Das Ende des Abschwungs ist nicht in Sicht

Schlechte Quartalszahlen drücken auf die Stimmung

26.07.2002
MÜNCHEN (CW) - Die sommerliche Bilanzsaison hat begonnen - und der lang ersehnte Aufschwung zeichnet sich nicht ab. Neben den kleinen IT-Anbietern hat es nun auch die vermeintlich krisenresistenten Schwergewichte erwischt.

Heimlich, still und leise ist die IT-Branche von der Erwartung abgerückt, dass sich die angespannte Situation ab der Jahresmitte 2002 bessern könnte. Viele Analysten und Manager hatten im vergangenen Jahr den Aufschwung für das aktuelle Quartal prognostiziert, da erstmals die enttäuschenden Zahlen von 2001 für den Vergleich herangezogen würden und nicht mehr die Profite des Boomjahres 2000. Die Hoffnung hat getrogen, der Boden ist noch nicht erreicht, und die Aussichten für die nächsten Monate sind weiterhin durchwachsen.

EMC: Nach drei Minusquartalen 800 000 Dollar Nettogewinn

EMC-Chef Joseph Tucci hält es demzufolge bereits für eine gute Nachricht, dass es kaum noch schlimmer werden kann. Der Umsatz des Speicherspezialisten sank um 31 Prozent, der Nettogewinn brach zum Vorjahresergebnis um 99 Prozent auf knapp eine Million Dollar ein. Allerdings war die Firma froh, nach drei Quartalen im Minus überhaupt einmal wieder schwarze Zahlen zu schreiben.

Allen voran haben auch die klassischen Computerfirmen mit den Widrigkeiten der Konjunktur zu kämpfen. Chiphersteller AMD büßte mehr als ein Drittel des Vorjahresumsatzes ein, das Nettoergebnis drehte vom Plus ins Minus. Der Verlust von 185 Millionen Dollar fiel dabei überraschend hoch aus, und auch im laufenden Quartal werden rote Zahlen erwartet. Der Markt ist schwach, hieß es, und der Preiskampf mit Intel zehrt an den Reserven.

Dessen Bilanz fiel verglichen mit den anderen Unternehmen nicht schlecht aus, doch hatten die Analysten mehr von dem Chipriesen erwartet. Der Nettogewinn stieg gegenüber dem Vorjahr um 128 Prozent auf 446 Millionen Dollar, die Einnahmen blieben konstant auf dem Niveau des Vorjahres. Zudem konnte Intel laut CEO Craig Barrett die Marktanteile in allen Segmenten ausbauen. Einziger Schönheitsfehler: Das Marktvolumen wächst lediglich noch durch saisonale Einflüsse. Ein Ende der Branchenkrise sei daher noch nicht in Sicht.

Dort stecken die Softwerker von i2 Technologies immer noch mitten drin, denn sie haben es nicht geschafft, den dreistelligen Millionenverlust des Vorjahres signifikant zu verringern. Das Minus reduzierte sich von 861 Millionen auf lediglich 757 Millionen Dollar, was beim besten Willen nicht für eine Trendwende ausreicht: Der Umsatz brach nämlich gleichzeitig um 52 Prozent auf 120 Millionen Dollar ein. Auch die SAP-Minderheitsbeteiligung Commerce One konnte nicht glänzen, denn von den Einnahmen des Vorjahres blieb mit 27,8 Millionen Dollar nur noch ein Viertel übrig. Immerhin verbesserte sich der Nettoverlust auf 71 Millionen Dollar - von 2,1 Milliarden Dollar minus im Sommer des vergangenen Jahres.

Der ERP-Anbieter Peoplesoft schaffte es, besser als von der Wallstreet erwartet abzuschneiden. Dennoch fiel der Umsatz von 545 Millionen auf 482 Millionen Dollar, und das Nettoergebnis reduzierte sich von 47,4 auf 36 Millionen Dollar. Trotzdem begrüßten Analysten die Zahlen, weil sie angesichts der Ergebnisse von SAP und Siebel schlimmere Nachrichten von den Kaliforniern befürchtet hatten.

