Mittelständische Softwarehäuser bieten interessante Tätigkeiten, nur

Schlechte Karriere-Perspektiven animieren DV-Cracks zum Gehen

29.05.1992

DORTMUND (hk) - Mittelständische Unternehmen aus der Software-Industrie sind im Wettstreit um die besten Kandidaten keineswegs unterlegen, wenn die zukünftigen Mitarbeiter früh eigene Verantwortung übernehmen oder unternehmend handeln können. Bieten sie den qualifizierten Nachwuchskräften allerdings keine Perspektiven an, sind diese schnell weg.

Gleich zwei Studien beschäftigen sich mit Personalproblemen der Mittelständler. Die Access GmbH in Köln wollte im Auftrag der Software-Industrie-Support Zentrums (SISZ) GmbH Dortmund, wissen, worauf Informatikabsolventen bei der Auswahl ihres zukünftigen Arbeitgebers Wert legen. Eine zweite Studie von der Arbeitsgemeinschaft Selbständiger Unternehmer (ASU) und Professor Christian Scholz, Saarbrücken, widmete sich dem Thema Personal-Marketing und Hochschulkommunikation im deutschen Mittelstand.

Als interessantes Ergebnis brachte die Access-Studie zutage, daß sich mittelständische Unternehmen im Wettbewerb nur die besten Kandidaten keinesfalls zu verstecken brauchen. Den Informatikabsolventen seien die Vorzüge der Kleinen bekannt. Als besondere Stärken schätzen sie die Freiräume für kreative Ideen, die Möglichkeit der schnellen Übernahme von Verantwortung und ein gutes Arbeitsklima. Flache Hierarchien und breite Verantwortungsbereiche gelten laut Studie als weitere Vorteile gegenüber Großunternehmen aus Absolventensicht.

Ähnlich sieht das Ergebnis der ASU-Studie aus, in der mittelständische Geschäftsführer oder Personalverantwortliche begründen, warum ihr Unternehmen für Hochschulabsolventen interessant sein könnte. Immerhin 80 Prozent hielten eigenverantwortliches Arbeiten für einen besonderen Vorzug, 76 Prozent lobten die abwechslungsreiche Tätigkeit, und 70 Prozent gaben die geringe Anzahl von Hierarchieebenen an (wobei Mehrfachnennungen möglich waren). Ganz unten in der Skala rangieren Kriterien wie Laufbahnplanung, Auslandsaufenthalte und hohe Gehälter.

Häufig entscheiden sich aus genau diesen Gründen Junginformatiker gegen den Mittelstand, das bedeutet also, daß den Mittelständlern ihre Probleme bekannt sind.

Konkret sehen die Absolventen vor allem folgenden Schwächen: Weiterbildung, Internationalität des Einsatzes sowie technologisches Know-how und Forschungsorientierung. Weitere Minuspunkte seien die geringeren Sozialleistungen sowie die mangelnde Sicherheit des Arbeitsplatzes.

Damit dem Mittelstand nicht nur die Absolventen als Bewerber verblieben, die von Großunternehmen abgelehnt würden, seien nach Auffassung der SISZ GmbH eigene Aktivitäten der kleinen Softwarehäuser erforderlich.

Diesen würde es an Bekanntheit mangeln, so die SISZ. "Während Großunternehmen bereits ohne Personal-Marketing eine große Anzahl von Initiativbewerbungen erhalten, muß der Mittelstand immer wieder auf sich aufmerksam machen", empfiehlt die Studie.

Es gehe darum, die vorhandenen Stärken zu definieren und zu vermitteln. Gerade die mittelständischen Softwarefirmen sollten ihr gutes Arbeitgeberimage verstärkt nutzen und vermeintlichen Nachteilen durch kommunikative Maßnahmen begegnen.

Scholz fordert von den Mittelständlern ein Programm zur Personalentwicklung, sonst würden die Nachwuchskräfte spätestens nach zwei Jahren gehen.