Checkliste soll Anwendern Entscheidungshilfe geben, denn

Schwarze Schafe dürfen noch immer Bildungsmarkt abgrasen

01.05.1992

Deutsche Unternehmer investieren viele Millionen Mark in die Aus- und Weiterbildung ihrer Mitarbeiter. Doch nicht immer ist der Erfolg dieser Maßnahmen sichergestellt. Michael Abel* stellt eine Checkliste vor, die Anwender beachten sollten, wenn sie sich mit dem Thema DV-Schulung auseinandersetzen.

Daß ohne kontinuierliche Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter die Konkurrenzfähigkeit eines Unternehmens gefährdet ist, wird heute von den meisten Führungskräften als Fakt akzeptiert. Betriebe nehmen die Investition in den Produktionsfaktor Arbeit ernst, unabhängig davon, ob es sich dabei um die Anpassung an den technischen Fortschritt oder um den Erwerb von Schlüsselqualifikationen handelt.

Nach dem uralten Gesetz von Angebot und Nachfrage strecken sich viele Hände nach den strecken sich viele Hände nach den Schulungsgebühren, die die Unternehmen in den freien Markt pumpen. Das lockt - wie auf anderen Gebieten auch - Gebieten schwarze Schafe an, die gerne die hohen Schulungsgebühren einstreichen, bei denen der gewünschte Erfolg der Bildungsmaßnahmen jedoch ausbleibt.

Für denjenigen, der aus dem riesigen Angebot an Seminaren, Workshops und Tagungen auswählen soll, ergeben sich folgende Probleme: Es gibt keine Normung, keinen "Ausbildungs-TÜV", der einerseits die Bezeichnung, andererseits den Inhalt einer Veranstaltung qualitativ kontrolliert.

Zudem ist auch der Begriff "Dozent" oder "Trainer" nicht geschützt oder an eine Ausbildung gekoppelt; im Prinzip kann sich jeder so nennen, der von sich glaubt, zur Wissensvermittlung geeignet kompetent zu sein. Es fehlt aber auch die Markttransparenz - wohl niemand kann bei der ständig wachsenden Zahl von Schulungsanbietern den Überblick behalten.

In beiden Fällen deuten sich aber Lösungen für die genannten Probleme an. Durch den enger werdenden Mark tritt ein stärkerer Ausleseprozeß ein, und die in diesem Bereich wichtige Mund-zu-Mund-Propaganda wird bald die Spreu vom Weizen trennen. Außerdem bieten Verlage, Institutionen und Datenbanken die Möglichkeit, Schulungsanbieter gezielt auszuwählen. Vor Ort, in den Betrieben, sollte man sich aber Gedanken machen, welche Kriterien bei der Auswahl von Schulungsanbietern anzulegen sind (siehe Kasten). Natürlich spielt bei einer ersten Betrachtung die Größe oder der Ruf einer Ausbildungsinstitution eine Rolle.

Ein Verstoß gegen das AÜG hat harte Strafen zur Folge. Die in der Presse zitierten hohen Bußgelder und Gewinnabschöpfungen fallen am stärksten ins Gewicht, sind aber nur ein Ausschnitt möglicher negativer Folgen für das DV-Unternehmen und den Kunden.

Auf den ersten Blick scheint es völlig klar daß DV-Unternehmen keine Arbeitnehmer verleihen. Sie machen nichts anderes als für die Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen gegenüber einem Kunden die eigenen Arbeitnehmer, für die selbstverständlich Steuern und Sozialabgaben ordnungsgemäß abgeführt sind und die vollen arbeitsrechtlichen Schutz genießen, einzusetzen.

Daß dies vor Ort beim Kunden geschieht, ergibt sich meist aus der Natur des Geschäfts. Kein DV-Unternehmen kann alle Typen von Rechnern und Rechnerumgebungen für jedweden Kunden vorhalten. Bei einem Maler, der mit seinen Arbeitnehmern das Haus eines Kunden streicht, kommt niemand auf die Idee, daß der Maler seine Arbeitnehmer verleiht, nur weil diese vor Ort tätig sind.

