Microsoft zerrt Kauffrau und Fachhändler vor den Kadi

Schärferes Copyright-Gesetz führt häufiger zu Verurteilungen

25.06.1999
MÜNCHEN (CW) - Seit der Einführung strengerer Urheberrechtsgesetze im Softwaregeschäft kommt es immer häufiger zu gerichtlichen Konsequenzen. Einer Kauffrau und einem Fachhändler kam das Geschäft mit illegalen Produkten teuer zu stehen.

Nach vierjährigen Ermittlungsarbeiten hat das Amtsgericht Velbert das Strafverfahren wegen Urheberrechtsverletzungen gegen die Geschäftsführerin der Computerfachhandels GmbH in Erkrath, Nordrhein-Westfalen, gegen Zahlung von 25 000 Mark vorläufig eingestellt. Der Kauffrau wurde zur Last gelegt, wissentlich mit gefälschten Microsoft-Produkten gehandelt zu haben. Im Rahmen eines zweiten Strafverfahrens wegen Steuerhinterziehung, das in direktem Zusammenhang mit dem Verfahren wegen Urheberrechtsverletzungen stand, wurde die Beschuldigte zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Die Geldauflage in Höhe von 25 000 Mark ist innerhalb von sechs Monaten zu zahlen.

Microsoft-Pakete äußerst beliebt

Die ermittelnden Behörden werfen der Kauffrau vor, in den Jahren 1994 und 1995 wissentlich mit gefälschten Microsoft-Produkten gehandelt zu haben. Die Pakete, die die Beschuldigte von Dritten bezog, waren anhand der Preisgestaltung, der Art der Verpackung und der teilweise völlig unüblichen Zusammenstellung beziehungsweise Einzellieferung von Produktteilen nach Meinung des Gerichtes eindeutig als Fälschungen erkennbar. Die Angeklagte hatte diese Software an ihre überwiegend nichtsahnende Kundschaft als Originalsoftware verkauft.

Bereits im Dezember 1994 durchsuchten die ermittelnden Beamten die Geschäftsräume der Beschuldigten. Dabei entdeckten die Ermittler zahlreiche für den Vertrieb bestimmte Fälschungen der Microsoft-Software Windows, MS-DOS 6.2, "Works" sowie etwa 200 nachgemachte Diskettenaufkleber für Works.

Offenbar unbeeindruckt von der Durchsuchung handelte die Kauffrau jedoch auch weiterhin mit gefälschten Microsoft-Produkten. Bei einer zweiten Durchsuchung der Räume der Computerfachhandels GmbH im Mai 1995 durch die Kriminalpolizei Mettmann fanden die Beamten elf gefälschte Programmpakete Works 3.0, 66 gefälschte Disketten mit "Excel 5.0", zwei Programmpakete MS-DOS, zwei gefälschte Diskettenhüllen für Excel 5.0 und 20 Programmpakete "Word 6.0", bestehend aus gefälschten Disketten und echten Handbüchern.

Ein weiterer Fall von Softwarepiraterie beschäftigte kürzlich das Amtsgericht Ravensburg. Dieses hat einen Fachhändler wegen unerlaubter Verwertung urheberrechtlich geschützter Software von Microsoft in 20 Fällen zu 14 Monaten Haftstrafe auf Bewährung verurteilt. Dem Beschuldigten wird vorgeworfen, mit gefälschter "Microsoft-Office"-Software gehandelt und OEM-Produkte für "Access" ohne die dazugehörige Hardware verkauft zu haben. Während der Ermittlungsarbeiten stellten die zuständigen Beamten mehr als 500 Raubkopien Office 4.3 und über 2700 sogenannte ungebündelte Access-2.0-Programme als Beweismaterial sicher.

Der Angeklagte hatte sich durch die unerlaubte Abgabe der Access-OEM-Produkte und gefälschter Office-Pakete einen Gesamtvermögensvorteil von mehr als 60000 Mark verschafft. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da der Angeklagte Berufung eingelegt hat.