Bearbeitungszeit der Formulare gesenkt

Seehafenspedition spart viel Zeit mit massgeschneiderter Software

05.03.1993

Die Asad Abu Rashed GmbH existiert in ihrer jetzigen Gesellschaftsform seit 1988 im Hamburger Freihafen und ist als Seehafenspedition und Shipping Agency taetig. Das Unternehmen verschifft Fahrzeuge wie Personen- oder Lastkraftwagen, Omnibusse und Traktoren in afrikanische Laender und in den Libanon. In der anfangs kleinen Gesellschaft haben lediglich sieben Mitarbeiter ohne Computerunterstuetzung die Organisations- und Verwaltungsarbeit zur Verschiffung der Fahrzeuge geleistet.

Detaillierte Angaben ueber die Fahrzeuge

Inzwischen ist das Auftragsvolumen betraechtlich gewachsen. Das Unternehmen hat jetzt 70 Beschaeftigte. Vertragspartner der Asad Abu Rashed GmbH sind einerseits inlaendische Kfz-Haendler, andererseits Reedereien, die Schiffskapazitaeten in Form von Laderaum oder vollstaendig gecharterte Schiffe zur Verfuegung stellen. Da das Unternehmen durch seine Funktionen als Seehafenspedition und Shipping Agency sowohl als Be- wie auch als Verlader taetig ist, fallen ihm neben der Organisation des Ladegeschaeftes und den Abschluessen der Frachtvertraege mit den Reedereien auch die Anfertigung oder Beschaffung saemtlicher vorgeschriebener Ausfuhrdokumente zu.

Nach der Anlieferung der Kraftfahrzeuge durch den Auftraggeber werden die Daten der Lieferscheine kontrolliert und gesammelt. Dabei sind insbesondere die notierten Fahrgestellnummern auf Uebereinstimmung mit denen der gelieferten Fahrzeuge zu pruefen. Vor der Verladung der Fahrzeuge erfolgt die Erstellung der Ausfuhrdokumente wie Ausfuhrerklaerungen, Weisse Bescheinigungen, Handelsrechnungen und Ladelisten.

Obwohl es sich beim Export gebrauchter Kraftfahrzeuge um genehmigungsfreie Ausfuhrgeschaefte handelt, werden in diesen Dokumenten sehr detaillierte Angaben ueber Art, Herkunft, Merkmale und Wert der zu exportierenden Waren verlangt. Darueber hinaus muessen die Daten der inlaendischen Auftraggeber, der Empfaenger in Uebersee und der beauftragten Reedereien zur Verfuegung stehen.

Die Anfertigung der Ausfuhrpapiere erforderte ohne DV- Unterstuetzung (1988) etwa zwei Stunden pro Fahrzeug. Es lag auf der Hand, dass sich gerade in diesen Arbeitsbereichen eine Computerunterstuetzung als sinnvoll erweisen wuerde. Da zu dieser Zeit keine geeigneten Softwareprodukte angeboten wurden, entschloss sich die Asad Abu Rashed GmbH zu einer massgeschneiderten Loesung.

Die ersten Beratungsgespraeche ergaben, dass die Arbeitsablaeufe im Bereich des Aussenhandels und der Seeschiffahrt nicht wesentlich veraendert werden konnten.

Das zu entwickelnde kaufmaennische Programm musste sich folglich den vorhandenen Betriebsablaeufen und Arbeitsstrukturen weitestgehend anpassen, um geringere Verwaltungszeiten, Arbeitserleichterungen und nicht zuletzt die bestmoegliche Strukturierung und Uebersichtlichkeit der zu verwaltenden Daten zu erreichen. Weitere Anforderungen bestanden in der Ausbaufaehigkeit des Programmes sowie in seiner Netzfaehigkeit.

Das Unternehmen entschied sich fuer das bei der Hamburger AIT Innovative DV GmbH entwickelte Datenbanksystem "Abwicklung im Dialog" als Ausgangsbasis. Erweitert wurde das System um ein Modul zur Anfertigung der Manifeste, jener Ausfuhrdokumente, die nach Verladung der Fracht und vor Abfahrt des Schiffes oft unter Zeitdruck angefertigt und dem Zoll uebergeben werden muessen. Diese erste Version von "Transcar" wurde so erfolgreich eingesetzt, dass sich bald die Erweiterung des Programmes anbot. Inzwischen besitzt die Seehafenspedition acht Arbeitsplaetze, die mit Transcar ausgeruestet sind.