Das Problem liegt im Detail. Selbstverständlich liegt keine Arbeitnehmerüberlassung vor, wenn ein DV-Unternehmen seine vertraglichen Verpflichtungen für ein Projekt aus einem Werk- oder Dienstvertrag mit seinen Arbeitnehmern (auch vor Ort) erfüllt, die Arbeitnehmer daher juristisch gesprochen "Erfüllungsgehilfen" sind und wenn es nicht lediglich seine Arbeitnehmer zur Verfügung stellt.

Wann aber erfüllt ein DV-Unternehmen nur die eigene Vertragspflicht mit dem Arbeitnehmer als Erfüllungsgehilfen und wann stellt es Arbeitnehmer zur Verfügung? Die Abgrenzung zwischen Arbeitnehmerüberlassung und Durchführung von Werkverträgen, Dienstverträgen oder sonstigen Vertragstypen ist schwierig, denn es fehlt an gleichsam exaktwissenschaftlichen Definitionen.

Die obersten Bundesgerichte haben seit dem Inkrafttreten des AÜG Abgrenzungskriterien entwickelt. Die Bundesanstalt für Arbeit hat daraus eine mehrseitige Dienstanweisung über die Abgrenzung zwischen Arbeitnehmer-Überlassung und anderen Formen drittbezogenen Personaleinsatzes erarbeitet, die die Ermittlungsbehörden der Arbeitsverwaltung für ihre Tätigkeit verwenden.

Es geht immer um Einzelfallentscheidungen

Etwas vereinfacht läßt sich sagen, daß für die Ermittlungsbehörden der Arbeitsverwaltung heute folgende Indizien für das Vorliegen von Arbeitnehmer-Überlassung sprechen:

- Die Organisation der Arbeitsleistung erfolgt durch den Kunden.

- Der Kunde übt gegenüber den bei ihm tätigen Arbeitnehmern des DV-Unternehmens die Weisungsbefugnis aus, und die Arbeitnehmer sind in den Betrieb des Kunden eingegliedert.

- Die Gewährleistung ist beschränkt.

- Die Berechnung der Vergütung erfolgt anhand der geleisteten Arbeitszeit.

Die Abgrenzung erfolgt nicht schematisch, es handelt sich immer um Einzelfallentscheidungen, bei der alle Gesichtspunkte, die für und gegen eine Arbeitnehmerüberlassung sprechen, zusammengetragen und abgewogen werden müssen. Klarheit läßt sich nur durch die Aufklärung der tatsächlichen Verhältnisse vor Ort gewinnen, denn entscheidend sind nicht die schriftlichen Vereinbarungen der beteiligten Firmen, es kommt vielmehr auf die praktische Durchführung der Verträge an.

Langwierige Ermittlungsverfahren

Klarheit über die tatsächlichen Verhältnisse können sich die Ermittlungsbehörden der Arbeitsverwaltung nur durch sorgfältige Ermittlungen verschaffen, denn die Entscheidungen der Behörden unterliegen der gerichtlichen Kontrolle. Das bedeutet, daß DV-Unternehmen und Kunden, die in den Verdacht der verbotenen Arbeitnehmer-Überlassung geraten, sich langwierigen Ermittlungsverfahren gegenübersehen, in denen Arbeitnehmer verhört und Geschäftsunterlagen beschlagnahmt werden können. Das ist eine Prozedur, die unabhängig vom Ausgang den normalen geschäftlichen Ablauf beeinträchtigen, ja sogar bis auf null reduzieren kann. Schon deshalb ist es empfehlenswert, die Vertragsgestaltung und insbesondere die Vertragspraxis sehr sorgfältig durchzuführen und zu kontrollieren.

Liegt verbotene Arbeitnehmer-Überlassung vor, so ergeben sich unabhängig von den Unannehmlichkeiten eines Ermittlungsverfahrens eine Reihe negativer Folgen sowohl für das DV-Unternehmen als auch für den Kunden.

Das AÜG enthält sowohl Straf- als auch Bußgeldvorschriften, die für das DV-Unternehmen und den Kunden zutreffen können. Die Strafvorschriften tragen dem besonderen Schutzbedürfnis ausländischer Arbeitnehmer Rechnung, die ohne die erforderliche Arbeitserlaubnis oder zu ausbeuterischen Bedingungen verliehen werden. Der Strafrahmen reicht von Geldstrafe bis zur Freiheitsstrafe in Höhe von fünf Jahren.

