Mini-Betriebssysteme

Sechs Linux-Varianten für besondere Einsätze

25.11.2008
Von 


Joachim Hackmann ist Principal Consultant bei PAC – a teknowlogy Group company in München. Vorher war er viele Jahre lang als leitender Redakteur und Chefreporter bei der COMPUTERWOCHE tätig.

Linux für veraltete Rechner

Angesichts der aktuellen Green-IT-Diskussion und der besonderen Aufmerksamkeit, die der Umweltschutz genießt, ist es lohnenswert, alte Rechner zu reanimieren, anstatt sie auf dem Sondermüll zu entsorgen. Alte Pentium- und x86-Rechner können weiterhin zum Web-Surfen herhalten, wenn man ein Betriebssystem installiert, das die schmalen Ressourcen der überholten PCs effektiv nutzt. Glücklicherweise hat sich die Linux-Community des Problems angenommen. Die Infoworld-Redaktion hat die zwei Ausführung antiX Linux sowie SliTaz Linux auf ihre Tauglichkeit geprüft, aus antiquierten PCs aktuelle Leistungsansprüche herauszukitzeln.

antiX Linux beansprucht 400 MB auf der Festplatte und basiert auf MEPIS Linux. Hinter antiX steht der MEPIS-Kämpe Paul Banham, in der Linux-Gemeinschaft auch unter dem Codenamen "Anticapitalista" bekannt. Allerdings ist antiX kein offizielles MEPIS-Projekt.

Banham wählte MEPIS-Kernel, -Tools und Installer als Basis für seine antiX-Pläne, weil er die Software als besonders geeignet für neue und erfahrene Linux-Anwender erachtet. Seine Version arbeitet mit 128 MB RAM. Im Notfall reichen auch 64 MB, dann benötigt das Betriebssystem aber 128 MB Swap-Speicher auf der Festplatte und zeigt deutlich bemerkbare Performance-Einbrüche. Natürlich lässt sich antiX auch von CD starten.

Der Fenster-Manager ist Fluxbox und die Desktop-Oberfläche ist absolut spartanisch. Es gibt lediglich eine kleine Tool-Bar am unteren Rand. Ein Klick auf die rechte Maustaste öffnet das Desktop-Menü. antiX hat ein eigenes Controll-Center, das beim Einrichten von Hardware, neuen Anwendern und Änderungen der Bildschirm-Auflösung hilft.

Obwohl antiX sehr sparsam mit Speicherressourcen umgeht, bietet das Betriebssystem eine bemerkenswerte Funktionsvielfalt. Für Web-Surfer steht der Iceweasel-Browser bereit, Debians Version des Firefox-Browsers. Zudem gibt es mit Dillo einen weiteren, etwas schlankeren Browser. Texte schreiben antiX-Nutzer mit Abiword, Geany oder Leafpad. Zudem enthält das Paket die Tabellenkalkulation Gnumeric, die Bildbearbeitungssoftware mtPaint sowie die Media-Player Mplayer und Xine. Für Programmierer ist Python 2.5.2 betriebsbereit installiert.

Die AntiX-Macher haben sich die Aufgabe gestellt, speziell ältere Rechner zu unterstützen. Ziel der nächsten Entwicklungsstufe ist eine lauffähige Version für PCs mit AMDs K5 und Intels Pentium 1. Der K5 wurde 1996 auf den Markt gebracht, der Pentium 1 erschien erstmals im Jahr 1993.

SliTaz Linux wurde von Christophe Lincoln entwickelt. Die intensive Anwendung der Kompressionsverfahren Gzip und LZMA, sowie die Reduzierung auf das nach Einschätzung der Entwickler Nötigste, machen aus SliTaz ein schlankes Betriebssystem mit einem Boot-Image von 30 MB. Die jüngste Version kommt mit einem 160 MB Arbeitsspeicher zurecht. Die Infoworld-Redaktion hat das System mit 64 MB zum Laufen gebracht, allerdings mit einer miserablen Performance. Einige größere Anwendungen wie etwa Media-Player scheiterten am sparsamen Arbeitsspeicher.

Der Fenster-Manager ist JWM (Joes Window Manager) und die Arbeitsoberfläche macht einen aufgeräumten Eindruck. Als Browser nutzt SliTaz die ältere und reduzierte Firefox-Variante "Bon Echo". Server-seitig arbeitet der lighttpd-Web-Server. Soll eine Datenbank hinter den PHP-Applikationen zum Einsatz kommen, steht die Opensource-Lösung SQLite bereit. Für Multimedia-Anforderungen gibt es den AlsaPlayer und mhWaveEdit. Letzteres Tool ist zur Bearbeitung von Sound-Files geeignet.

Die beschriebenen Applikation gehören zur Basisausstattung. Weitere Anwendungen lassen sich mit Hilfe des textbasierenden Packing-Systems Tazpkg integrieren. Die Kommandos sind laut Infoworld-Darstellung einfach zu verstehen und zu verwenden. Bei Bedarf steht ein Online-Handbuch zur Verfügung. Zu den verfügbaren Erweitungen zählen Lösungen wie Gimp, ImageMagick und Inkscape zur Bildbearbeitung. Wer SliTaz als Programmierplattform nutzen möchte, kann auf Perl, Python oder Ruby zurückgreifen. Alles in allem gibt es rund 450 Softwarelösungen.