Anspruch auf den Server

SCO will vor Microsoft ein Network-OLE herausbringen

14.06.1996

Mit dem von Microsoft angekündigten "Remote OLE Automation" beziehungsweise "Network-OLE" soll die Windows-Objekttechnik nicht mehr nur auf einen Desktop beschränkt sein, sondern auch in Client-Server-Umgebungen Prozesse über das Netz aktivieren können. Das erweiterte OLE wird mit Windows NT 4.0 verfügbar sein - ob dafür der ursprünglich im Herbst dieses Jahres avisierte Termin eingehalten werden kann, ist allerdings fraglich.

Diese Unsicherheit nutzt SCO, um die Position des hauseigenen Unix-Derivats im Server-Segment zu stärken. Das Unternehmen führt zur Zeit einen Betatest für das sogenannte "Server OLE" durch. Die Software wird auf dem Unix-Back-end installiert und läßt sich von entfernten, OLE-fähigen Windows-Applikationen aus steuern. Vorabversionen des Produkts können Interessenten bereits über die Web-Site des Herstellers abrufen, mit einem marktreifen Release wird im Herbst gerechnet.

Als Präventivschlag gegen Microsoft werten kanadische Analysten in ersten Reaktionen SCOs OLE-Aktivitäten. Deren Ziel sei erneut, Windows als Client-Betriebssystem in seine Grenzen zu verweisen, während die geschäftskritischen Anwendungen weiterhin unter Unix laufen sollen.

Allerdings muß sich SCO auch den Vorwurf gefallen lassen, bislang keine Schritte in Richtung der konkurrierenden Objekttechnik Corba (Common Object Request Broker Architecture) unternommen zu haben - zumal der Standard der Object Management Group (OMG) von vielen Marktforschern wie etwa denen der Standish Group als das bessere Verfahren bezeichnet wird.

Der NT-Verbreitung zuvorkommen

"Wir wollen sicherstellen, daß man Windows-Anwendungen zusammen mit Unix-Applikationen einsetzen kann, und dabei spielt Corba keine Rolle", verteidigt SCOs Vice-President Ray Anderson sein Vorgehen. Der Stratege vermutet, daß einer der Gründe für Microsofts Aufschub von Network-OLE darin liegt, daß die Gates- Company auf eine nennenswertere Verbreitung von Windows NT im Server-Umfeld wartet. Dem wolle man jetzt mit einer eigenen netzfähigen OLE-Implementierung zuvorkommen.