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Schlüpfrige E-Mail sorgt in England für Aufregung

19.12.2000

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Eine frivole E-Mail einer jungen Engländerin hat ungeahnte Folgen: Weil ihr Freund die vertrauliche Nachricht weiterleitete, droht mehreren Angestellten einer Londoner Anwaltskanzlei der Rausschmiss.

Eigentlich wollte die junge Dame ihrem Freund via E-Mail nur einen anzüglichen Witz schicken. Doch dann fügte sie einen ihm schmeichelnden Kommentar hinzu, in dem sie auf ein sexuelles Erlebnis der beiden Bezug nahm. Der stolze Lover nahm dies zum Anlass, fünf seiner Freunde bei einer Londoner Anwaltskanzlei von seinen Qualitäten in Kenntnis zu setzen - das Unglück nahm seinen Lauf.

Diese wiederum fanden die Geschichte nämlich so interessant, dass sie sie ihrerseits weiterleiteten. Über mehrere Anwaltskanzleien soll das Corpus Delicti schließlich bis nach Neuseeland gelangt sein. Den Angestellten drohen nun einem Bericht der "BBC" zufolge strenge Disziplinarmaßnahmen ihres Arbeitgebers: Die IT-Spezialisten der Kanzlei hatten das Management informiert, nachdem sie von der Sache Wind bekommen hatten. Wegen Verstoßes gegen interne Regelungen kann sie das Weiterleiten der obszönen E-Mail möglicherweise ihren Job kosten.

Ob englische Unternehmen die elektronische Post ihrer Angestellten überwachen dürfen, ist rechtlich noch nicht einwandfrei geklärt. Seit dem Inkrafttreten des Regulation of Investigatory Powers Act (RIP) im Oktober haben zumindest britische Ermittlungsbehörden und der Geheimdienst MI5 das Recht, E-Mails und Internet-Datenkommunikationen im großen Stil mitzuverfolgen. Dazu werden Black Boxes bei den britischen Providern installiert, die von einem Spionagezentrum im Hauptquartier des MI5 aus kontrolliert werden. Theoretisch könnte dies bedeuten, dass Firmen ihrerseits die elektronische Kommunikation ihrer Angestellten überwachen und mitlesen dürfen, um nicht mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten.

Ungeachtet dieser Diskussion hat die britische Skandalpresse das komplette Ereignis in gewohnter Manier genüsslich breitgetreten, eine Zeitung druckte die betreffende E-Mail sogar ab - wobei die härtesten Passagen allerdings geschwärzt waren. Die junge Frau wurde ausfindig gemacht und musste untertauchen, um der Presse zu entgehen. Ein Herrenmagazin soll ihr unterdessen einen Job als Sex-Kolumnistin angeboten haben.