Schulung ist gerade für Manager wichtig.

05.09.1975

Mit Dipl.-Vw. Heidi Heilmann, Sprecherin der BDU-Fachgruppe Ausbildung und Training, sprach CW-Redakteur Otto Schulte

- Frau Heilmann, Sie sind nicht nur eine attraktive Frau, sondern auch EDV-Fachfrau. Sind Sie selbst Beispiel für eine zielorientierte Ausbildung?

Ich teile das Schicksal der meisten EDV-Leute in meinem Alter, - ich komme aus einem anderen Bereich und habe mich nachträglich in Datenverarbeitung und wiederum später in DV-Ausbildung eingearbeitet.

- Hatten Sie während Ihres Studiums Kontakt zum Computer?

Absolut keinen.

- Glauben Sie, daß heute öffentliches Ausbildungswesen, Fachschulen und Universitäten geeignet sind, die nötige Qualifikation für den EDV-Nachwuchs zu vermitteln?

Die Situation ist zweifellos im Vergleich zur Vergangenheit besser geworden. Wir sehen das in der Praxis darin, daß Hochschulabsolventen doch mit einem brauchbaren Grundwissen über den Computer an ihre erste Arbeitsstelle gehen, - was früher fast nie der Fall war.

- Sind die Probleme der Nachwuchs-Ausbildung heute schon und in Zukunft noch mehr Angelegenheit öffentlicher Bildungseinrichtungen?

Ich halte das für eine Tatsache, und auch in der BDU-Fachgruppe "Ausbildung und Training" sind wir uns darüber einig, daß unsere speziellen Interessen auf dem Gebiet der Erwachsenenbildung allein im Weiterbildungssektor liegen.

- Das Angebot an Ausbildungsmöglichkeiten rund um die EDV in Deutschland ist prima vista sehr groß. Genügt es der Nachfrage?

Das Angebot insgesamt ist in manchen Bereichen - etwa bei Ausbilduhgs- und Einführungskursen - vielleicht schon zu groß. Wir sind in der BDU-Fachgruppe aber der Meinung, daß zu wenig qualifizierte Weiterbildung angeboten wird und auch, daß das Angebot zu unübersichtlich ist. Deshalb bemühen wir uns, Qualität zu bieten und Überblick über das Ausbildungsangebot zu schaffen.

- In einer Selbstdarstellung der BDU-Fachgruppe "Ausbildung und Training" wird tatsächlich gesagt, daß Sie bei Ankündigungen und Leistungsdefinitionen das Prinzip der Wahrheit verfolgen. Können Sie mir das ein wenig erläutern?

Wir wollen ganz einfach ehrliche Kaufleute sein.

- EDV-Chefs sind nicht nur Fachleute, sondern zugleich Inhaber von Führungspositionen. Wenn es um das Up-Dating in der Qualifikation von Managern von EDV-Abteilungen geht, würden Sie vorrangig Auffrischung und Ergänzung der fachlichen Kenntnisse fordern oder ist es wichtiger, Führungsqualifikation zu vermitteln, - zu Lehren wie man mit Mitarbeitern umgeht und wie man mit der zuständigen Geschäftsleitung spricht?

Das regelmäßige fachliche Up-dating ist wohl eine Selbstverständlichkeit. Daneben ist es aber für einen großen Teil der EDV-Fachleute sicherlich wichtig und auch persönlich sehr bereichernd, wenn Führungs-Qualifikationen erlernt werden, wenn also auch menschliche Zusammenhänge jenseits des eigentlichen Fachwissens bewußter gemacht werden.

- Das ist die eine Seite, die andere betrifft das Veihältnis der EDV-Chefs zu ihrem Management.

EDV-Leiter haben es tatsächlich nicht leicht, sich zu verkaufen, - bei der Geschäftsleitung oder bei anderen höheren Führungskräften, die die EDV nicht verstehen und sich deshalb bedroht fühlen.

- Wenn das stimmt, sollte man vielleicht nicht die EDV-Leiter weiterbilden wollen, sondern stattdessen die Top-Manager in EDV, insbesondere in deren Anwendungsmöglichkeiten schulen?

Beides ist nötig, ich betone: Beides.

- Bleiben wir im EDV-Bereich. Ist wirklich anerkannt, daß auch die Mitarbeiter ständiger Fort- und Weiterbildung bedürfen?

Das bejahe ich voll. Allerdings, der EDV-Chef hat nicht zuletzt infolge der derzeitlichen wirtschaftlichen Situation erkannt, daß Weiterbildung möglichst effizient sein soll. Damit erklärt wohl auch, daß nach meinen Erfahrungen im Moment in erster Linie Weiterbildungslehrgänge gefragt sind, die wenige Tage dauern und die eine unmittelbare Wirkung auf Produktivität und Effizienz bei aktuellen Aufgaben versprechen.

- In der Selbstdarstellung der von Ihnen geleiteten BDU-Fachgruppe heißt es, daß sie Ausbildungsmaßnahmen nach "wirtschaftlichen Kriterien" empfehlen und durchführen. Wie sieht es in der Praxis konkret aus?

Für die Sachbearbeiter oder auch für untere Führungsebenen lassen sich in jedem Fall eindeutig nachprüfbare Lernziele formulieren, - also Lernziele, die man einer Lernerfolgskontrolle unterziehen kann. Je höher man in der Unternehmenshierarchie klettert, um so schwieriger wird es natürlich, den Nutzen einer Ausbildungsmaßnahme im voraus zu quantifizieren und im Nachhinein zu verifizieren.

