DG wagt sich mit 32-Bit-Eclipse in Universalrechnergefilde vor:

Schuß vor den IBM 4300-Bug

09.05.1980

FRANKFURT (rs) - "Das 32-Bit-System ist da und wird seinen Weg machen", erklärte General Manager Jürgen Kraus, Data General GmbH, anläßlich der Vorstellung des neuen Eclipse-Familienmitglieds in Frankfurt. "Die neue MV/8000 bildet unsere Grundlage für die achtziger Jahre." Als typische Anwendungsgebiete nannte Kraus den technischen und kommerziellen Markt sowie eine Kombination von beiden. Bei kommerziellen Anwendungen seien die Verarbeitung umfangreicher Programme mit virtueller Speicherverwaltung, und simultanem Systembetrieb zu nennen. Im technischen Bereich werde beispielsweise an Simulations- und Modellrechnungen gedacht.

Die Eclipse MV/8000 stützt sich nach Angaben ihres Herstellers auf VLSI-Technologie. Das System hat einen Benutzerprogramm-Adreßbereich von insgesamt 512 MB, eine Durchsatzrate von 36,4 MB pro Sekunde zwischen Ein-/Ausgabe und Hauptspeicher, eine virtuelle Speicherkapazität von 4,3 Milliarden Byte, einen hardwaregestützten 8-Ring-Sicherheits- und Schutzmechanismus sowie eine als "Sniffing" bezeichnete Fehlerprüfung. Systemüberwachung und Fehlerdiagnose übernimmt ein Mikrocomputer vom Typ micronova.

Als Preise werden je nach Konfiguration 0,44 bis 1,44 Millionen Mark genannt. Weitere auf dem Markt befindliche 32-Bit-Rechner finden Sie in einer Marktübersicht in der Computerwoche Nr. 4/80.

Die MV/8000 besteht nach Angaben von Data General im wesentlichen aus vier Untersystemen: der Zentraleinheit, der Systemsteuereinheit, dem Hauptspeicher und der E/A-Steuerung.

Zur Unterstützung dieser Untersysteme arbeitet die MV/8000 mit einem Zentralprozessor, einem Systemprozessor und einem E/A-Prozessor. Zusätzlich zu diesen Prozessoren bietet der Rechner eine Kombination von Befehls- und System-Cache-Speicher.

Außerdem überträgt der Burst-Multiplexor-Kanal (BMO, ein direkter Kanal zwischen dem Hauptspeicher und der Peripherie, Daten zwischen Platte und Speicher mit einer Leistung von 16,2 MB pro Sekunde. Zur optimalen Nutzung des Adreßbereichs sind alle logischen Adressen virtuelle Adressen. Was nicht im Hauptspeicher gespeichert werden kann, steht in einem Sekundärbereich auf Platte Die MV/8000 gliedert diesen virtuellen Adreßbereich in acht eigenständige Segmente zu je 512 MB. Die Daten werden in als "Seiten" bezeichnete Einheiten von 2048 Byte übertragen.

Die Hardware unterstützt laut Data General bis zu 128 Benutzerterminals und ermöglicht durch das Betriebssystem AOS/VS (Advanced Operating System/ Virtual Storage) den simultanen Ablauf von 255 Prozessen.

Acht Ringe sichern

Die acht Speichersegmente bilden die hardwareseitige Grundlage eines achtstufigen Ringschutzmechanismus, Jeder Ring entspricht einer Stufe in der Privileghierarchie.

In den äußeren Ringen stehende Programme können nicht zu den in den inneren Ringen stehenden Programmen oder Daten zugreifen oder sie modifizieren, sofern sie dazu nicht privilegiert sind.

Das in den vier inneren Ringen stehende Betriebssystem ist in den logischen Adreßbereich des in den vier äußeren Ringen stehenden Benutzerprogramms integriert. Eine Achtringstruktur ermöglicht außerdem die Bereitstellung von vier Ringen für den Benutzer. Ein Systemhaus zum Beispiel kann diese Ringe für den eigenen Code verwenden und ihn so vor Störung oder Kopieren durch Benutzer schützen.

Das Befehlsrepertoire ist mit 350 Befehlen unterteilt in 32 Untergruppen eine Erweiterung der zur Programmierung anderer Eclipse-Systeme verwendeten Befehle. Dadurch kann die MV/8000 16-Bit- und 32-Bit-Code simultan verarbeiten, sogar in demselben Programm und ohne "Modusbit"-Emulation.

Die Kompatibilität mit anderen Eclipse-Systemen resultiert Data General zufolge aus der Architektur der MV/BWO und deren Befehlsrepertoire. Demzufolge können mit dem 16-Bit-Betriebssystem AOS erstellte Programme ohne Umkompilierung auch auf der MV/8000 verarbeitet werden.

Mikrocomputer für Diagnose

Der Systemsteuerprozessor (SCP) wird vom Data General-Computer MBC/1 gesteuert und beinhaltet eine Konsolsteuereinheit, die für das gesamte System-Timing sorgt, den SBUS, einen separaten Diagnosekanal für direkten und nicht unterbrechbaren Zugriff zu den Systemplatinen, ein Bedienungsterminal zur Übertragung der Befehle zum System und eine Diskettenstation mit 1,26 MB Kapazität.