Der Ordnungswidrigkeiten-Katalog des AÜG verfolgt zwar in erster Linie das Ziel, die Verleihbetriebe mit behördlicher Erlaubnis zu gesetzmäßigem Verhalten zu veranlassen, er sieht aber auch die Möglichkeit vor, mit Hilfe von Bußgeldverfahren gegen DV-Unternehmen und Kunden vorzugehen, die verbotene Arbeitnehmerüberlassung begehen. Von besonderer Bedeutung ist dabei, daß das Gesetz die sogenannte Gewinnabschöpfung zuläßt.

Bußgelder können sehr hoch sein

Das bedeutet, daß bei relativ geringem Bußgeldrahmen bis zu 100000 Mark im Ergebnis viel höhere Bußgelder möglich sind, da der Gewinnabschöpfung keine gesetzlichen, sondern ausschließlich Beweisgrenzen gesetzt sind. Dabei erkennen die Gerichte quasi pauschalisierende Berechnungsmethoden an, die auch bei schwieriger Beweislage empfindliche Gewinnabschöpfungen erlauben.

Zivilrechtlich sind die Verträge zwischen dem DV-Unternehmen und dem Kunden nichtig, ebenso wie die Arbeitsverträge zwischen dem DV-Unternehmen und seinen Arbeitnehmern. Demgegenüber fingiert das Gesetz Arbeitsverträge zwischen den beim Kunden tätigen Arbeitnehmern und dem Kunden.

Das DV-Unternehmen hat daher gegen seinen Kunden keinen Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Vergütung. Es kann lediglich den Betrag geltend machen, den der Kunde erspart hat, weil das DV-Unternehmen den Arbeitnehmer entlohnt hat.

Weitere Folge ist, daß das Arbeitsergebnis des Arbeitnehmers, das normalerweise dem DV-Unternehmen zusteht, durch das kraft Gesetzes fingierte Arbeitsverhältnis nun dem Kunden zusteht. Die Fiktion des Gesetzes bedeutet weiter, daß das DV-Unternehmen gegen seinen Willen Arbeitnehmer verliert, die der Kunde ebenso gegen den Willen erhält. Die gesetzlichen Vorschriften sind dabei zwingend, so daß keine abweichenden Vereinbarungen geschlossen werden können.

Der Kunde haftet neben dem DV-Unternehmen sowohl für die Abführung der Lohnsteuer als auch für die Bezahlung der Sozialversicherungsbeiträge. Da im DV-Bereich in aller Regel Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge ordnungsgemäß abgeführt werden, liegt hierin das geringste Problem. Am Rande sei erwähnt, daß eine Rechnungsstellung durch das DV-Unternehmen, das den Leistungsgegenstand nicht richtig bezeichnet, dazu führt, daß kein Vorsteuerabzug erfolgen darf.

Bei der schwierigen Abgrenzung und den negativen Rechtsfolgen scheint es ein leichtes zu sein, das Problem dadurch zu lösen, daß das DV-Unternehmen eine Erlaubnis nach dem AÜG beantragt.

Erlaubnisbehörde sind die Landesarbeitsämter, die die Erlaubnis grundsätzlich zu erteilen haben, wenn keine im Gesetz genannten Versagungsgründe vorliegen. Für die DV-

Branche ist die Erteilung einer Erlaubnis mit keinerlei Schwierigkeiten verbunden.

Eine Erlaubnis löst jedoch das Problem nicht, weil zwei wesentliche Hindernisse bleiben, die für den DV-Bereich nicht akzeptabel sind:

- Auch mit einer Erlaubnis dürfen die Arbeitnehmer des DV-Unternehmens maximal sechs aufeinanderfolgende Monate beim Kunden tätig sein, Großprojekte lassen sich so nicht bearbeiten. Selbst ein turnusmäßiger Austausch erscheint schwierig, denn die Unterbrechungszeiten müssen mindestens ein Viertel der vorherigen Tätigkeitszeit umfassen, und es darf nicht von vornherein geplant sein, einen Arbeitnehmer längerfristig, wenn auch mit Unterbrechungszeiten, bei ein und demselben Kunden einzusetzen.

