O2-Vertrag

Schufa testet den gläsernen Kunden

28.11.2020
Von 
Hans-Christian Dirscherl ist Redakteur der PC-Welt.
Sie möchten bei O2 einen Vertrag abschließen, doch Ihre Schufa-Prüfung fällt zu schlecht aus? Ein neues Prüfverfahren soll Ihnen doch noch einen O2-Vertrag ermöglichen. Doch dafür müssen Sie Ihr Konto durchforsten lassen. Ein ehemaliger Datenschutzbeauftragter spricht von "Horror". Update: Das sagt O2.

„Schufa will Konten der Deutschen durchstöbern“. Ein erster Test laufe bereits - mit O2-Kunden. Das berichten die Süddeutsche Zeitung und der NDR. Darum geht es.

Die Schufa hatte am 16.11.2020 mitgeteilt, dass sie für Unternehmen die „Möglichkeiten der Bonitätsprüfung durch Kontodatenanalyse im Auftrag des Verbrauchers“ erweitere. Durch ein Überprüfungsverfahren namens „SCHUFA CheckNow“. Bei dem bereits laufenden Test mit O2 geht es also darum, dass Kunden der Abschluss eines Mobilfunkvertrags bei Telefónica Deutschland/O2 auch dann ermöglicht werden soll, wenn „herkömmliche Bonitätsinformationen nicht ausreichend“ seien.

Telefónica Deutschland/O2 testet ein neues Überprüfungsverfahren der Schufa.
Telefónica Deutschland/O2 testet ein neues Überprüfungsverfahren der Schufa.
Foto: Schufa

Konkret sieht das also so aus: Die herkömmliche Bonitätsprüfung durch die Schufa kommt für einen Kunden, der bei O2 einen Mobilfunkvertrag abschließen will, zu einem negativen Ergebnis. Daraufhin wird dem Kunden die Möglichkeit angeboten, einer zusätzlichen Überprüfung zuzustimmen, um so doch noch an einen O2-Mobilfunkvertrag zu kommen. Dieses zusätzliche Überprüfungsverfahren heißt „SCHUFA CheckNow“. Der Kunde muss hierbei der Schufa die Erlaubnis geben, seine Kontobewegungen wie z.B. Buchungen oder einzelne Kontostände genau prüfen zu dürfen. Das Bankgeheimnis wird sozusagen aufgehoben.

Die Kontoüberprüfung sei für den potenziellen O2-Kunden kostenlos und er müsse ihr ausdrücklich zustimmen. Die Kontoüberprüfung übernimmt das der Schufa gehörende Unternehmen finAPI GmbH. Dieses ist BaFin-lizensiert. Die finAPI GmbH übermittelt ihre Informationen dann an die Schufa, die diese Daten dann analysiert und das Ergebnis der Analyse an das beauftragende Unternehmen, in diesem Fall also O2, übermittelt. Auf Basis dieses Ergebnisses kann O2 dann erneut entscheiden, ob es dem Kunden doch noch einen O2-Vertrag abschließen lässt. Die Schufa betont, dass das beantragende Unternehmen, also in diesem Fall O2, die Kontoinformationen des überprüften Kunden nicht einsehen könne.

Sollte der Test mit O2 erfolgreich verlaufen, so plane „die SCHUFA das Verfahren allen Unternehmen zur Verfügung zu stellen, die Ihr Leistungsangebot einem erweiterten Kreis von Verbrauchern öffnen wollen.“ Die Schufa verspricht, dass „Daten Dritter (sogenannte Silent-Party-Data) oder Gesundheitsdaten, die aus den Kontoinformationen auslesbar sind“, nicht gespeichert werden würden.

Die Schufa betont, dass das alles durch die „Neuerungen der zweiten EU-Zahlungsdiensterichtlinie, kurz PSD2“ abgedeckt sei. „Verbraucher sollen dadurch in den Genuss mehrwertiger Services und Angebote kommen, die sie bisher nicht wahrnehmen konnten“, schwärmt die Schufa.

Die Süddeutsche Zeitung dagegen schwärmt deutlich weniger und warnt ganz im Gegenteil vor "SCHUFA CheckNow". Datenschützer würden Nachteile für die Verbraucher befürchten.

Bei "SCHUFA CheckNow“ liest die finAPI GmbH laut SZ alle Kontoauszüge und speichert diese Daten für zwölf Monate. Die Schufa weiß also nicht nur, wie viel Sie verdienen, sondern auch wofür Sie Ihr Geld ausgeben. Die SZ vermutet unter Berufung auf „interne Dokumente“, dass die Schufa „das Ziel verfolge, einen detailgetreuen Einblick in Millionen Kontoauszüge zu bekommen. Dieses Wissen könnte möglicherweise in eine Art Superscore fließen. Zum Nachteil von Verbrauchern, wie Datenschützer fürchten“, wie es die SZ formuliert.

Die SZ zitiert den langjährigen Bundesdatenschutzbeauftragter Peter Schaar mit den Worten, dass man sich mit der Erlaubnis "wirklich nackig“ mache und so „umfassende Persönlichkeitsprofile entstehen könnten - zum Nachteil der Verbraucher“. Denn aus den derart gewonnen Daten könnte ein Superscore entstehen, mit dem der Kunde „keinen Versicherungsvertrag oder keinen Kredit“ mehr bekommen könnte. Und Thilo Weichert, bis 2015 Datenschutzbeauftragter des Landes Schleswig-Holstein, wird von der SZ folgendermaßen zitiert: "Das ist für mich tatsächlich ein Horror."

Stellungnahme von Telefónica Germany

Wir fragten bei Telefónica Germany um eine Stellungnahme nach. Diese kam prompt. Telefónica Germany weist alle Verantwortung von sich und verweist auf die Schufa. Obwohl sich Telefónica Germany ja explizit als Testkandidat für dieses Pilotprojekt zur Verfügung gestellt hat.

Hier also die Stellungnahme von Telefónica Germany:

„Die Berichterstattung bezieht sich auf eine Datenverarbeitung, die komplett in der datenschutzrechtlichen Verantwortung der SCHUFA liegt. Wir bitten Sie daher, sich für ein Statement an die die SCHUFA zu wenden.

Auch das inhaltlich davon unabhängige „CheckNow“-Verfahren bietet die SCHUFA den Verbrauchern in komplett eigener datenschutzrechtlichen Verantwortung an.

Wir testen aktuell lediglich in einem Pilotprojekt mit einer geringen Zahl von weniger als 100 Nutzern die Nachfrage und Akzeptanz dieses CheckNow-Verfahrens der SCHUFA bei einigen unseren Kunden. Die Teilnahme ist freiwillig und setzt die aktive Einwilligung des Nutzers voraus. Verbraucher, für die keine bzw. eine unzureichende oder ältere negative Bonitätsinformationen vorliegen, können mit einem Verfahren wie CheckNow ihre aktuelle Bonität einfach nachweisen, um den gewünschten Mobilfunkvertrag oder eine Hardware-Finanzierung abzuschließen.“ Zitat Ende

Das ist bereits das zweite Mal, dass die Schufa in den letzten Monaten Schlagzeilen damit schreibt, dass sie neue Wege sucht, um Daten über Privatkunden zu sammeln: Fiese Datenbank könnte Wechsel zu günstigem Strom- & Gas-Tarif verhindern. (PC-Welt)