Schwimmen mit Edifact

03.06.1994

Von Thomas Schmoll*

Die Frage nach dem Nutzen von EDI scheint entschieden, jedermann sieht die Notwendigkeit, sich dieser Loesung zu bedienen, doch kaum einer will den ersten Schritt tun. Aus dieser Misere kann nur eine Initialzuendung fuehren, die Hersteller wie Kunden mitreisst. Denn mit EDI geht Computertechnik in die naechste revolutionaere Runde, die die Rationalisierung, Vereinfachung und Automatisierung von Geschaeftsprozessen inklusive hoeherer Informationsdichte verspricht. Workflow ist keine Sache eines geschlossenen Unternehmenskonzeptes mehr, sondern durchdringt zunehmend die Wertschoepfungsketten kooperierender Partner.

Auch Volkswirtschaften ruesten sich fuer den Wettbewerb von morgen. Eine hohe nationale Durchdringung des Wirtschaftsverkehrs mit EDI ist daher mit eine der wichtigsten kuenftigen Standortvoraussetzungen. Nicht mehr nur Verkehrsnetze, sozialer Friede und Lohnkosten sind entscheidend, sondern die Bereitschaft, neue Kommunikationstechniken anzunehmen und in der taeglichen Praxis umzusetzen. Die Vereinten Nationen sind nicht nur im Begriff, Weltpolitik zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit als "Weltinnenpolitik" geltend zu machen, sondern lassen mit Edifact als Handelssprache automatisierter Computerkommunikation das Leibnizsche Ideal einer "einheitlichen Weltsprache der technischen Kuenste" Realitaet werden.

Alle Bestrebungen internationaler wie nationaler Gremien laufen - trotz aller Widerspruechlichkeiten - darauf hinaus, diese Weltsprache der Oekonomie weiterzuentwickeln und ein entsprechendes Data Dictionary zu bilden. Dabei ist es allerdings zwecklos, abzuwarten, bis die Arbeit geleistet ist - denn Edifact muss und wird, wie jede lebendige Sprache, Neues stets in sich aufnehmen. So wenig man schwimmen lernen kann, ohne nass zu werden, so sehr wuerde man hier also Gefahr laufen, ausserhalb des Diskussionsprozesses zu geraten und damit out of business zu sein.

Mit anderen Worten: Keinem Kind wollte man zumuten, erst dann sprechen zu lernen, wenn es an der Zeit ist, in die Schule zu gehen, wo es bereits sprechen koennen muss. Ebenso kann kein Unternehmen ohne Edifact den kuenftigen Erfordernissen des Wettbewerbs gerecht werden. Wer nicht anfaengt, Edifact zu beherrschen, wird zum oekonomischen Analphabeten. Wer es jedoch wagt, der gewinnt - denn er kann fuer alle EDI-Belange auf gesicherte Standards zurueckgreifen. Dies vor Augen, duerfte niemand mehr aufgrund eines Know-how-Rueckstandes proprietaeren Fallenstellern auf den Leim gehen.* Thomas Schmoll ist Geschaeftsfuehrer der Strat-EDI Gesellschaft fuer Kommunikationskonzepte und Loesungen mbH in Schwelm.