Die Beschwerden der IT-Experten

Schlaflos in der IT-Branche

24.02.2011
Von 
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.
Morgens wachen sie müde auf, abends finden sie keinen Schlaf. Rücken- und Konzentrationsprobleme machen hoch beanspruchten IT-Technikern ebenso zu schaffen.

Wie gesund sind eigentlich IT-Mitarbeiter? Traurige Antworten liefert eine Studie des Instituts für Arbeit und Qualifikation IAQ der Universität Duisburg. Demnach ist nur noch jeder dritte IT-Spezialist dem Druck am Arbeitsplatz gewachsen. Erschöpfung und nicht selten Burnout nehmen dramatisch zu. Nicht einmal ein Drittel der Befragten gab an, den Feierabend zum Ausruhen nutzen zu können.

Die Leiden der IT-Techniker

Besonders hochbeanspruchte IT-Techniker schlafen laut IAQ-Studie schlecht. Mehr als jeder Zweite der 331 Befragten räumte Schlafstörungen ein, Rückenschmerzen (46 Prozent), Konzentrationsstörungen (45 Prozent), Magenleiden (35 Prozent) und Tinnitus (30 Prozent) machen ebenfalls vielen IT-Experten zu schaffen. Insgesamt ist jeder Vierte am Morgen müde und zerschlagen, jeder Dritte denkt ständig, er werde die Arbeit auf Dauer nicht durchhalten und 40 Prozent fühlen sich jeden Tag bei Arbeitsende "verbraucht".

Erschöpft: Viele IT-Experten wachen morgens müde auf und schlafen abends schlecht ein.
Erschöpft: Viele IT-Experten wachen morgens müde auf und schlafen abends schlecht ein.
Foto: Fotolia, Matt Baker

Verantwortlich dafür ist die große Stressbelastung, ist Anja Gerlmaier, Expertin für Arbeitszeit und -organisation am IAQ in Duisburg überzeugt: "IT-Techniker sind mit ungeplanten Arbeiten, nicht realistisch kalkulierten und parallelen Projekten und teils kritischen Kundensituationen konfrontiert. Zudem macht ihnen auch die Virtualisierung der Arbeit zu schaffen. Sitzen die direkten Vorgesetzten in Texas, können sie diesen gegenüber eine zu hohe Belastung viel schlechter signalisieren." Die dauernde Anspannung sorge für einen ständig hohen Adrenalinspiegel, wobei der Körper mit dem Abbau des Hormons nicht nachkommt. "Die Folgen sind Unruhe, Unfähigkeit des Abschaltens und der Erholung sowie erschwertes Einschlaf- und Durchschlafen."

Stressabbau: Yoga und Massagen allein reichen nicht

Doch was können gestresste IT-Mitarbeiter dagegen tun? Für Wissenschaftlerin Gerlmaier ist diese Frage falsch adressiert, zumal gerade IT-Techniker ein besseres "Gesundheitsverhalten" an den Tag legen als der Rest der Erwerbsbevölkerung: " Sie rauchen selten, betreiben Sport und achten ohnehin mehr auf ihren Schlaf als andere." Massagen oder Yoga als beliebte Stressprävention können in Gerlmaiers Augen das Problem auch nicht lösen: "Solche Angebote sollen dem Mitarbeiter nur weismachen, er solle Belastungen als Herausforderungen sehen. Oft ist das eine Bagatellisierung."

Helfen könnten nur konkrete Schritte, das heißt die Arbeitsbelastung zu reduzieren und zum Beispiel das Multitasking zu beschränken. "Günstig wäre, an höchstens zwei Projekten gleichzeitig tätig zu sein. In stressigen Übergangsphasen sollte man eigene Ziele überdenken und delegieren, da gerade Nebentätigkeiten viel Zeit fressen." Entscheidend sei jedoch auch eine gute Pausenkultur, zu der etwa gemeinsames Kaffeetrinken und Mittagessen beiträgt, sowie positive Freizeiterlebnisse. "Gerade bei Dauerstress verzichten viele auf Pausen. Das verschlimmert die Situation jedoch nur."