Das Programm gliedert sich im wesentlichen in verschiedene Datenbankmodule, in Programmteile zur Eingabe und Verwaltung der Daten und in Funktionen zur Ausgabe der Ausfuhrdokumente, Bestandslisten und Rechnungen. Ferner existiert eine Schnittstelle zur Datenfernuebertragung mittels Modem.

Das Programmsystem laesst sich nicht nur zur Verschiffung von Kraftfahrzeugen einsetzen, es ermoeglicht auch die Verwaltung von Containern und sonstiger Fracht. Durch den modularen Aufbau laesst sich Transcar schnell veraenderten und anderen Unternehmensstrukturen anpassen.

Ausgehend vom Hauptmenue des Programmes sind die einzelnen Module zur Eingabe und Verwaltung der Daten der inlaendischen Haendler, die Reeder-Haefen-Verwaltung, eine Kundenverwaltung, eine Prueftabellen- Verwaltung sowie eine Funktion zum Aufsuchen von Kundendaten erreichbar.

Der Baustein Haendlerverwaltung dient zur Pflege der Namen und Adressdaten der inlaendischen Kfz-Haendler. Darueber hinaus koennen in diesem Modul die mit dem jeweiligen Haendler vereinbarten Grundpreise fuer den Transport unterschiedlicher Kraftfahrzeuge oder Frachten gespeichert werden. Jedem Datensatz wird dabei eine Haendlernummer gegeben. Spaeter lassen sich die erzeugten Saetze wahlweise nach Haendlernummer oder alphabetisch geordnet abrufen.

Die mittels der Reeder-Haefen-Verwaltung erzeugten Datensaetze enthalten neben den Namen und Erkennungsnummern der Ueberseehaefen die Namen jener Reeder, deren Schiffe diese Haefen anlaufen. Auch in diesem Modul ist es moeglich, von den Reedern festgelegte Grundpreise der zu befoerdernden Gueter einzugeben.

Im Aussenhandel kann es aus Identifikationsgruenden notwendig sein, neben dem Namen und den Adressdaten eines Vertragspartners auch seine Staatsangehoerigkeit, sein Geburtsdatum und den Geburtsort angeben zu koennen. Daher wurde eine Kundenstamm-Verwaltung zur Bearbeitung dieser Angaben eingerichtet.

In den Systemprueftabellen sind haeufig verwendete Daten verzeichnet. Beispielsweise koennen hier Incoterm-Klauseln (International Commercial Termsgespeichert werden. Incoterms sind von der Internationalen Handelskammer herausgegebene Vertragsnormen, die das Recht der Kaufvertraege einschliesslich der Bezahlung der Befoerderungskosten und den Gefahrenuebergang regeln. Mit den kurzen Klauseln lassen sich umfangreiche Kataloge von Rechten und Pflichten der Vertragsparteien festlegen.

Bei Eingabe der Liefer- und Zahlungsbedingungen stellt Transcar ein Auswahlmenue mit den eingetragenen Incoterm-Klauseln zur Verfuegung. Zugelassen sind nur die in der Tabelle eingetragenen Angaben.

Fuer die Module Haendler-, Reeder-Haefen- und Kundenstamm-Verwaltung stehen jeweils Suchfunktionen zur Verfuegung, um anhand weniger Daten detaillierte Informationen abrufen zu koennen. Nach Aufruf des gewaehlten Programmteils erscheint zunaechst eine Auswahlanzeige, in der die Datensaetze in Kurzform innerhalb einer Zeile und alphabetisch oder nach der Erkennungsnummer geordnet dargestellt werden. Nach Wahl des gewuenschten Datensatzes werden die vollstaendigen Informationen auf einer gesonderten Bildschirmseite gezeigt. An dieser Stelle lassen sich angelegte Datensaetze veraendern oder loeschen und im Programmteil Kundenstamm- Verwaltung, ausdrucken.

Zur Planung einer Schiffsreise von einem Ladehafen mit unterschiedlichen Frachten von mehreren inlaendischen Kfz-Haendlern an verschiedene Empfaenger ist es notwendig, eine Vielzahl von Daten sinnvoll zusammenzufuegen. Das Modul "Verwalten Kraftfahrzeuge" bietet Werkzeuge zur Organisation solcher Verschiffungen an. Um Uebersichtlichkeit zu erreichen, hat der Entwickler diese Funktion in mehrere Bildschirmseiten aufgeteilt. So werden auf der ersten Seite nach Vergabe einer Reisenummer alle Daten, die fuer alle Fahrzeuge gemeinsam gelten, angegeben: der Name des Schiffes, der verantwortliche Reeder, das Abfahrtsdatum und der Ladehafen.

