Schnee von gestern

30.05.1975

Es gab einmal eine schöne Idee: Wer Software braucht, sollte dafür nach dem Grad der Nutzung bezahlen - intensiver Einsatz eines Paketes hätte dann viel gekostet, eine nur gelegentliche Verwendung entsprechend weniger. So plante der "Bundesverband Druck", für sein Abrechnungs- und Informationssystem Daisy den Anwendern einen Preis von 272 Mark je Beschäftigten zu berechnen. Das ist aber "Schnee von gestern": Der Verband hat das Programmpaket an das Rechenzentrum Südwest in Stuttgart und das Gutenberg- Rechenzentrum in Hannover abgegeben, die Daisy vollends fertigstellen und dann erst einmal im RZ - Betrieb einsetzen.

ADV /Orga kündigte vor drei Jahren an, sie wolle versuchsweise statt fester Preise für ihre Orgware einen bestimmten Prozentsatz der Maschinenmiete verlangen - bei dieser Methode hätte ebenfalls der Kleine wenig, der Große viel bezahlt. Aber heute ist man immer noch beim alten Verfahren: für ein Software- Paket zahlt jeder den gleichen Preis. "Gründe der Markttransparenz und des Iauteren Wettbewerbs" werden für diesen Rückzieher angeführt. "Außerdem würde man die kaufmännische Praxis auf den Kopf stellen, wenn ein großer, potenter Kunde, der seinen Preisvorstellungen Nachdruck verleihen kann, das Mehrfache dessen bezahlen sollte, was von einem Mittelbetrieb verlangt wird" meint ADV/Orga - Chef F. A. Meyer heute. Bleibt noch die Düsseldorfer Beratungsgesellschaft DbO: Ihre Verkaufslenkungssysteme sind wahlweise auch für eine Gebühr von 0,08 Prozent des Umsatzes zu haben. Eine verkaufsentscheidende Bedeutung hat diese Preisgestaltung seit 1972 nicht erlangt.

Was als gerecht und betriebswirtschaftlich vernünftig gelobt wurde, gilt jetzt nur noch als "verlockende Idee". Da die Idee aber weder von den großen Systemherstellern aufgegriffen noch von den großen Kunden befürwortet wurde, sind die Kleinen weiterhin die Dummen. -py