Einheitliche Multiplex-Hierarchie ersetzt PDHs

SDH-Technologie sorgt fuer Integration nationaler Netze

07.05.1993

Die plesiochrone, also beinahe synchrone Multiplex-Technik basiert auf der Schwierigkeit, in einem grossen Netz alle Uebertragungseinrichtungen und Multiplexer mit einem einheitlichen Takt zu versorgen und damit zu synchronisieren. Jeder Multiplexer erzeugt seinen eigenen Takt, dessen Frequenz zwar genormt ist, der aber zur Kommunikation mit anderen Systemen auch Abweichungen und Asynchronitaeten toleriert. Dadurch ist es notwendig, die aus anderen Systemen ankommenden Daten vor dem Zusammenfassen zu einem Datenstrom auf einen hoeheren, einheitlichen Takt anzuheben.

Als zusaetzliches Problem kommen die unterschiedlichen nationalen Multiplex-Hierarchien hinzu. So haben sich in den drei bedeutendsten Wirtschaftsregionen Europa, USA und Japan verschiedene Hierarchieebenen entwickelt: In Europa entstanden, basierend auf dem 30-Kanal-PCM-System mit 2-Mbit/s Ausgangsbitrate die Hierarchieebenen 2,048, 8,448, 34,368 und 139,264 Mbit/s. In Nordamerika und Japan bildete das 24-Kanal-PCM-System mit 1,5 Mbit/s Ausgangsbitrate die Basis. In den USA entstanden die Hierarchieebenen 1,544, 6,312, 44,736 und 139,264 Mbit/s. In Japan waren es 1,544, 6,312, 32,064 und 97,728 Mbit/s.

CCITT verabschiedet einheitliche SDH-Norm

Neben dem Aufwand, der beim Zusammenfassen von mehreren Signalen auf einer hoeheren Hierarchieebene entsteht, zeigen sich die Nachteile der PDH deutlich bei dem Versuch, einzelne Signale direkt aus dem Multiplex-Signal auszukoppeln. Dies ist schlichtweg nicht moeglich. Um einen einzelnen Datenstrom (zum Beispiel einen 2-Mbit/s-Kanal) aus einem Multiplex-Rahmen (zum Beispiel mit 140- Mbit/s) auszukoppeln, muss das Multiplex-Signal vollstaendig aufgeloest (de-multiplexed) und anschliessend wieder zusammengefuegt werden. Bei jedem Ein- und Auskoppeln eines Signals aus einer hoeheren Hierarchieebene muss die gesamte Mux-Demux-Kette durchlaufen werden, was zu einem enormen Overhead fuehrt.

1988 verabschiedete die CCITT die Empfehlungen G.707, G.708 und G.709 fuer die SDH, womit erstmals eine weltweit einheitliche digitale Multiplex-Hierarchie entstand.

Das Grundprinzip der SDH ist die Definition eines gerahmten Digitalsignals, mit dem auch alle Bitraten der PDH transportiert werden koennen, was aus Gruenden der Integration unerlaesslich ist. Gegenueber der PDH ergeben sich als wesentliche Eigenschaften und Vorteile:

- Die Nutzlasten sind leicht ein- und auskoppelbar (drop and insert), ohne dass, wie bei der PDH, die gesamte Mux-Demux-Kette durchlaufen werden muss.

- Die Grundsignale lassen sich durch einfache Verfahren zu Signalen mit hoeheren Uebertragungsraten zusammenfassen.

- Es ist genuegend Zusatzkapazitaet fuer Fehlererkennung, Entstoerung und Qualitaetsmessung im laufenden Betrieb vorhanden.

Nachteilig ist dagegen, dass in der SDH wesentlich mehr Zusatzinformationen (Overhead) als in der PDH uebertragen werden muessen.

Das spezifizierte Rahmensignal wird als Synchronous Transport Module erster Ordnung (STM-1) bezeichnet. Es hat eine Taktrate von 155,520 Mbit/s, was bei einer Rahmenwiederholrate von 125 Millisekunden einer Rahmenlaenge von 19 440 bit entspricht.

Durch das Zusammenfassen, also durch synchrones Multiplexen von n STM-1 Buendeln erhaelt man das Transportmodul STM-n. Standardisiert sind STM-4 mit 622,020 Mbit/s und STM-16 mit 2.488,320 Mbit/s.

Die urspruengliche Definition eines STM-1- Rahmens ist, um alle erforderlichen internationalen Taktraten darin aufnehmen zu koennen, hoechst komplex. Zur Vereinfachung hat man sich fuer europaeische Belange auf einen Teilausschnitt der Definition, die normierte STM-1-Struktur, geeinigt.

Das STM-1-Modul kann man sich als "Container" vorstellen, den man mit kleineren "Kisten" unterschiedlicher Groesse bestuecken kann, in denen die eigentlichen Nutzdaten transportiert werden. Da die Container und Kisten eindeutig gekennzeichnet sind, lassen sie sich einfach aus dem Datenstrom entnehmen und in ihn einfuegen. Die Nutzlastbitraten der verschiedenen Typen von Kisten sind so gewaehlt, dass alle Bitraten der PDH darin untergebracht werden koennen (vgl. Abbildung).

