SCM-Anbieter stecken in der Klemme

23.04.2003
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Jim Contardi, i2-President für den Bereich Europa, Mittlerer Osten und Afrika (Emea), kündigte an, die Einnahmen künftig stärker an den Projektfortschritt beim Kunden zu koppeln. Während früher mehr als die Hälfte der Umsätze aus Lizenzkosten stammte, soll bald mehr Geld mit längerfristig angelegten Serviceleistungen erwirtschaftet werden. Dieser Anteil soll in Zukunft größer ausfallen als Lizenz- und Wartungseinnahmen. So wollen die Verantwortlichen offenbar den drastischen Einbrüchen im Lizenzgeschäft begegnen. Im vierten Quartal des abgelaufenen Geschäftsjahres 2002 betrugen die Lizenzeinnahmen 36,6 Millionen Dollar. Ein Jahr zuvor war mit einem Lizenzumsatz von über 72 Millionen Dollar an gleicher Stelle rund das Doppelte gestanden. Mit der Kopplung an den Projekterfolg hofft der Anbieter, verloren gegangenes Vertrauen bei den Kunden zurückzugewinnen. Contardi räumt ein, dass in der Vergangenheit manche Projekte zu

lange gedauert hätten und zu komplex gewesen seien.

Ob die neue Strategie erfolgreich ist, bleibt abzuwarten. Gerade das personalintensive Servicegeschäft dürfte nach dem unfreiwilligen Weggang vieler Mitarbeiter nicht einfach werden. Nach Abschluss der Ende letzten Jahres angekündigten Entlassungsrunde werden nur mehr rund 2800 Angestellte bei i2 arbeiten, weniger als die Hälfte der einst über 6000 Beschäftigten. Nach Einschätzung von Horst Wildemann, Professor für Betriebswirtschaftslehre und SCM-Spezialist an der Technischen Universität München, ist die Servicestrategie angesichts des hohen Erklärungs- und Beratungsaufwands im Rahmen von SCM-Projekten zwar konsequent. Dabei bestehe aber die Gefahr, dass i2 großen Dienstleistern wie IBM Global Services, die im Projektgeschäft mit i2 zusammenarbeiten, in die Quere komme.

Auch Bruce Hudson, Analyst der Meta Group, glaubt nicht an die Servicelösung. Hier müsse sich i2 mit mehr Konkurrenten herumschlagen als im SCM-Markt. Daher sollte sich das Unternehmen damit abfinden, dass es ein Softwarehersteller sei, und besser mit den großen Dienstleistern kooperieren. Letztendlich werde sich i2 zu einem Nischenanbieter für Best-of-Breed-Angebote im SCM-Bereich entwickeln.

Wenn dies gelänge, wären die meisten Kunden schon zufrieden. Hans-Dieter Nase, Direktor für die Bereiche Auftrags-Management und Produktionsplanung bei Edelstahl Witten Krefeld (EWK), sieht für seine laufenden i2-Anwendungen keine Probleme. Allerdings mache er sich Sorgen über ein aktuelles Projekt, das ohne Consulting-Leistungen von Seiten i2s nicht zu stemmen sei. Er könne sich jedoch nicht vorstellen, dass die Software komplett vom Markt verschwinde.

Andere Kunden sind mit i2 dagegen weniger zufrieden. So brachte eine Umfrage der Firma Nucleus Research Anfang dieses Jahres wenig Erfreuliches für i2 zutage. Zwölf von 22 an der Umfrage teilnehmenden Referenzkunden gaben an, keinen Return on Investment (RoI) erzielt zu haben. 15 Nutzer erklärten, ihr Projekt habe dreimal so lange gedauert wie ursprünglich geplant.