Schwachstellen bei der Effektivitäts-Verbesserung

07.10.1977

Selbst erfahrene Fachleute sind heute nicht mehr in der Lage, das komplexe Zusammenspiel zwischen den Komponenten hochentwickelter Computersysteme in dem für die Effektivitäts-Optimierung erforderlichen Detail zu verstehen. Sowohl die Hardware wie auch die Software haben einen Entwicklungsstand erreicht, der die menschliche Fähigkeit geradezu übersteigt, Systeme zu durchschauen oder gar ihr Verhalten vorauszusagen und zu optimieren. Immer schon gering war die Zahl derer, die sich mit Leistungsbewertung und Effektivitätsverbesserung, mit analytischen und statistischen Methoden der Modellierung und Optimierung von Hardware und Software beschäftigten. Die Konsequenzen esoterischer Wissenschaftlichkeit für die Praxis waren gering.

Privileg der Großen

Profitiert hiervon haben bestenfalls die Anwender der ganz großen Systeme, denn ganz großen Systeme, denn wo man monatlich 100 000 Mark und ein Vielfaches für die EDV zahlt, leistet man sich auch Systemspezialisten zur Last- und Leistungsmessung und für Software-Tuning. Aber bereits Anwender von Rechnern der "oberen Mittelklasse" überlassen die Systemoptimierung dem Zufall oder der Intuition. Das Interesse der Hersteller - so sehr sie sich in wissenschaftlichen Kreisen der Großanwender engagieren - an der Vermittlung entsprechenden Know-hows ist verständlicherweise aus verkaufsstrategischen Gründen gering und Skepsis der Anwender herrscht vor, wenn Hersteller von Hardware- und Software-Monitoren in stets verkaufsorientierten Seminaren über Ineffizienz und Verschwendung von Ressourcen schimpfen. Es ist ja auch ärgerlich, daß, was Einsparungen einbringen sollte, zunächst einmal Geld kostet.

Spezialisten brauchen mehr Know-how

Ärgerlich ist auch, daß das erforderliche Know-how nicht in Zwei-Tages-Seminaren erlernt werden kann, daß die allerbesten Leute sehr viel Zeit investieren müssen, bevor die zweckmäßigsten Konfigurationen aus Beziehungen zwischen Effektivitäts-Kenngrößen und System-Parametern ermittelt werden können. Von dort ist es noch ein langer Weg zu Strategien für die Erhöhung der Zuverlässigkeit und zur präventiven Störungsabwehr.

In vielen Bereichen, etwa Fertigungssteuerung im Hüttenwesen, Luftfahrtindustrie und Verkehrsoptimierung sind Simulationen auf Basis von Meßdaten alltäglich und selbstverständlich geworden. In der DV-Praxis hingegen entspricht die Anwendung solcher Verfahren für die Effektivitäts-Steigerung der Systeme keineswegs dem sonst so hohen Entwicklungsstand der Computer-Technik. Und das dürfte letztlich den Anwendern sehr teuer kommen.

Im Bonn/Bad Godesberger Wissenschaftszentrum tagt in dieser Woche das "Third International Symposium on Modelling and Performance of Computer-Systems". Unter der Federführung der Gesellschaft für Mathematik- und Datenverarbeitung - mit der Vorgabe "sowohl praktische Probleme als auch theoretische Erkenntnisse zur Geltung zu bringen". Selbst trotz solcher Beteuerung erhofften Praxisbezugs läßt sich aus dem Stil der Konferenz-Ankündigung bereits vermuten, daß auch hier an den Problemen der typischen Anwender vorbeigeredet werden wird (Computerwoche wird berichten). Symposien mit Vortragenden aus aller Herren Ländern sind eben keine Seminare für Alltagsprobleme. Zu hoffen ist, daß die Gesellschaft für Informatik, die sich mit diesen Fragen zunehmend beschäftigen will, auf ihren angekündigten Tagungen zum Thema Hardware- und Software-Optimierung tatsächlich praxisorientiertes Know-how präsentieren wird. Aber kann man das von den Herren Professoren eigentlich noch erwarten? Von einigen schon!

Beim Job-Accounting anfangen

Im übrigen braucht man gar nicht auf den "deus ex cathedra" kommender Konferenzen warten. Man kann täglich mit der Auswertung von Abrechnungsdaten der System-Software beginnen und aus den Statistiken des Systemverhaltens Schwachstellen lokalisieren und Gegenmaßnahmen treffen. Wer damit erste oftmals verblüffende Erfolge erzielte, hat meistens schon Blut geleckt. Und bekanntlich gibt es ja auch Anwender-Arbeitskreise für den Erfahrungsaustausch. Das ist insgesamt sicherlich noch sehr wenig - aber immerhin. Es scheint, als ob dieses Thema jetzt langsam tatsächlich auf den Tisch kommt.