Düster sieht es auch bei den TK-Herstellern aus - Nokia, Ericsson und Nortel mussten Umsatzeinbußen hinnehmen. Die Finnen senkten zum dritten Mal innerhalb von drei Monaten ihre Prognose und hoffen nun auf das Weihnachtsgeschäft. Nortel reduzierte den Nettoverlust von knapp 19,5 Milliarden auf knapp 700 Millionen Dollar, Ericsson geht davon aus, erst 2003 in die Gewinnzone zu kommen; 5000 Stellen sollen bei den Schweden abgebaut werden.

Von der negativen Entwicklung der IT-Industrie sind nicht nur die Aktionäre, sondern in erster Linie die Mitarbeiter der Unternehmen betroffen. Weitere Kahlschläge in den Belegschaften zeichnen sich folglich für den Herbst ab. Intel streicht 4000 Stellen oder knapp fünf Prozent, bei i2 Technologies sind es 1400 von derzeit 4800 Angestellten. Motorola hat im vergangenen Jahr mehr als 55000 Jobs abgebaut und liegt nun wieder mit etwa 100000 Beschäftigten auf dem Stand von 1995. Selbst der notorische Optimist Tom Siebel trennt sich von 16 Prozent oder 1100 Mitarbeitern, und SAP will vorerst frei werdende Stellen nicht neu besetzen.

Symantecs Umsatz legt gegen den Trend um 39 Prozent zu

Für einen der wenigen Lichtblicke sorgten hingegen die Sicherheitsanbieter. So hatte Network Associates vorvergangene Woche die Erwartungen erfüllen können, und Symantec überbot die Leistung noch. Der Umsatz mit Unternehmensanwendern stieg um 35 Prozent, die Einnahmen aus dem Endkundengeschäft wuchsen sogar um 133 Prozent, verglichen mit dem Vorjahr. Insgesamt legte der Umsatz um 39 Prozent auf 316 Millionen Dollar zu. Der Nettoverlust von 21 Millionen Dollar im gleichen Zeitraum 2001 wurde in einen Profit von 56,6 Millionen Dollar umgewandelt. (ajf)

Quartalsergebnisse im Überblick

Unternehmen / Umsatz in Dollar / Veränderung zum Vorjahr / Nettoergebnis in Dollar / Nettoergebnis Vorjahr in Dollar / Prognose

AMD / 600 Millionen / - 39 Prozent / -185 Millionen / 17 Millionen / gleichbleibend

Apple Computer / 1430 Millionen / -3 Prozent / 32 Millionen / 61 Millionen / schlechter

Commerce One / 28 Millionen / -73 Prozent / -71 Millionen / -2070 Millionen / -

Compuware / 347 Millionen / -23 Prozent / 23 Millionen / 34 Millionen / gleichbleibend

EMC / 1390 Millionen / -31 Prozent / 0,8 Millionen / 109 Millionen / gleichbleibend

Ericsson / 4182 Millionen / -31 Prozent / -296 Millionen / -1519 Millionen / schlechter

i2 Technologies / 120 Millionen / -52 Prozent / -757 Millionen / -861 Millionen / -

IBM / 19 700 Millionen / -6 Prozent / 56 Millionen / 2040 Millionen / gleichbleibend

Intel / 6320 Millionen / ± 0 Prozent / 446 Millionen / 196 Millionen / gleichbleibend

Microsoft / 7060 Millionen / +10 Prozent / 1530 Millionen / 65 Millionen / gleichbleibend

Motorola / 6700 Millionen / -11 Prozent / -2300 Millionen / -759 Millionen / gleichbleibend

Nokia / 6970 Millionen / -6 Prozent / 870 Millionen / 595 Millionen / schlechter

Nortel Networks / 2773 Millionen / -40 Prozent / -697 Millionen / -19 430 Millionen / gleichbleibend

Peoplesoft / 482 Millionen / -11 Prozent / 36 Millionen / 47 Millionen / gleichbleibend

SAP / 1780 Millionen / -4 Prozent / -234 Millionen / 116 Millionen / gleichbleibend

Siebel Systems / 406 Millionen / -28 Prozent / 30 Millionen / 65 Millionen / schlechter

Sun Microsystems / 3420 Millionen / -14 Prozent / 20 Millionen / -88 Millionen / schlechter

Symantec / 316 Millionen / +39 Prozent / 57 Millionen / -21 Millionen / gleichbleibend

Veritas Software / 365 Millionen / -6 Prozent / 26 Millionen / 129 Millionen / gleichbleibend