Vor möglichen Prozessen: Investoren schießen 50 Millionen Dollar zu

SCO verlängert das Linux-Ultimatum

24.10.2003
MÜNCHEN (CW) - SCO hat den Stichtag, ab dem Anwender für die Nutzung von Linux schriftliche Mahnungen zur Zahlung einer verdoppelten Lizenzgebühr erhalten sollten, auf den 31. Oktober 2003 verschoben.

Eigentlich ist am 15. Oktober die Frist abgelaufen, bis zu der "reuige" Anwender zu Sonderpreisen eine "SCO Intellectual Property License for Linux" erwerben konnten. Die verlangt SCO für das Recht, das Open-Source-Betriebssystem weiterhin nutzen zu können, das angeblich Millionen Codezeilen von Unix System V enthält. Die Rabattpreise betrugen 699 Dollar für einen Ein-Prozessor-Server, 1149 Dollar für ein Zwei-, 2499 Dollar für ein Vier- und 4999 Dollar für ein Acht-Wege-System sowie 199 Dollar pro Desktop-Linux-PC und 32 Dollar für jedes Gerät mit Embedded Linux. Doch die angedrohte Verdoppelung der Lizenzforderung tritt nun erst zum 1. November in Kraft.

Gleichzeitig hat SCO vorerst die ebenfalls ab dem 15. Oktober vorgesehene Aussendung von Mahnungen zur Zahlung dieser Lizenzgebühren auf zunächst unbestimmte Zeit verschoben. Hintergrund dieser Maßnahmen dürfte sein, dass die Drohungen von SCO bei den Anwendern nicht gefruchtet haben. So berichtet SCO nur von zwei "Fortune-500"-Unternehmen, welche die Linux-Lizenz unterzeichnet hätten. Die Investment-Firma Credit Suisse First Boston hat in einer Umfrage im September dieses Jahres festgestellt, dass 84 Prozent der Chief Information Officers (CIOs) die Forderung von SCO schlicht ignorieren und an ihren Plänen zur Installation von Linux festhalten.

Die Kriegskasse gefüllt

Demzufolge sähe sich das Unix-Unternehmen möglicherweise nicht nur mit der Aufgabe konfrontiert, gegen Tausende Firmen juristisch vorgehen zu müssen. Darüber hinaus droht SCO, dass Anwender und Konsumentenschutzorganisationen ihrerseits Klagen erheben. Beides könnte die finanziellen Möglichkeiten von SCO überfordern.

Immerhin hat sich das Finanzpolster von SCO deutlich verbessert. Das Venture-Kapital-Unternehmen Baystar Capital und die Royal Bank of Canada haben sich für 50 Millionen Dollar in das Unternehmen eingekauft. Sie erhalten dafür 2953000 SCO-Aktien zum Stückpreis von 16,93 Dollar. Damit kommen sie auf einen Aktienanteil von 17,5 Prozent an SCO. Zugleich erhöhen sich die liquiden Mittel von SCO schlagartig von elf auf 61 Millionen Dollar. Das zusätzliche Kapital will Firmenchef Darl McBride für die Entwicklung neuer Produkte und zur Finanzierung des Linux-Rechtsstreits mit IBM, SGI und Red Hat verwenden. SCO hat inzwischen ohne Nennung von Gründen das Ultimatum an SGI, angeblichen System-V-Code aus dem Unix-Derivat Irix zu entfernen, auf unbestimmte Zeit verlängert.

Gleichzeitig mit der Großinvestition, aber unabhängig davon, hatten zwei Analysten der Deutschen Bank die SCO-Aktie auf "Buy" emporgewertet und das Kursziel auf 45 Dollar angehoben. Zwar warnten sie, die Aktie sei "hochspekulativ" und die aktuelle Kursrallye um SCO könnte dramatisch enden. Dennoch stieg der zuletzt eingebrochene Aktienkurs sofort nach der Empfehlung um 32 Prozent auf 20,50 Dollar, fast ein neues Jahreshoch. Das 52-Wochen-Tief des SCO-Papier hatte 0,78 Dollar betragen. (ls)