Manche Diskussionen über Netzwerk- und IT-Technologien ähneln in frappierender Weise denen, die in völlig anderen Bereichen stattfinden - etwa im Rahmen von Koalitionsverhandlungen zwischen Parteien oder auf EU-Gipfeltreffen. Da werden Nebelkerzen gezündet, taktische Winkelzüge angesetzt, Koalitionen geschmiedet und Verzögerungsstrategien entwickelt. Ein vergleichbares Bild bietet sich derzeit bei Software Defined Networking (SDN) und Network Function Virtualiziation (NFV), dem Pendant zu SDN für den Einsatz in den Netzwerken von Carriern und Service-Providern.
Der Grund für die "Politisierung" der Debatte um SDN sind die gravierenden Auswirkungen, die eine breite Akzeptanz der Technik für etablierte Anbieter von Netzkomponenten wie Switches und Routern haben könnten. Die Protagonisten der "reinen SDN-Lehre" plädieren für eine Netzwerkinfrastruktur, die auf Standard-Hardware beruht, sprich x86-Servern. Diese preisgünstigen Systeme übernehmen in Verbindung mit SDN-Controllern die Funktionen, die bislang die kostspieligen und vor allem proprietären Switches mit ebenso handgestrickten und gut abgeschotteten Betriebssystemen spielten.
Besser den Tiger reiten ...
Vor allem Cisco Systems ist bedingt durch SDN nach wie vor unter Druck. Das Unternehmen hatte laut IDC im vergangenen Jahr einen weltweiten Umsatzanteil von etwa 62 Prozent bei Ethernet-Switches und an die 67 Prozent bei 10-Gigabit-Ethernet-Systemen. Eine Technologie wie SDN, die ohne proprietäre Switches und Betriebssysteme auskommt, ist daher eine Bedrohung für die Hersteller solcher Systeme - und zwar nicht nur für Cisco.
Kein Wunder, dass Switch-Hersteller nach dem Motto verfahren, besser den Tiger reiten, als von ihm gefressen werden. So hat Cisco das OpenDaylight-Konsortium ins Leben gerufen - und gibt in dieser Herstellervereinigung klar den Ton an. Das Ziel von OpenDaylight: die Schaffung eines SDN-Frameworks, inklusive eines auf Open-Source-Software basierenden SDN-Controllers und einer offenen "Northbound"-Schnittstelle (Northbound Interface, NBI). Über das NBI lassen sich Anwendungen sowie sich Management- und Orchestrierungslösungen an eine SDN-Infrastruktur andocken.
- SDN Marktzahlen
Im Jahr 2018 werden laut einer Studie von Plexxi, SDN Central und Lighthouse Venture weltweit SDN-Produkte im Wert von 35,6 Milliarden Dollar im Einsatz sein. Dies deckt sich in etwa mit Zahlen der amerikanischen Marktforschungsgesellschaft ACG. - OpenDaylight Struktur
In der Theorie ist die Struktur des Opendaylight-Frameworks relative einfach. In der Praxis gibt es drei Versionen. - SDN Hydrogen
Das OpenDaylight-Konsortium stellt Anfang Februar 2014 sein erstes SDN-Framework vor. Es umfasst drei Versionen: eine für Service-Provider, eine zweite für Unternehmensnetze sowie eine Basis-Ausgabe für Forschungseinrichtungen und Anwender, die Erfahrungen mit Software-Defined Networking sammeln wollen. - Application Centric Infrastructure
SDN à la Cisco: Der Marktführer bei Switches hat mit der Application Centric Infrastructure (ACI) eine Netzwerkarchitektur entwickelt, die ähnliche Funktionen wie SDN bietet. Das Herzstück ist der APIC, ein SDN-Controller, der in den Netzwerkkomponenten (Switches) von Cisco integriert ist. - Cisco XNC
Cisco stellt mit dem Extensible Network Controller (XNC) Anfang 2014 seinen ersten SDN-Controller vor, der auf der OpenDaylight-Spezifikation basiert.