Open-Source-Systeme/CW-Interview mit Brian Behlendorf

"Schnellere Projekte zu besseren Preisen"

12.05.2000
Brian Behlendorf, Gründer des Apache-Web-Server-Projekts, hat sich an ein neues Unternehmen gewagt: Gemeinsam mit dem Verlag O''Reilly & Associates gründete er vor einem knappen Jahr Sourcexchange. Dabei handelt es sich um einen virtuellen Marktplatz, bei dem Firmen Entwickler sponsern, die ihnen im Gegenzug Open-Source-Software für konkrete Projekte schreiben. Mit ihm sprach im Auftrag der CW Eva-Katharina Kunst.

CW: Wie entstand die Idee für dieses Modell der Open-Source-Softwareentwicklung?

Behlendorf: Tim O''Reilly und mir fiel auf, dass viele kommerzielle Firmen, die Open Source nutzen wollten, nicht wussten, an wen sie sich wenden sollten. Wir kamen dann auf die Idee, ein unabhängiges Vertragsmodell zu promoten und einen zentralen Service zu gründen: für Kunden, die nach Entwicklern suchen, und für Open-Source-Entwickler, die bezahlte Arbeit finden wollen.

CW: Warum sollten Kunden ihre Projekte von Sourcexchange verwirklichen lassen?

Behlendorf: Wir haben langjährige Erfahrung in der Softwareentwicklung und ermöglichen den gleichen Input, der sich in den erfolgreichen Open-Source-Projekten findet. Die Sponsoren profitieren davon: nicht nur indem sie auf unsere bewährten Methoden zurückgreifen können, sondern auch durch einen schnelleren Projektabschluss und geringere Entwicklungskosten. Allerdings sind wir für Unternehmen, deren Produkte in hohem Maße proprietär sind, nicht geeignet.

CW: Ist Ihr Entwicklungsmodell denn auch für wirklich große Projekte geeignet?

Behlendorf: Ja, das ist von der Größe unabhängig. Wir haben bereits komplexe Projekte realisiert - nicht nur etwa Patches oder Updates, wie manche denken.

CW: Welche IT-Größen haben konkret Interesse bekundet?

Behlendorf: Mit Hewlett-Packard haben wir zwei Projekte abgeschlossen, mehrere weitere laufen gerade. Auch Novell und Ricoh suchen zurzeit bei uns nach Open-Source-Entwicklern für ihre Vorhaben.

CW: Wie viel Zeit vergeht durchschnittlich vom Entwicklungsvorschlag durch ein Unternehmen bis hin zum Projektstart?

Behlendorf: Wir geben den Entwicklern zwei bis drei Wochen Zeit, um Vorschläge abzugeben. Ist ein Vorschlag ausgewählt, dauert es knapp eine Woche, bis das Projekt losgeht.

CW: Einer der teuersten Faktoren in der Softwareentwicklung ist die Wartung. Bei Sourcexchange entsteht der Eindruck, als ob die Erstellung der Software im Vordergrund stünde - und die Wartung außen vor gelassen wird.

Behlendorf: Ganz klar - in erster Linie geht es uns auch um die Entwicklung der Software. Allerdings ist es dem Sponsor möglich, die Wartung als Meilenstein im Projekt zu definieren. Wir bieten darüber hinaus Services an, die Anwenderunternehmen zu Gemeinschaften rund um Open-Source-Technologien zusammenschließt. Die Wartung der Technologien und der Software würde dann von den Entwicklern in solchen Gemeinschaften besorgt werden - so wie bei anderen Projekten à la Apache-Server auch.

CW: Welchen Zulauf erwarten Sie für dieses Jahr?

Behlendorf: Wir rechnen mit mehr als 100 aktiven Projekten bis zum Jahresende.

CW: Wie empfinden Sie die Kommerzialisierung von Open-Source-Produkten?

Behlendorf: Open Source davor bewahren zu wollen ist naiv. Es ist doch so: Immer mehr kommerzielle Unternehmen bilden Business-Modelle rund um Open Source - und immer mehr kommerzielle Softwarepakete enthalten Open-Source-Komponenten. Und das ist gut so. Denn wahre Open-Source-Software verteidigt ihren öffentlichen Nutzen: das Recht, die Software zu kopieren, zu modifizieren und zu verteilen - und das ohne Zustimmung des ursprünglichen Autors.