Schonfrist fuer Mainframes verlaengert

08.07.1994

"If you can't beat 'em, join 'em", so lautete frueher die Einstellung der DV-Branche gegenueber der IBM. Heute sieht es so aus, als habe sich Big Blue selbst dieses Motto auf die Fahnen geschrieben. Seit das IBM-Label nicht mehr synonym fuer "Industriestandard" steht, bemueht sich der DV-Riese um Interoperabilitaet mit dem Rest der DV-Welt.

Wer vor vier Jahren behauptet haette, das proprietaere Betriebssytem par excellence werde bald mit einem Posix-Interface ausgestattet, waere ausgelacht worden. Heute spricht IBM allen Ernstes von X/Open-Zertifizierung und Erfuellung der "Spec 1170". Das Kamel schickt sich an, durch das Nadeloehr zu kettern.

Auch wenn das Grossrechner- Betriebssystem DCE-faehig und X/Open- compliant ist, gibt es immer noch genug Argumente, auf kleinere Maschinen umzusteigen. Doch werden diese Gruende weniger. (Eigenen Angaben zufolge will die IBM sogar ihr Preisschema ueberarbeiten, um den Lizenzkosten ihre Ueberzeugungskraft zu nehmen.)

Den Anwendern duefte das recht sein: Der Umstieg aus einer Mainframe-dominierten in eine dezentrale Workstation-Welt verheisst zwar Belohnung, macht aber auch Muehe. Ausserdem werden selbst leidenschaftliche Unix-Fans nicht abstreiten, dass MVS in puncto Transaktionsdurchsatz und Sicherheit noch die Nase vorn hat.

Wer sich hingegen auch von der Aussicht auf ein offenes MVS nicht bei der Stange halten laesst, profitiert dennoch von der neuen IBM- Strategie: Mindestens genauso gut wie fuer die Interoperabilitaet eignet sich die Posix-Schnittstelle fuer die Portierung.