US-Regierung beteiligt sich an Entwicklungskosten

Schließt SGI das Kapitel Cray-Supercomputer?

08.10.1999
MÜNCHEN (CW) - Laut SGI wird in nächster Zukunft ein großer Teil der Cray-Supercomputer-Division an einen Interessenten verkauft, der nicht aus der Computerbranche kommt. Trotzdem verfolgt der Hersteller nach wie vor langfristige Entwicklungsprojekte mit neuen Hochleistungsrechnern, die unter anderem von US-Behörden wie der National Security Agency (NSA) finanziert werden.

Seit den im August angekündigten Restruktrurierungsplänen gab es immer wieder Spekulationen um die Zukunft von SGIs Supercomputersparte. Nach einem Bericht des "Wall Street Journal" will sich der in Mountain View ansässige Hersteller von einem großen Teil seines Cray-Geschäftsbereichs trennen. Die Kalifornier hoffen, sich in naher Zukunft mit dem Interessenten zu einigen, der nicht aus der Computerbranche stammen soll. Der große Unbekannte soll eine Mehrheitsbeteilung an Cray übernehmen.

SGIs Vice-President und Verantwortlicher für die Supercomputer-Division Beau Vrolyk lehnte es jedoch ab, weitere Angaben zu machen. Weder den Namen des potentiellen Käufers noch einen Preis wollte der Manager nennen. Auch Jochen Krumpe, Marketing-Leiter für Europa bei SGI, wollte sich zu den Gerüchten nicht weiter äußern. Im Sinne einer schnellen und sauberen Neuorientierung des Konzerns wolle man die laufenden Verhandlungen nicht durch vorschnelle Verlautbarungen torpedieren, erklärte der SGI-Mann.

1996 hatte SGI Cray für einen Kaufpreis von 740 Millionen Dollar übernommen. Branchenkenner mutmaßten bereits seit längerem, daß das Server-Geschäft zwar erfolgreich arbeite, Workstations und Supercomputer dagegen nur mäßig zum Gesamtumsatz beitrügen. Daher sei es auch nur eine Frage der Zeit, bis SGI sich von Cray trennen würde, spekulierten Insider.

US-Geheimdienst will Superrechner mitentwickeln

Ungeachtet der Verkaufsabsichten plant SGI weitere Supercomputerprojekte. So teilte Vrolyk mit, gemeinsam mit dem US-amerikanischen Geheimdienst National Security Agency (NSA) sowie weiteren US-Behörden einen neuen Superrechner entwickeln zu wollen.

Die "Cray SV2", der Nachfolger der "Cray SV1", werde vektor- und skalare Prozessorarchitekturen in einer Maschine vereinigen. Die SV2 soll eine Leistung von mehreren zehn Teraflops bieten. Ein Teraflop entspricht einer Billion Berechnungen pro Sekunde. Der im Augenblick schnellste Supercomputer (Intels "Asci Red") schafft 2,1 Teraflops. Mögliche Einsatzgebiete liegen laut Hersteller im Verteidigungsressort, bei der Simulation von Wetterphänomenen oder in der Raumfahrttechnik. Die Einführung des Rechners ist für Mitte des Jahres 2002 anvisiert.

SGI erklärte, die US-Behörden würden die Entwicklung des Supercomputers "signifikant" unterstützen. Eine genaue Summe wurde allerdings nicht bekanntgegeben. Insider gehen davon aus, daß die Finanzspritze schon im ersten Jahr im zweistelligen Millionenbereich liegen werde. Die US-Regierung wird demzufolge über einen Zeitraum von fünf Jahren die Entwicklung der Supercomputerlinie "SV2" absichern. Laut "Wall Street Journal" haben beide Seiten in diesem Jahr jeweils bereits über zehn Millionen Dollar in das Projekt gesteckt, das seit etwa sechs Monaten läuft. George Cotter, Chefwissenschaftler der NSA, erklärte, die Entwicklung dieser Supercomputer habe essentielle Bedeutung für die Sicherheit der Vereinigten Staaten.