Telekom nimmt D1 -Betrieb auf

Schwarz-Schilling sorgt für weitere Mobilfunk-Störungen

05.07.1991

BONN (CW) - Der Disput zwischen der Telekom und Bundespostminister Christian Schwarz-Schilling bezüglich der Mietleitungstarife für den Mobilfunk-Mitanbieter Mannesmann gerät zum Politikum. Der Minister lehnte die Telekom-Kalkulation jetzt endgültig ab und will die Gebührenfrage notfalls dem Infrastrukturrat der Bundespost beziehungsweise dem Bundeskabinett zur Entscheidung vorlegen.

In der seit Monaten anhaltenden Auseinandersetzung mit der Mannesmann Mobilfunk GmbH auf der einen sowie dem Postministerium auf der anderen Seite hatte die Telekom noch zuletzt geringfügige Konzessionen bei ihren Tarifvorstellungen in Aussicht gestellt (siehe "Digitaler Mobilfunk gerät vom Start weg ins Stocken" Seite 19). Bevor jedoch der Telekom-Vorstand das neue Tariftableau absegnen und dem Ministerium vorlegen konnte, zog Schwarz-Schilling nun das Verfahren an sich, indem er von seiner im Postverfassungsgesetz verankerten Schiedsrichterfunktion Gebrauch machte.

So wurde auch die jüngste Kalkulation des Postunternehmens als völlig unakzeptabel zurückgewiesen. Schwarz-Schilling beharrte vielmehr auf seiner Forderung, die Tarife für die Mietleitungen zwischen den einzelnen Sendestationen des Mannesmann-Netzes um mindestens 54 Prozent zu reduzieren. Zugleich bekam Mitanbieter Mannesmann die Konzession zum Betrieb eigener Richtfunkstrecken. Der Telekom-Vorstand hat nun eine letzte Frist bis Ende August, die Leitungsgebühren, dem internationalen Vergleich angemessen, im Einklang mit den Vorstellungen des Ministeriums festzusetzen. Gelingt dies nicht, will Schwarz-Schilling eine entsprechende Beschlußvorlage dem Infrastrukturrat der Bundespost vorlegen und gegebenenfalls die Entscheidung zur Kabinettssache machen.

Telekom-Chef Helmut Ricke reagierte vor Journalisten in Bonn zurückhaltend auf die Maßregelung seitens des Ministeriums. "Wir haben kostenorientiert kalkuliert", stellte Ricke im Hinblick auf die generellen Belastungen seines Unternehmens erneut fest. Der Telekom-Vorstand werde sich voraussichtlich noch diese Woche mit der neuen Situation befassen, Spielraum für weitere Konzessionen sieht Ricke aber offensichtlich nicht mehr, denn, so der Telekom-Verantwortliche: "Die Entscheidung fällt im politischen Raum". Die Gebührenvorgaben und die strukturpolitische Entscheidung zugunsten von Mannesmann seien ein weiterer Schritt zum Abbau des verbliebenen Monopols seines Unternehmens in der Telekommunikation.

Mit der Zuspitzung der Gebührenfrage herrscht mehr denn je Unsicherheit in der Mobilfunk-Szene. Beide Netzbetreiber, Telekom (D1) und Mannesmann (D2), verfügen über keine ausreichende Anzahl von Endgeräten, um ihr Netz großflächig in Betrieb nehmen zu können. "Enttäuscht über die fehl. enden Endgeräte" zeigte sich denn auch Ricke, gleichwohl sei der 1. Juli 1991 mehr als nur ein Fototermin. Während Konkurrent Mannesmann mit dem Betriebsbeginn noch zögert, präsentiert die Telekom ihr D1-Netz seit Montag im Test und Demonstrationsbetrieb.