Das B&B-Konzept

Schlanke Prozesse und Anwendungen aus der Cloud

29.10.2014
Von 
Karin Quack arbeitet als freie Autorin und Editorial Consultant vor allem zu IT-strategischen und Innovations-Themen. Zuvor war sie viele Jahre lang in leitender redaktioneller Position bei der COMPUTERWOCHE tätig.
Komfortabel und chic, aber ohne Rüschen und Fransen - diese Optik gefällt den Gästen der Hotelkette B&B. Das französische Beherbergungsunternehmen überträgt dieses Prinzip auch auf seine Geschäftsprozesse sowie die IT-Ausstattung: Thin Clients und Cloud-Applikationen passen dort gut hinein.

Laut Gartner entwickeln sich "Chromebooks" zu Bestsellern: Im laufenden Jahr werden Anbieter wie Samsung, Acer, Hewlett-Packard oder Lenovo zusammen mehr als fünf Millionen der mobilen Devices mit dem Google-Betriebssystem Chrome OS verkaufen; 2017 sollen es bereits mehr als 14 Millionen sein. Und einige dieser Subnotebooks, die zur Speicherung der Daten und Applikationen auf die Cloud zugreifen, gehen dann sicher an die Hotelkette B&B.

Deren deutsche Division betreibt derzeit knapp 70 Zwei-Sterne-Plus-Hotels. Pro Jahr kommen etwa zehn neue Häuser hinzu. B&B wirbt vor allem um jüngere, zum Self-Service bereite Kunden. Zur Zimmerausstattung gehören beispielsweise kostenlose Extras wie WLAN und Sky-Empfang. Gespart wird hingegen an den Prozessen: "Hier müssen wir schlank sein", sagt IT-Direktor Stéphane Martin, "deshalb bieten wir dem Gast an, einen Teil der Arbeit zu übernehmen."

Frühstücksraum im B&B Hotel Berlin
Frühstücksraum im B&B Hotel Berlin
Foto: B&B Hotel

Chrome in der Lobby

Das jüngste Angebot, das die zehnköpfige IT-Mannschaft den B&B-Gästen in Deutschland machen will, ist ein Online-Check-in. Wer es weniger persönlich und dafür schnell mag, kann nicht nur online buchen und - mit Hilfe des Dienstleisters Saferpay - bezahlen. Vielmehr ist er demnächst auch in der Lage, über das Internet ein- und auszuchecken: Statt einer Key-Karte bekommt er via SMS oder E-Mail einen sechsstelligen Zahlencode, mit dem er für die Dauer seines Aufenthalts das Zimmerschloss öffnen kann.

Im Wandel begriffen ist auch die Internet-Nutzung in den Hotel-Lobbys. Bislang stehen dort noch Windows-Terminals, für deren Nutzung die Hotelkette eine Gebühr erhebt. In den neuesten B&B-Hotels werden nun platzsparende und preisgünstige "Chromebox"-Würfel installiert, die der Kleinstrechner-Pionier Asus fertigt. Die Gäste dürfen sie kostenlos nutzen. Bislang sind die Rechner in drei Häusern installiert - Tendenz monatlich steigend.

Die Umstellung der bestehenden Hotels wird noch etwas Zeit in Anspruch nehmen, erläutert Martin. Die Windows-Terminals seien gerade erst aufgerüstet worden worden, bevor die Chromebox auf den Markt kam: "Aber ich werde für das kommende Jahr budgetieren, dass wir auch die älteren Häuser aktualisieren."

Die Chromebox biete einige Vorteile, versichert der in Köln heimische Dienstleister Cloudpilots Software & Consulting GmbH, den die Hotelgruppe als Systemintegrator angeheuert hat. Das Surfen damit sei schneller und sicherer: Da der kleine Würfel keine Festplatte habe, könnten die Gäste auch nicht aus Versehen ihre Anwendungen oder Dateien abspeichern. Jede Applikation oder Site werde in einer abgeschlossenen "Sandbox" geöffnet.

Google Apps für die Verwaltung

Wie Martin ergänzt, entwickelt das Gerät weniger Abwärme als größere Rechner. Zudem biete es eine Bluetooth-Schnittstelle und die Möglichkeit, zwei Monitore anzuschließen.

