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SCO will heute Linux-Anwender verklagen

02.03.2004
Zur Sache, Schätzchen: Darl McBride hat gestern angekündigt, SCO werde heute einen namhaften Linux-Anwender verklagen. Bruce Perens vermutet, dass dies nach hinten losgeht.

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Darl McBride, Chief Executive Officer der SCO Group, hat gestern auf der Konferenz Software 2004 in San Francisco angekündigt, seine Firma werde heute auch einen namhaften Anwender von Linux verklagen. Wer das sein soll, ist noch unbekannt - McBride sprach lediglich von einem "bekannten Namen". Einen solchen Schritt hatte SCO bereits im vergangenen November angedroht. Die selbst gesteckte Deadline bis Mitte Februar verpasste die Firma allerdings. "Wir haben uns ein paar Wochen verspätet. Der erste wird nicht vor morgen öffentlich", erklärte der SCO-Chef.

Im Anschluss an seine Rede ergänzte er, es gebe zwei mögliche Ziele. Erstes Opfer werde ein Unternehmen sein, das bereits eine Unix-Lizenz von SCO besitze, was SCO einige vertragliche Vorteile biete. Außerdem werde es in der Klage um Copyright-Verstöße gehen. Über die Lizenzfragen habe man bereits kommuniziert, so McBride: "Jetzt ist es an der Zeit, zum Rechtsstreit überzugehen." Weitere Klagen sollen folgen, auch gegen Anwender ohne bestehende Geschäftsbeziehung zu SCO.

Bislang zieht SCO nur gegen IBM und Novell zu Felde mit der Behauptung, Linux enthalte aus Unix System V gestohlenen Quellcode, für den SCO das Copyright reklamiert. Novell wiederum - nach den Übernahmen von und Ximian und Suse zum Linux-Anbieter konvertiert - behauptet, es besitze weiterhin die Rechte an den Unix-Sourcen, auch wenn es sein Unix-Business 1995 an den SCO-Vorläufer Caldera verkauft hatte. Red Hat schließlich hat eine Gegenklage gegen SCO eingereicht und will sich darin von Copyright-Verstößen freisprechen lassen.

Von Firmen, die Linux verwenden, verlangt SCO den Kauf einer Copyright-Lizenz zum Preis von 699 Dollar pro Uniprozessor-Server. Bislang hat nur eine "Handvoll" Firmen von diesem Angebot Gebrauch gemacht. Eine davon ist seit gestern öffentlich - der Webhoster EV1servers.net aus Houston, Texas, hat für einen angeblich siebenstelligen Betrag zwei Site-Lizenzen erworben. CEO Robert Marsh erklärte, die Entscheidung für den Erwerb einer SCO-Lizenz sei "rein business-getrieben" gewesen. Die Lizenz beseitige Unsicherheiten für die Infrastruktur der Kunden.

Der bekannte Open-Source-Advokat Bruce Perens schätzt, dass Klagen gegen große Anwender nur "das Ableben von SCO" beschleunigen werden. "Wenn man ein Unternehmen so rannimmt, speziell eine Fortune-1000-Firma - ein Unternehmen mit jeder Menge mehr Anwälten als SCO -, dann wird das schnell zum Rohrkrepierer", meint der Autor der "Open Source Definition". "SCO kann so viele Leute verunsichern wie es will. Später verschwinden sie so oder so von der Bildfläche. Diese Prozesse können sie nicht gewinnen."

Evans Data hat derweil Ergebnisse seiner im Februar erhobenen Spring 2004 Linux Development Survey veröffentlicht. Von mehr als 400 befragten Entwicklern erklärten 73 Prozent, die Behauptungen von SCO seien vollkommen oder wahrscheinlich haltlos. 18 Prozent hatten keine Meinung dazu, nur acht Prozent halten SCOs Klagen für wahrscheinlich oder ganz sicher gerechtfertigt. Zwei Drittel der Linux-Developer erklärten außerdem, auch wenn SCO vor Gericht siegen sollte, würde dies ihre Entwicklungspläne höchstens minimal beeinflussen. (tc)