation spielt eine Rolle, denn: "Männer kommunizieren anders." Aus Männersicht hat Monika S. folgende Signale gesendet: Durch ihr Zögern hat sie ihr Revier nicht rechtzeitig markiert, wurde von ihrem Chef als unsichere Kandidatin für den Job wahrgenommen und hat sich dadurch die Butter vom Brot nehmen lassen. Der männliche Kollege hat diese Lücke erkannt und ist sofort hineingegrätscht.

Um Kommunikation in ihrer ganzen Bandbreite zu verstehen und für sich zu nutzen, bietet Schultheiß jetzt Rhetorikkurse nur für Frauen an. Ihr geht es darum zu vermitteln, dass wir nicht nur über die Sprache kommunizieren, sondern auch nonverbale und paraverbale Signale senden. Die nonverbale Komponente macht dabei sogar mehr als 50 Prozent der gesendeten Nachricht aus und ist oft relevanter als die rein verbale. Die Beraterin nennt ein Beispiel: Sagen wir "Ja, ich mache das gern", ziehen dazu aber eine unsichere, also nicht-kongruente Miene, dann ist dem Gegenüber klar, dass das ein reines Lippenbekenntnis ist.

Die nonverbalen Signale wie Mimik, Gestik, Körperhaltung oder Augenkontakt und die paraverbalen wie Tonfall, Satzmelodie, Lautstärke oder Redepausen sind alle Komponenten, die zur direkten Kommunikation dazugehören. Darüber sollten wir uns gerade im Job viel klarer werden. "Beobachten Sie Ihre Kollegen und Ihren Chef bezüglich dieser Signale genau", rät Schultheiß.

Denn darüber können wir Menschen besser einschätzen und einen Hinweis erhalten, wie sie ticken. Ist mein Chef ein Machtmensch? Oder setzt er auf ein partnerschaftliches Arbeitsklima? Wie trifft er Entscheidungen? "Wenn ich das weiß, kann ich meine Nachricht und wie ich sie vermittle entsprechend anpassen und so meine Interessen besser durchsetzen", erklärt die Coachin.

Können wir die Botschaft einmal nicht selbst entschlüsseln, hilft Nachfragen. Das sei immer gut, meint Schultheiß. "Wie haben Sie das gemeint?" wäre eine Variante. Oder man könne direkten Bezug nehmen auf einen Teil der Aussage: "Habe ich Sie richtig verstanden, dass ...". Das Gegenüber muss sich dann genauer erklären und es bleibt weniger Raum für Spekulation.

Was also kann Monika S. künftig besser machen? Frauen könnten sich durchaus in der Verantwortung gegenüber ihrer Familie fühlen und das zeichne sie auch aus, so die Expertin. "Nur sollten sie sich bewusst darüber sein, dass zögerliches Verhalten und verbales Ausweichen nicht förderlich ist." Monika S. sollte beim nächsten Mal lieber sagen: "Ich habe großes Interesse daran, das Projekt vorzustellen. Ich muss das aber noch mit anderen Terminen koordinieren. Ich komme morgen/übermorgen noch einmal auf Sie zu." Falls es dann doch nicht klappt, kann sie immer noch absagen, hat aber den Pflock schon einmal eingeschlagen.

Bettina Schultheiß

Bettina Schultheiß, Life Coach
Bettina Schultheiß, Life Coach
Foto: Bettina Schultheiß

Die studierte Pädagogin war viele Jahre im Schuldienst und in der Erwachsenenbildung tätig, bevor sie sich nach zahlreichen Fortbildungen im Bereich Führung, Beratung, Kommunikation, Rhetorik, Teammanagement und Neurolinguistik zum psychologischen Berater und Coach weiterentwickelte. Schultheiß bietet mit Life Coaching eine lösungsorientierte Prozessbegleitung in all jenen Phasen, die Frauen als belastend empfinden - sowohl im privaten, als auch im beruflichen Umfeld. www.coachamsee.de