- Erfolgs- und Kostenkontrolle in der Ausbildung heißt doch, daß man dergleichen effizient durchführen muß. Sind die Erfolge durch konsequente Anwendung moderner Methoden und Techniken der Wissensvermittlung zu verbessern?

Moderne Techniken als Hilfsmittel, um die Lernziele eines Seminars zu erreichen: "Ja." Moderne Techniken nur, um sagen zu können, wir setzen dies oder jenes ein: "Nein." Wir dürfen in diesem Zusammenhang nicht vergessen, daß es in der Datenverarbeitung, vor allem in der Weiterbildung der EDV-Fachleute selbst, überwiegend doch um die Vermittlung von Wissen, also um das Erreichen kognitiver Lernziele geht. Visualisierung, Mitarbeit der Teilnehmer sind wichtige Methoden, - aber das soll nicht in technische Spielereien ausarten.

- Ganz am Rande: halten Sie den Computer selbst für ein geeignetes Werkzeug in der Vermittlung von Wissen. Was halten Sie vom computerunterstützten Unterricht?

In der Sache sehr viel, auf die Zukunft bezogen demzufolge auch. Was die Wirtschaftlichkeit anbetrifft, so bin ich derzeit noch etwas skeptisch.

- Es gibt zumindest zwei MÖglichkeiten der Weiterbildung: die interne im Unternehmen und die externe durch Dienstleistungsunternehmen. Kann man der einen oder anderen Methode eindeutig einen Vorzug geben?

Ich darf vorausschicken, daß die Mitglieder der BDU-Fachgruppe "Ausbildung und Training" beides betreiben. Wir führen öffentliche Weiterbildungsveranstaltungen durch, wir unterrichten aber auch im Hause von Kunden. Welche Vorgehensweise besser geeignet ist, hängt einmal von den angestrebten Lernzielen ab, zum anderen von den Kosten. Wirtschaftlichkeit im Bereich der EDV-Weiterbildung heißt optimale Zusammenarbeit zwischen dem Unternehmen und zwischen externen Pärtnern. Es gibt Ausbildungsziele, die sich eindeutig billiger und einfacher außer Haus realisieren lassen. Es gibt andere die ideal sind für eine Zusammenarbeit. Und es gibt schließlich Ausbildungsziele, - zum Beispiel im Rahmen einer sehr viele Mitarbeiter berührenden EDV-Umstellung, die im Normalfall vermutlich mit eigenen Mitarbeitern am wirtschaftlichsten abgedeckt werden können.

- Verlassen wir die Niederungen der EDV-Abteilung und steigen wir gemeinsam in die Direktionsetage. Ihr Unternehmen, die Integrata, aber auch viele andere Institutionen, schulen Manager, um sie, sagen wir "computerminded", zu machen. Wie macht man das? Zunächst ist es sehr schwierig diese Leute auf einen EDV-Lehrgang zu bekommen. Die TOP-Manager mögen sich nur ungern mit einer so fremden Materie befassen. Wenn es aber gelingt diese Anfangsschwierigkeiten zu überwinden, in einem Großunternehmen also beispielweise ein erfolgreiches Seminar für obere Führungskräfte durchführt, dann ändern sich die Ansichten gegenüber der EDV sehr schnell.

- Führen doch Sie persönlich solche Schulungen für Top-Manager durch. In welchem Rahmen spielt sich das ab?

In einem verblüffenden Rahmen. Das sieht so aus, daß ich beispielsweise in einem bestimmten Fall regelmäßig mit etwa 15 Herren für eine Woche ins Kloster gehe.

- Glauben Sie, es gibt immer noch so viel Computermystik, daß man eine Stätte der Andacht braucht, um mit Managern über den Computer zu reden?

Der Grund ist viel einfacher. Die Stätte der Andacht liegt sehr idyllisch und sehr abgeschieden. Wir sind dort ungestört.

- Bringt man nun den Managern EDV-Wissen bei oder lehrt man sie, weiche Fragen man dem Computer stellen sollte, damit man als Manager auf das Wirtschaftsgeschehen bessere Antworten geben kann?

Wir bringen dem Manager bei, die richtigen Fragen in der richtigen Form an die EDV-Abteilung zu stellen. Damit er das kann, braucht er aber ein gewisses EDV-Grundwissen. Und er lernt, daß sein Gesprächspartner der DV-Leiter sein muß. Der teilnehmende Manager erkennt - hoffentlich -, daß Pannen, vielleicht auch durch die Fachbereiche mitverschuldet wurden. Und diese Einsicht führt in aller Regel zu einem verbesserten Verständnis zwischen dem EDV-Chef und dem Top-Management.

- Wenn Sie im Kloster einen Manager mit dem Computer versöhnt haben, hat das dann im Unternehmen einen, Multiplikationseffekt? Setzt sich das wohltuend fort bis hinunter zum Pförtner oder bleibt das auf der Direktionsetage?

Wir müssen vielleicht nicht unbedingt gleich an den Pförtner denken, aber - aus der Praxis gesprochen viele Bereichs- oder Hauptabteiiungen legen nach einem Seminar wert auf eine entsprechende Schulung ihrer Abteilungsleiter.

- Wem nutzt externe EDV-Ausbildung mehr, den Ausbildern oder den Auszubildenden?

Ich sagte schon, wir wollen ehrliche Kaufleute sein. Ein gutes Geschäft muß meiner Meinung nach immer ein gutes Geschäft für beide Partner sein.