Auch für den Hausgebrauch setzt der IT-Direktor auf Chrome, wo es geht. Bislang benötige die eingesetzte Hotelreservierungssoftware ("Opera" von Micros-Fidelio) noch einen Windows-7-Client, aber der Anbieter habe eine Browser-neutrale Version in Aussicht gestellt. Außerdem prüfen Martin und sein Team derzeit die Möglichkeit, über eine VDI (Virtual Desktop Infrastructure) mit VMware oder Citrix den Windows-7-Client vom Data-Center aus zur Verfügung zu stellen.

Wenn diese Anbindung möglich sei, könne er sich Chromebooks als Endgeräte vorstellen, so der IT-Verantwortliche. Jene mobilen Devices also, die vor allem durch den geringen Anschaffungspreis glänzen. Bislang seien in der Wiesbadener B&B-Zentrale erst drei Chromebooks in Gebrauch, räumt Martin ein. Im kommenden Jahr werde aber auf jeden Fall ein rundes Dutzend hinzukommen.

Hohe Verfügbarkeit ohne Installationsarbeit

Von Google stammen aber immer häufiger auch die Personal-Productivity-Tools der B&B-Mitarbeiter. Bis zum Ende des kommenden Jahres sollen alle die Anwendungssuite "Google Apps for Work" nutzen. Die habe, so Martin, "bei unserer französischen Muttergesellschaft auch die Skeptiker schnell überzeugt". Mit der Entscheidung, ab Juli 2013 diesem Beispiel zu folgen und Outlook sukzessive zu ersetzen, fühle er sich "bis heute sehr glücklich".

Die zentrale Cloud-Infrastruktur sei nicht nur kostengünstig, sondern vereinfache auch die Zusammenarbeit der knapp 60 Verwaltungsmitarbeiter in Wiesbaden, beteuert Martin. Beispielsweise könnten die in der Cloud gespeicherten Daten bei einem Systemausfall nicht mehr verloren gehen. Und im Falle eines Geräteausfalls könne der Mitarbeiter sofort auf einem anderen Gerät weiterarbeiten. "Das wird damit quasi zum Wegwerfgerät", bringt Martin die Entwicklung seiner Strategie auf den Punkt.

Auch von der administrativen Seite her habe diese Infrastruktur ihre Pluspunkte, wie der IT-Chef weiter ausführt:

  • Die Geräte lassen sich zentral konfigurieren und warten.

  • Die Administratoren können mehr als 120 Sicherheits- und Geräterichtlinien überwachen. So lassen sich WLANs oder Apps für die ganze Gruppe synchron einrichten.

  • Der Viren- und Malware-Schutz wird beim Software-Update automatisch aktualisiert.

  • "Vor allem aber mussten wir keine eigene Hochverfügbarkeits-Umgebung aufbauen", konstatiert Martin. Das PaaS-Angebot (Platform as a Service) resultiere in einer Verfügbarkeit von etwa 99,5 Prozent.

Ursprüngliche Skepsis

Er sei zunächst skeptisch gegenüber der Cloud gewesen, räumt der IT-Direktor ein: "Wir haben alle möglichen juristischen Gründe ausgegraben, die dagegen sprechen könnten." Beschäftigt habe ihn auch die Frage, wie es die Hotelgäste finden könnten, wenn ihre persönlichen Daten außerhalb Deutschlands gespeichert würden. Aber letztlich sei er zu dem Schluss gekommen, dass diese Bedenken angesichts des größtenteils doch recht sorglosen Umgangs mit Facebook, WhatsApp & Co. gegenstandslos seien: "Es kommt doch nicht darauf an, wo man die Daten ablegt, sondern welche Daten man überhaupt veröffentlicht."

Demnächst mit Chromeboxen

  • Alle B&B-Hotels (im Foto der Frühstücksraum des Berliner Hauses) haben WLAN-Anschluss auf den Zimmern.

  • In der Lobby steht zum Gebrauch durch die Gäste meist noch ein Windows-Terminal bereit.

  • Die neuen Häuser bekommen stattdessen Chromeboxes.

  • Das ist schneller, sicherer und am Ende preiswerter, so der IT-Chef.

  • Das Wanddekor passe sich der jeweiligen Stadt an.