Die Diskettenstation speichert das Betriebssystem des SCP, den Mikrocode der NW/8000, einen speziellen Diagnosemikrocode und protokolliert die vom SCP festgestellten abweichenden Systemfunktionen wie CPU-Speicher- und E/A-Fehler. Tritt ein Fehler auf, werden Fehlerart, Lage und Zeitpunkt erfaßt.

Neben dem SCP ist die Batterienotstromversorgung nach Ansicht des Herstellers ein weiteres wichtiges Element. Der Batterieteil versorgt das gesamte CPU-Gehäuse einschließlich den drei Prozessoren und den gesamten Hauptspeicher bei Bedarf für zwei Minuten mit Strom.

Sniffing prüft anders

"Sniffing" steuert zentral die einzelnen Speicherplatinen und liest bei der Auffrischung der MOS-RAM-Speicher ein Doppelwort. Das gelesene Doppelwort wird auf Fehler geprüft und korrigiert und in das Speichermodul zurückgeschrieben.

Die traditionelle Fehlerprüfung erfolgt nur, wenn eine Adresse angesprochen wurde. Wurde ein Teil des Speichers über längere Zeit nicht angesprochen, konnten sich Einzelbitfehler zu unkorrigierbaren Zweibitfehlern entwickeln. Da die Fehlerprüfung bei jeder Auffrischung mit einem anderen Doppelwort erfolgt, wird der gesamte Inhalt des Hauptspeichers alle vier Sekunden geprüft und bei Bedarf korrigiert.

Speichermoduln für die MV/8000 gibt es in Stufen zu 256 MB, und zwar maximal acht Moduln oder zwei Megabyte. Organisiert sind sie als 64 K Doppelwörter zu je 4 Byte. Mit jedem Doppelwort werden zur Fehlerprüfung und -korrektur sieben zusätzliche Bits gespeichert. Die Daten werden zwischen dem System-Cache und den Speichermoduln mit einer Leistung von 36,4 MB pro Sekunde übertragen.

Hardware-Beschleuniger

Der Adreßwandler (ATU) ist ein Hardwarebeschleuniger für das Seitenadressierungssystem des Speichers. Der ATU führt eine Tabelle mit maximal 256 Adreßumwandlungen und Zugriffsprivilegien für vor kurzem angesprochenen Seiten.

Außerdem erzeugt der ATU Modifikations- und Referenzbits. Das Modifikationsbit meldet, ob eine Seite im Speicher modifiziert worden ist und ob sie daher auf die Platte zurückgeschrieben werden muß oder einfach überschrieben werden kann. Das Referenzbit dagegen meldet, daß die Seite angesprochen worden ist. Es wird vom Betriebssystem für Seitenaustauschalgorithmen verwendet.

Das Eingabe-/Ausgabe-System der MV/8000 besteht aus dem Burst-Multiplexer-Kanal (BMC), einem Datenkanal und einem Eingabe-/Ausgabe-Prozessor (IOP), die alle vom E/A-Prozessor gesteuert werden. Alle über den BMC, den Datenkanal oder den IOP übertragenen Daten laufen direkt zum oder vom System-Cache. Den Prozessor brauchen sie dabei nicht zu durchlaufen.

Der IOP ist ein unabhängiger Prozessor mit Eclipse-Befehlsrepertoire und eigenem 64 KB-Speicher. Er verarbeitet und puffert die von der langsamen Peripherie wie Dasher-Bildschirm- und

-Druckerterminals und Kartenlesern eingegebenen Daten. Der IOP arbeitet als Vorschalt-Prozessor der MV/8000, der die CPU entlastet.

Er übernimmt die gesamte Terminalausgabe von der CPU und überträgt sie mit der erforderlichen Geschwindigkeit zu bis zu 128 Terminals.

Das Eingabe-/Ausgabe-System der MV/8000 kann auch mit einem zusätzlichen, zweiten Prozessor arbeiten - dem DFÜ-Prozessor DCU/200 mit 8 KB-Speicher, der sich für synchrone Übertragungsverfahren eignet.

Alte Software weiter verwendbar

Die Peripherie, die nahezu ausschließlich von Data General eigenen Angaben zufolge entwickelt und gebaut wird, umfaßt schnelle Festkopfplattenspeicher, 50-, 90-, 190- und 277-MB-Wechselplattenspeicher, 12,5 und 25 MB "Winchester"-Plattenspeicher, Bandstationen für 800 und 1600 und 6250 bpi und die Serie der Dasher-Terminals.

Zu der mit AOS/VS angekündigten Systemsoftware gehören drei neue optimierende 32-Bit-Sprachen, die den Ansi-Normen entsprechen, und zwar Fortran 77, PL/1 und Basic. Die MV/8000 verarbeitet des weiteren alle unter dem Betriebssystem AOS schon bisher zur Verfügung stehende Software, wie zum Beispiel Cobol Ansi 74, das Codasyl-Datenbanksystem DG/DBMS, dem Terminal-Prozessorsystem TPMS und Software für die Datenfernübertragung.