Die naechste Bildschirmseite ist zur Eingabe der Adressdaten des Empfaengers der Ladung, der Abholadresse der Fracht sowie des Zielhafens bestimmt. Weitere Seiten stehen fuer die erforderlichen Angaben zu jeweils einem Stueck Frachtgut zur Verfuegung. An dieser Stelle wird auch die B/L-Nummer, die Kennzeichnung der Bill of Lading, auf der das Fahrzeug ausgewiesen werden soll, festgelegt.

Das Programm prueft die eingegebenen Daten selbstaendig auf Widerspruechlichkeiten und gibt entsprechende Fehlermeldungen aus. Der sonst recht haeufig auftretende Fehler einer versehentlich mehrmals eingegebenen Fahrgestellnummer wird auf diese Weise ausgeschlossen.

Das naechste Modul dient zur Ausstellung der Ladeliste und des Manifestes. Hier werden Fahrzeuge, die in Kuerze verladen werden oder bereits auf das Schiff verbracht worden sind, entsprechend gekennzeichnet. Aus Sicherheitsgruenden wird an dieser Stelle die Eingabe der letzten sechs Ziffern der Fahrgestellnummer verlangt.

Fuer den Ausdruck aller zur Ausfuhr notwendigen Listen und Formulare stellt Transcar ein gesondertes Menue zur Verfuegung. Dies hat den Vorteil, dass nach der Eingabe alle fuer eine Reise relevanten Daten, zusammengestellt sowie saemtliche Ausfuhrpapiere und Rechnungen in wenigen Arbeitsschritten angefertigt werden koennen. Vor dem Ausdruck des gewaehlten Formulares sind einige Angaben zur Identifikation der Reise zu machen. Auch dazu stellt die Software Auswahlmenues zur Verfuegung. Die Anzahl der zur Verfuegung stehenden Listen ist erweiterbar.

Die Asad Abu Rashed GmbH verwendet derzeit neunzehn Formulare. Diese sind editierbar, da die verschiedenen Einfuhrlaender unterschiedliche Formulare und Gestaltung der Dokumente vorschreiben.

Eine Schnittstelle zur Uebertragung und zum Abgleich von Daten mit den inlaendischen Kfz-Haendlern und den Reedern via Modem ist bereits vorhanden, sie wird in dem Hamburger Unternehmen allerdings noch nicht verwendet. Moeglicherweise wird dieses Modul ein besonderes Problem des Unternehmens loesen helfen: Bei Anlieferung der Fahrzeuge sind die Lieferscheine ungeschuetzt zwischen Scheibenwischern und Windschutzscheiben angebracht. Unguenstige Witterungseinfluesse lassen sie hier schnell unleserlich werden und erschweren sowohl die Kontrolle der Fahrgestellnummern als auch die spaetere Eingabe der Fahrzeugdaten zur Organisation einer Reise. Eine fruehzeitige Uebermittlung der Daten durch den Kfz-Haendler koennte diese Lieferscheine fast ueberfluessig machen.

Hilfstexte sind aus jeder Funktion des Programms abrufbar. Diese Hinweise beziehen sich auf die aktuelle Arbeitssituation. Zudem besteht die Moeglichkeit, Hilfstexte um eigene Tips und Erfahrungen zu erweitern.

Beschaeftigte der Asad Abu Rashed GmbH waren nach etwa einwoechiger Einarbeitungszeit in der Lage, das Programm anzuwenden. Da Mitarbeiter in ihrer Arbeitsumgebung erheblich schneller einzuarbeiten sind als ausserhalb des Betriebes, werden die Schulungen von erfahrenen Kollegen vor Ort durchgefuehrt.

Der Einsatz der Anwendung verlangt von den Mitarbeitern in der Verwaltung keine spezifischen Aussenhandelskenntnisse. Qualifiziertes Personal wie Speditions- und Aussenhandelskaufleute oder Schiffsmakler konnten entlastet und in Arbeitsbereichen mit direktem Kundenkontakt eingesetzt werden. Die Bearbeitungszeit in der Verwaltung wurde pro Fahrzeug auf etwa zwei Minuten reduziert.

*Sabine Walter ist freie Journalistin in Hamburg.