Colt nimmt Münchner Stadtnetz in Betrieb

Schwarz-Schilling kritisiert Telekom

17.10.1997

Der Bayerische Staatsminister für Wirtschaft, Verkehr und Technologie, Otto Wiesheu, ließ es sich nicht nehmen, selbst den Startschuß für das Münchner Colt-Netz zu geben. Die Schau wurde dem CSU-Politiker allerdings von Ex-Minister Schwarz-Schilling gestohlen. In seiner Gastrede brach er eine Lanze für mehr Wettbewerb im deutschen TK-Markt. Er lobte die konsequente Vorgehensweise von Minister Wolfgang Bötsch zur Beendigung des Gerangels um die Interconnection-Vereinbarungen zwischen der Telekom und den drei neuen großen Wettbewerbern Arcor, Otelo und Viag Interkom.

"Nur wenn der Regulierer den Wettbewerb vorantreibt und auch der Telekom die Lektionen erteilt, die sie offensichtlich braucht, wird Deutschland ein dynamischer Standort, in den Unternehmen investieren", sagte der Politiker a. D.

Schwarz-Schilling übte auf der Veranstaltung außerdem scharfe Kritik an der Telekom. "Wenn die Telekom in dieser Auseinandersetzung an der Börse hohe Prozentpunkte verliert, ist daran nicht der Regulierer schuld, sondern die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Unternehmens selbst", schob er der Telekom selbst den Schwarzen Peter für den Kurssturz der T-Aktie nach der Entscheidung von Bötsch für die Anschlußgebühren zu. Die Telekom habe den Börsengang zwar hervorragend abgewickelt, müsse aber noch lernen, wie ein an der Börse operierendes Unternehmen mit der Sensibilität von Aktionären in der Öffentlichkeit umzugehen habe.

Der Wegbereiter der Liberalisierung nutzt seine Rede in München, um der kommenden Regulierungsbehörde die Forcierung des Wettbewerbs, aber auch den Schutz neuer Anbieter ins Pflichtenheft zu schreiben. Carrier wie Colt müssen eine faire Chance bekommen, mahnte Schwarz-Schilling.

Die Colt Telecom GmbH hat das Netz in der bayerischen Metropole binnen nur fünf Monaten errichtet. In der ersten Ausbaustufe umfaßt das Glasfasernetz insgesamt 50 Kilometer Strecke. Der weitere Netzausbau soll je nach Kundenanforderungen erfolgen. Als erster großer Kunde verbindet Siemens elf seiner Münchner Standorte über das Colt-Netz.

Colt hat das Münchner Netz in SDH-Technologie (Synchrone Digitale Hierarchie) errichtet. Der Trassenverlauf des Netzes ist zudem durchgehend in geschlossenen Ringen angelegt, um eine extrem hohe Ausfallsicherheit zu erreichen. Colt garantiert eine Verfügbarkeit von mindestens 99,99 Prozent und eine mittlere Reparaturzeit von weniger als zwei Stunden.

Zum Diensteangebot gehören Festverbindungen zur Übertragung von Daten, Sprache und Bildern zwischen verschiedenen Standorten mit unterschiedlichen Übertragungsraten (Colt-Link), LAN-zu-LAN-Verbindungen zwischen räumlich getrennten lokalen Netzen (Colt-LANlink) sowie nationale und internationale Telefondienste (Colt-Voiceline und Colt-Voiceconnect).