Unixware wird als Server-Alternative zu Windows NT positioniert

SCO macht Microsoft den Midrange-Markt streitig

03.05.1996

Als Gipfeltreffen zum Thema "Volume Enterprise Server" bezeichnete SCO vergangene Woche die in London zusammen mit Intel einberufene OEM-Konferenz. Mit von der Partie waren die Branchengroessen Compaq, Data General, ICL, Olivetti, SNI, NCR und Unisys. Erklaertes Ziel aller Beteiligten ist es, mit Pentium-Pro- und Nachfolgeprozessoren weiter in den Midrange-Bereich fuer geschaeftskritische Server-Installationen vorzudringen - und zwar nicht nur mit Windows NT, sondern verstaerkt auch mit Unixware. Das anvisierte Segment umfasst Systeme mit Stueckpreisen von 50000 bis 200000 Dollar und soll den Herstellern nach Angaben der Analysten von IDC im letzten Jahr einen Umsatz von 18 Milliarden Dollar beschert haben. Das weitere Wachstum wird mit etwa 20 Prozent jaehrlich veranschlagt.

Einig sind sich die Anbieter darin, dass dieser Markt leichter mit guenstigen Intel-Chips und einem Standard-Unix als mit den jeweils proprietaeren Unix-Implementierungen zu erobern sei. Allerdings beeilten sich Anbieter wie Data General (DG-UX) und NCR (MP-RAS), ein uebergeordnetes High-end-Segment fuer ihre eigenen "Specialized Enterprise Server" abzugrenzen.

Eine Sonderstellung in der Hardwaregemeinde nimmt Intel ein. Der Chipgigant, dem es eigentlich egal sein koennte, welches Betriebssystem auf seinen Prozessoren laeuft, zeigte in London deutliches Interesse an einem Unixware-Standard auf Basis von Pentium Pro. Insider vermuten hinter diesem Engagement eine Strategie, die den Hersteller aus der Abhaengigkeit von Microsoft fuehren soll.

Unabhaengig von den jeweiligen Motiven der OEMs sind sich alle Beteiligten darueber im klaren, dass der Erfolg ihrer Initiative weitgehend vom Angebot an Unixware-Applikationen abhaengt. Daher sollen nun die Kollegen aus dem Softwarelager bei der Portierung beziehungsweise Entwicklung von Anwendungen unterstuetzt werden. Hierzu gehoeren unter anderem Systemschulung, technischer Support, die Bereitstellung von Unixware-Rechnern und Migrations-Tools, die Organisation von Test-Centern sowie eine Beteiligung an Marketing- Aktivitaeten.

Erste Reaktionen von unabhaengigen Softwarehaeusern hatte SCO zum Londoner Gipfel schon in der Tasche. Branchengroessen wie Oracle zeigten sich offen fuer die OEM-Initiative, denn: "Weniger Unix- Implementierungen bedeuten geringere Kosten sowohl im Bereich Forschung und Entwicklung als auch beim Support", bewertet Oracles Vice-President Richard French einen moeglichen Massenmarkt mit Unixware. Ihr Bekenntnis zu SCOs Betriebssystem bestaetigten unter anderem auch Computer Associates, Information Builders, Informix, Micro Focus, Platinum, Software AG und Tivoli.

Das OEM-Interesse an Unixware 2.1, das im Gegensatz zum "SCO Open Server" dem Standard System V, Release 4 (SVR4) entspricht, wird nicht zuletzt von den technischen Vorteilen des 32-Bit- Betriebssystems gegenueber Windows NT getragen. ICL-Offizielle etwa rechnen damit, dass fuer Unixware schneller neue Cluster-Technik oder die Speicher-Hochgeschwindigkeitsverbindung "cc Numa" eingefuehrt wird als bei NT. Bereits zur CeBIT wurde im Rahmen eines SCO-Oracle-Entwicklungsprojekts die Vorabversion einer Unixware-Implementierung gezeigt, die Oracles "Parallel Server" auf vier Clustern mit insgesamt 32 Prozessoren unterstuetzt.

Weitere Highlights von Unixware sind die Integration von Netware- Services sowie ein dynamisches Speicher-Management mit Raid- Funktionen. Um das Betriebssystem fuer die Enterprise-Klasse reifen zu lassen, will SCO Techniken in Lizenz nehmen, die neben cc Numa und Clustering auch 8 GB Memory sowie symmetrisches Multiprocessing unterstuetzen. Damit ist auf absehbare Zeit das Aus fuer Open Server, ehemals SCO Unix, eingelaeutet. Bis zum zweiten Quartal 1997 will man unter dem Projektnamen "Gemini" beide Programme zu einem Betriebssystem zusammenfuehren.