Das Zusammenfassen solcher Transportbehaelter zu einem STM-1- Signal, auch Mapping genannt, wird im folgenden beschrieben:

- C-n (mit n = 11,12,2,3,4) sind Container, die Transportkapazitaeten fuer Nutzdaten von 2340 Byte (C-4), 756 Byte (C-3), 107 Byte (C-2) und 35 (C-12) beziehungsweise 24 Byte (C-11) zur Verfuegung stellen.

- Ein "virtueller Container" (VC-n, mit n = 1,2,3,4) beschreibt einen Container C-n zusammen mit seinen Verwaltungsinformationen (zum Beispiel Parity), dem Path Overhead (POH). VC-1 und VC-2 werden als Container niedriger Ordnung, VC-3 und VC-4 als Container hoeherer Ordnung bezeichnet. Das Zusammenstellen mehrerer verschiedener virtueller Container mit den darin enthaltenen Nutzdaten und das Wissen um die Anordnung der Container macht letztendlich ein STM-1 Signal aus.

Die "Tributary Unit" (TU-n, mit n = 1,2,3) besteht aus einer Nutzlast in Form eines virtuellen Containers und dem "Tributary Unit Pointer" (TU-Ptr). Fuer einen VC-4 ist eine Zusammenfassung in einer TU nicht notwendig und entfaellt daher.

- Eine "Tributary Unit Group" (TUG-n mit n = 2,3) fasst mehrere TUs zusammen. Die Positionen der TUs in einer TUG werden dabei durch die jeweiligen TU-Pointer gekennzeichnet. Eine TUG-2 besteht aus mehreren gleichen TU-1 oder einer TU-2. eine TUG-3 aus mehreren TU-2 oder einer TU-3.

- Die "Administrative Unit" (AU-n mit n = 3,4) beschreibt die Abhaengigkeiten zwischen den Transporteinheiten VC-3 bezienungsweise VC-4 und dem Transportsystem STM-N. Der "Administrative Unit Pointer" (AU-Ptr) kennzeichnet dabei die Position des Nutzlast-Rahmenanfangs in einem STM-n- Rahmen.

- Eine "Administrative Unit Group" (AUG) besteht aus einer oder mehreren verschachtelten AUs innerhalb eines STM-n- Signals.

- Zusaetzlich enthaelt ein STM-1-Rahmensignal Verwaltungsdaten in Form des "Regenerator Section Overhead" (RSOH) und des "Multiplexer Section Overhead" (MSOH).

Bereits aus dieser vereinfachenden Darstellung wird ersichtlich, dass in einem STM-1-Signalstrom in einem einzigen Multiplex-Schritt wahlfrei auf die uebertragenen Datenelemente zugegriffen werden kann. Insbesondere ist es dadurch moeglich, gezielt und direkt Daten aus einzelnen Nutzkanaelen auszulesen beziehungsweise in die Kanaele einzufuegen.

Ein weiteres Feature, das "Cross connecting", erlaubt es, Datenpakete (Container) innerhalb eines STM-1-Rahmens oder zwischen den Modulen eines STM-n verschieben zu koennen. So kann es zum Beispiel aus Gruenden der effizienten Kapazitaetsausnutzung und der Uebersichtlichkeit sinnvoll sein, Daten innerhalb eines STM-1- Rahmens nach ihrem Bestimmungsort zusammenzufassen. Bei Stoerungen von Uebertragungswegen kann es notwendig werden, Kanalbuendel auf andere Buendel umzulegen, um sie ueber Ersatzwege zu fuehren.

Durch die Moeglichkeit zur Auswertung der geschaffenen Overhead- Kapazitaeten kann die Ueberwachung und Steuerung von Netzen, die Verteilung von Kapazitaeten und die Reaktion auf Stoerungen qualitativ deutlich verbessert werden. Auf lange Sicht bedeutet dies, dass die bisherigen statischen Uebertragungsnetze sich mehr und mehr zu flexiblen, frei konfigurierbaren dynamischen Netzen wandeln werden.

SDH unterstuetzt auch die ATM-Entwicklung

SDH beguenstigt die Entwicklung des Asynchronous Transfer Mode (ATM), des kommenden Standards fuer die Hochgeschwindigkeits- Datenkommunikation. Beim Breitband-ISDN werden, gemaess der SDH- based Option der CCITT-Empfehlungen fuer das B-ISDN, die ATM-Zellen in STM-n Multiplex-Signale gepackt und uebertragen.

Die Entwicklung und Einfuehrung der Synchronen Digitalen Hierarchie als Basis zukuenftiger leistungsfaehiger und vor allem flexibler Weitverkehrsnetze mit variabel nutzbarer Transportkapazitaet und den dazugehoerigen Moeglichkeiten des Netz- Managements wird wesentliche Verbesserungen und Impulse fuer die internationale Telekommunikation schaffen.

*Jaroslav Blaha ist Projekt-Manager multinationale Fuehrungssysteme im niederlaendischen Nato-Hauptquartier in Kerkrade.

Abb: Mit SDH-Technologie laesst sich das Durchlaufen der Mux-Demux-Kette umgehen. Quelle: Blaha