- Es darf kein Abwerbungsverbot mit dem Kunden vereinbart werden. Daneben darf die Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht deckungsgleich mit der Zeit der Tätigkeit beim Kunden sein. Der Einsatz von ausländischen Spezialisten scheidet regelmäßig aus.

Um Probleme durch den Einsatz von Arbeitnehmern beim Kunden zu vermeiden ist es daher wichtig, die Vertragsgestaltung sorgfältig zu planen und die Vertragspraxis ständig zu kontrollieren. Aus der Erfahrung der Arbeitsverwaltung bereiten drei Fallgestaltungen immer wieder Schwierigkeiten:

- "Atomisierung" des Projekts, so daß sich die Frage stellt, ob das DV-Unternehmen überhaupt Projektverantwortung haben kann oder nicht lediglich seine Arbeitnehmer zur Verfügung stellt (Stichwort "Werkvertragsfähigkeit").

- Vermischung der Arbeitnehmer vom Kunden und vom DV-Unternehmen, ohne daß die Leistung der Arbeitnehmer des DV-Unternehmens klar abgrenzbar und meßbar bleibt, dabei wird häufig gegenüber den Arbeitnehmern des DV-Unternehmens die Weisungsbefugnis durch Vorgesetzte des Kunden ausgeübt.

- Gleichartige Aufgaben werden von Arbeitnehmern des Kunden, zum Teil von Arbeitnehmern des DV-Unternehmens erledigt, ohne daß erkennbar wird, warum die Arbeitsleistung der Arbeitnehmer des DV-Unternehmens Werk- oder Dienstleistungskriterien erfüllt. Auf diese Fallgestaltungen ist das Augenmerk zu richten, um schon den Verdacht der verbotenen Arbeitnehmerüberlassung zu vermeiden.

Derzeit ermittelt die Arbeitsverwaltung in den alten Bundesländern mit 29 Bearbeitungsstellen bei sogenannten Stützpunktarbeitsämtern und mit neun Spezialsachgebieten in den neuen Landesarbeitsämtern. Die Bearbeitungsstellen sind Verfolgungsbehörden und besitzen bei der Wahrnehmung ihrer Tätigkeit mit wenigen Ausnahmen dieselben Rechte und Pflichten wie die Staatsanwaltschaft (zum Beispiel Vernehmung von Zeugen, Durchsuchung und Beschlagnahme zur Auffindung und Sicherung von Beweisunterlagen). Es empfiehlt sich daher, sich auf die Rechtslage einzustellen und vorbeugend eine rechtliche Absicherung sicherzustellen.

Zum Thema Arbeitnehmer-Überlassungsgesetz (AÜG) veranstaltet die Fachzeitschrift Computer und Recht in Zusammenarbeit mit der Deutschen Anwaltsakademie am 8. Mai 1992 ein Seminar mit dem Titel "Drittbezogener Arbeitseinsatz bei der Software-Erstellung" in München.

Themenschwerpunkte sind:

- Abgrenzung zwischen Arbeitnehmerüberlassung und Werk-/Dienstvertragen, gemischten Verträgen;

- Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (insbesondere zum Einsatz von Subunternehmern nach der Entscheidung vom 5. März 1991);

- Rechtsfolgen verbotener Arbeitnehmerüberlassung;

- Erlaubte Arbeitnehmerüberlassung (Verleiher-Erlaubnis, behördliche Überwachung, Gestaltungsmöglichkeiten);

- Vertragsgestaltung und Vertragspraxis zur Vermeidung von Rechtsverstößen.

Referenten sind Rechtsanwalt Dr. Peter Kather, München, und Werner Walzel, Leitender Verwaltungsdirektor des Landesarbeitsamtes Südbayern.

Die Veranstaltung findet im Marriott Hotel, Berliner Str. 93, 8000 München 40, von 9.30 - 17.30 Uhr statt und kostet für DAV-Mitglieder 360 Mark und für Nichtmitglieder 560 Mark (einschließlich Mittagessen).

Anmeldungen: Deutsche Anwaltsakademie, Arndtstr. 43, 5300 Bonn 1, Telefon: 02 28/26 07-83, Fax: 02 28/26 07-52.